Cover

Johannes Mario Simmel

Ich gestehe alles

Roman

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Über Johannes Mario Simmel

Johannes Mario Simmel, 1924 in Wien geboren, gehörte mit seinen brillant erzählten zeit- und gesellschaftskritischen Romanen und Kinderbüchern zu den international erfolgreichsten Autoren der Gegenwarts.

Seine Bücher erscheinen in 40 Ländern, ihre Auflage nähert sich der 73-Millionen-Grenze. Der Träger des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse wurde 1991 von den Vereinten Nationen mit dem Award of Excellence der Society of Writers ausgezeichnet.

»Simmel hat wie kaum ein anderer zeitgenössischer Autor einen fabelhaften Blick für Themen, Probleme, Motive«, sagte Marcel Reich-Ranicki über den Schriftsteller.

Johannes Mario Simmel verstarb am 1. Januar 2009 84-jährig in der Schweiz.

Über dieses Buch

James Elroy Chandler, erfolgreicher Autor vieler Hollywood-Filme, arbeitet in Deutschland an einem neuen Drehbuch. Das Einvernehmen mit dem Produktionschef wird von Intriganten gestört, seine Ehe droht zu zerbrechen, die Beziehung zur exzentrischen, leidenschaftlichen Geliebten nimmt bedrohliche Züge an. Da erfährt Chandler, daß er unheilbar krank ist. Er hat nur noch ein Jahr zu leben …

Impressum

eBook-Ausgabe November 2012

© 2012 Knaur eBook

Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt

Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München

ISBN 978-3-426-41927-4

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Für Willi Forst in Dankbarkeit

Erstes Buch

   

1

Mein Name ist Walter Frank.

Ich wurde am 17. Mai 1906 in Wien geboren. Ich bin österreichischer Staatsbürger, römisch-katholisch und verheiratet mit Valerie Frank, einer geborenen Kesten. Mein Beruf ist der eines Exportkaufmannes, meine Wohnung befindet sich im Hause Reisnerstraße 112 im dritten Wiener Gemeindebezirk, und was ich hier niederschreibe, ist die Geschichte eines Irrtums.

Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich in dem Wort »Irrtum« wohl auch das beste gefunden habe, mit dem sich die Erfahrungen, die Erlebnisse und die Ereignisse der letzten Monate zusammenfassen lassen, ob dieses Wort ihrer gewissenhaften Bilanz, aber auch der Quintessenz des Abenteuers entspricht, das nun beinahe schon zur Gänze hinter mir liegt; ob es nicht vielleicht ein allzu anspruchsvolles Wort ist; ob ich ein Recht besitze, es auf meine Geschichte und meinen Fall anzuwenden. Ich habe sehr gewissenhaft darüber nachgedacht, ohne etwas zu beschönigen und ohne etwas zu vergessen – mit derselben Gewissenhaftigkeit, mit welcher ich darangehen will, meine Geschichte, ohne etwas zu vergessen, ohne etwas zu beschönigen, hier niederzuschreiben – und ich glaube, daß das Wort »Irrtum« das richtige ist.

Es war der größte Irrtum, den ich in meinem Leben begangen habe, und es wird der letzte sein, denn ich bin krank und werde bald sterben. Es ist keine unangenehme Krankheit, die mich befallen hat, wenn man davon absieht, daß sie unbedingt letal ausgehen muß. Ihre Symptome lassen sich selbst in dem fortgeschrittenen Stadium, in welchem ich mich befinde, ertragen. Man benötigt allerdings ein ordentliches Mittel gegen die Schmerzen. Das Mittel, das ich verwende, heißt »Morphiumhydrochlorid«. Mit seiner Hilfe bin ich schmerzfrei. Ich achte auf mich, und wenn ich bemerke, daß der Druck über der Nasenwurzel zunimmt, daß jenes altgewohnte und gutbekannte Klopfen hinter den Augenhöhlen sich ankündigt, dann öffne ich einfach eine Ampulle und mache mir selbst die Injektion. Das ist alles. Mehr ist nicht nötig. Es ist keine unangenehme Krankheit, wenn man davon absieht, daß sie unbedingt tödlich ist.

Genau betrachtet, macht sie sich noch durch eine Reihe anderer Anzeichen bemerkbar, durch Schwindelgefühle beispielsweise, durch gewisse Ausfallerscheinungen des Gehirns und durch die ungleichmäßige Abnützung verschiedener gleichbeschaffener Muskeln. Auch meine Augen ermüden schnell, und ich werde deshalb bei der Niederschrift meiner Geschichte nur in kleineren Abschnitten vorwärtskommen, ich werde häufig unterbrechen müssen, und ich denke, es wird das beste sein, wenn ich diese Abschnitte einfach fortlaufend numeriere, teils der leichteren Lektüre der losen Blätter wegen, auf denen ich meine Geschichte für Herrn Doktor Freund niederschreibe, teils, um mir selbst Rechenschaft geben zu können über das tägliche Arbeitspensum, das ich mir gesetzt habe. Denn ich muß sehr ökonomisch und vernünftig mit meiner Zeit umgehen, wenn ich fertig werden will, bevor ich sterbe. Und ich will fertig werden! Es ist das einzige, was ich noch will. Fertig werden, die Geschichte dieses Irrtums aufschreiben bis zu ihrem Ende, ohne etwas zu vergessen, ohne etwas zu beschönigen.

Ich lese die ersten Zeilen noch einmal, und ich bemerke, daß ich bereits in diesen ersten Zeilen etwas vergessen und etwas beschönigt, daß ich bereits in diesen ersten Zeilen gelogen habe. Ich mache mir klar, daß es nicht angeht, weiterzuschreiben, ehe ich mich nicht selbst korrigiert habe. Ich darf meine Geschichte nicht um eines Effektes, um einer billigen Spannung willen erzählen, sondern ich glaube, daß ich verpflichtet bin, sie so zu berichten, daß die Wahrheit in ihr am deutlichsten sichtbar wird und am hellsten erstrahlt. Aus diesem Grunde widerrufe ich, was ich schrieb.

Mein Name ist nicht Walter Frank.

Ich wurde nicht am 17. Mai 1906 in Wien geboren. Ich bin nicht österreichischer Staatsbürger, nicht römisch-katholisch und nicht verheiratet mit Valerie Frank, einer geborenen Kesten, wie auch mein Beruf nicht der eines Exportkaufmannes ist. Das alles waren unrichtige Angaben, denen ich nun die richtigen folgen lasse.

Mein richtiger Name ist James Elroy Chandler.

Ich wurde am 21. April 1911 in der Stadt New York, im Staate New York, USA, geboren. Ich bin amerikanischer Staatsbürger, Protestant und verheiratet mit Margaret Chandler, einer geborenen Davis. Und mein Beruf ist – oder, besser gesagt, war – der eines Drehbuchautors in Hollywood.

2

Es schneit.

Vor den Fenstern des Zimmers, in dem ich schreibe, sinken lautlos die Flocken zur Erde. Das Licht im Raum ist dämmrig und weich. Es tut meinen Augen und meinem Kopf wohl. Doktor Freund war so liebenswürdig, mir dieses Zimmer zu überlassen. Es liegt im Gartentrakt des großen, modernen Schulgebäudes, in welchem er arbeitet. Unter meinen Fenstern befindet sich ein Turnplatz, der umgeben ist von alten, hohen Bäumen. Bei besserem Wetter dringen die hellen Stimmen spielender Kinder zu mir, und ich lausche ihrem Lachen, ihren Rufen und ihren kleinen, atemlosen Schreien. Heute liegt der Turnplatz verlassen. Lautlos versinkt er im Schnee.

Ich sitze in einem bequemen Lehnstuhl, das Papier, auf welchem ich schreibe, liegt auf meinen Knien. Vorhin kam Doktor Freund, um sich nach meinem Befinden zu erkundigen. Er war sehr erfreut, als ich ihm sagte, daß ich heute mit der Niederschrift meiner Geschichte begonnen hätte. Der Plan zu dieser Niederschrift stammt nämlich von ihm. Alle meine Pläne der letzten Zeit stammen von ihm. Seit ich ihm begegnet bin, habe ich mich mehr und mehr seiner Führung und seinen Ratschlägen ergeben, und seit ich mich in meiner Wohnung in der Reisnerstraße nicht mehr wohl fühlte und praktisch hierher, zu ihm, übergesiedelt bin, tue ich ausschließlich nur noch, was er für gut hält und worum er mich bittet. Ich habe Vertrauen zu ihm. Er ist gütig, klug und weiß alles über mich. Ich bin sehr glücklich, ihm noch begegnet zu sein.

Als ich zu ihm kam und ihm meine Geschichte erzählte, als er erfuhr, wie es um mich stand, da riet er mir, mein Abenteuer aufzuschreiben. Es würde mich erleichtern, meinte er. Die Erfolge seiner erzieherischen Bemühungen sind, wie die Erfolge aller derartigen Bemühungen, darauf zurückzuführen, daß er zunächst seine Patienten – und ein solcher bin auch ich geworden – erzählen läßt, was sie bedrückt und was sie erfüllt, um ihnen so ein erstes Gefühl der Erleichterung zu geben. Das begriff ich sofort, als er mir zum erstenmal den Vorschlag machte.

»Sie meinen«, sagte ich, »daß es alle Verbrecher drängt, von ihrer Tat zu reden, sich ihrer zu rühmen, beziehungsweise sich anzuklagen für das, was sie getan haben?«

Er schüttelte den Kopf.

»Dieser Zwang«, sagte er, »über Dinge zu sprechen, die uns zutiefst erschüttern, ergreift gleichmäßig Besitz von Verbrechern und Heiligen. Nicht nur den Doktor Crippen zog es zurück zum Schauplatz seines Mordes, auch der heilige Johannes und der heilige Lukas sahen sich gezwungen, ihre Evangelien zu schreiben.«

»Ich bin kein Heiliger.«

»Durchaus nicht«, sagte er, »aber Sie sind ein Schriftsteller. Sie wollten doch stets ein Buch schreiben und haben es nie getan. Schreiben Sie es jetzt. Es ist Ihre letzte Gelegenheit.« Ja, es ist meine letzte Gelegenheit.

Ich hatte viele Gelegenheiten, Bücher zu schreiben, doch ich habe sie nie genützt, soviel ich auch erlebte, soviel ich auch sah und hörte. Ich habe Drehbücher geschrieben, und keine guten. Wären sie gut gewesen, so hätten sie und die Filme, die nach ihnen entstanden, die Stelle von Büchern einnehmen können. Aber es waren keine guten Drehbücher, und sie nehmen die Stelle schlecht ein. Ich habe meine Gelegenheiten versäumt, versäumt bis auf eine äußerste, letzte, die sich mir nun bietet, hier, in jenem dämmerigen, stillen Zimmer, kurze Zeit vor meinem Tode. Diese Gelegenheit darf ich nicht versäumen. Ich muß sie nützen, und ich will sie nützen. Ich will meine Geschichte erzählen, ich will sie niederschreiben.

Doch jetzt, da es sich um meine eigene Geschichte handelt, befallen mich auch sofort Zweifel, Hemmungen, Unsicherheit. Ich habe immer nur fremde Geschichten aufgeschrieben, erfundene, konstruierte, verlogene Geschichten, Geschichten, die ich ausklügelte und auf ihre Wirkung hin baute (indem ich mit dem Ende begann und zum Anfang hinarbeitete), und nun sehe ich mich auf einmal einer unbarmherzigen Wirklichkeit gegenüber, schonungslosen, kalten Tatsachen, einer progressiven Entwicklung, von der ich nur den Anfang und nicht das Ende kenne.

Den Anfang!

Kenne ich ihn denn überhaupt? Kann ich sagen, wann meine Geschichte begann, zu welchem Zeitpunkt es wert ist, von ihr zu sprechen? Begann sie an dem Abend, an welchem ich auf dem Flughafen von München landete? Begann sie in jener Nacht, in der ich in einer Villa am Stadtrand Jolanthe begegnete? Begann sie im Spital »Zum goldenen Kreuz«? Früher? Oder später? Begann sie überhaupt erst in Deutschland und nicht etwa schon vorher, in Hollywood? Ist meine Geschichte nicht zuletzt nur eine unendliche Folge von Ereignissen, die eine Kette bilden, welche zurückreicht bis zum Tag meiner Geburt? Und muß ich daher nicht mehr oder weniger willkürlich einen Punkt aus dieser Progression herausgreifen und sagen: Dies war der Anfang?

Fast glaube ich es.

Und ich glaube auch, diesen Punkt gefunden zu haben. Es war vor etwa fünf Monaten, wenn ich mir vor Augen halte, daß wir jetzt Januar haben, den 4. Januar. Es war ein trüber Sonntag, an dem es regnete und an dem das Licht grün und dämmrig in das Zimmer fiel, in welchem ich mich aufhielt, als ich erwachte. Das Zimmer befand sich im zweiten Stock des Hauses Romanstraße 127 in München. Seine Mauern waren weinbewachsen. Draußen auf der stillen Straße standen Bäume. Der Regen rauschte auf sie herab, und das erste, was ich sah, als ich die Augen öffnete, waren die von Nässe schweren, dunkelgrünen, frischen Blätter eines Kastanienbaums vor dem Fenster. Ja, sie waren des erste, ich erinnere mich noch deutlich, und ich bin ein wenig verwundert, wenn ich nun feststelle, daß dies alles schon fünf Monate zurückliegt, daß dies alles schon vor fünf Monaten begonnen hat, an einem regnerischen Sonntagnachmittag …

3

Ich hatte Kopfschmerzen, als ich erwachte.

Es waren die üblichen Kopfschmerzen, die ich stets beim Erwachen verspürte, nur daß sich heute auch eine gewisse peinliche Übelkeit zu ihnen gesellte, die ihren Ursprung in meinem Magen nahm und ihre Ursache in einem alkoholischen Exzeß am Samstag abend. Ich hatte zuviel getrunken, und es hatte mir nicht gutgetan. Ich setzte mich seufzend auf und griff nach meiner Armbanduhr, die auf dem Nachttisch lag. Es war zehn Minuten nach vier Uhr.

Jolanthe schlief noch.

Sie lag neben mir, auf der linken Schulter, und ihr rotes Haar breitete sich wild über das Kissen aus, das sie fest umarmte. Ich sah sie an. Der Lippenstift, den sie benützte, war grellrot und seine Farbe ein wenig verschmiert. Er bildete Flecken auf der sehr weißen Haut ihres Gesichtes. Sie atmete tief. Die nackte Brust hob und senkte sich regelmäßig. Jolanthe schlief immer nackt und deckte sich im Schlaf immer ab. Ich breitete die Decke über sie und erhob mich. Mein Schädel schmerzte. Ich suchte meine Pillen, konnte sie jedoch nicht gleich finden. Es herrschte einige Unordnung im Zimmer. Jolanthes Kleidungsstücke lagen umher, meine eigenen auf einem Sessel, und ich bemerkte, daß wir vor dem Einschlafen vergessen hatten, den Radioapparat abzudrehen. Er summte leise, und die Skalenlampe brannte. Wir hatten Tanzmusik auf Kurzwellen gehört, auf einer Wellenlänge, deren Sender nun schwieg.

Ich stellte den Apparat ab und suchte die Kopfwehtabletten in meinem Anzug. Ich war irritiert, und meine Bewegungen hatten die gewisse hysterische Ziellosigkeit, die sie immer hatten, wenn ich zuviel trank. In meinem Anzug fand ich nichts. Ich ging ins Badezimmer. Auch dort entdeckte ich nicht, was ich suchte, aber ich drehte den Hahn der Wasserleitung über der Wanne auf und warf ein Handtuch über ihren Rand. Dann ging ich in das Schlafzimmer zurück. Jolanthe schlief noch immer. Sie hatte sich wieder abgedeckt, jetzt lag sie auf dem Bauch. Ihre langen Beine hingen über den Rand des Bettes. Sie redete im Schlaf.

»Das beweist gar nichts«, rief sie und lachte. »Gar nichts beweist das!«

Dann sagte sie ein paar Worte, die ich nicht verstand.

Und dann sagte sie wieder: »Mit solchen Beschuldigungen kannst du mir nicht kommen.«

Ich beachtete sie nicht, sie sprach häufig im Schlaf, es waren immer sinnlose Redereien. Anfänglich, als ich sehr mißtrauisch und eifersüchtig war, pflegte ich sie nachts auszufragen. Sie erzählte die unglaublichsten Dinge, und ich war außer mir vor Zorn, bis sie einmal eine Geschichte über mich selbst erzählte. Es war eine erfundene Geschichte.

Von diesem Moment an erlosch mein Interesse an ihren nächtlichen Bekenntnissen.

Ich erwachte aus einer längeren versunkenen Abwesenheit und fand mich an dem Rande des Bettes sitzen, den Blick auf Jolanthes weißen, glatten Rücken geheftet. Ich mußte mit offenen Augen geschlafen haben, die Zeiger meiner Armbanduhr standen auf halb fünf. So etwas passierte mir in letzter Zeit auch häufig: daß ich im Wachen plötzlich richtige »Bewußtseinslöcher« bekam. Besonders, wenn ich einmal feierte, konnte es am nächsten Morgen geschehen, daß ich aufstand, um einen Schuh anzuziehen, und daß ich mich eine halbe Stunde später in der nämlichen Position fand, vor mich hin starrend, den erwähnten Schuh noch immer in der erhobenen Hand.

Ich rieb meine Schläfen und dachte angestrengt darüber nach, was ich vorgehabt hatte, als ich in das Zimmer zurückkam. Dann fiel es mir wieder ein, und im nächsten Augenblick sah ich auch die gesuchten Pillen. Sie lagen, neben der Armbanduhr, auf dem Nachttisch, und bei ihnen stand ein Glas Wasser. Ich hatte mir das, als ich heimkam, alles noch recht ordentlich vorbereitet. Nur war ich anscheinend nicht mehr dazu gekommen, die Pillen zu schlucken. Das war eine Unterlassungssünde. Ich nahm das Medikament sonst stets noch in der Nacht, um morgens einen klaren Kopf zu haben und arbeiten zu können. Sichtlich hatte mich die Aussicht auf einen arbeitsfreien Sonntag leichtsinnig werden lassen. Ich holte mein Versäumnis nach. Das Wasser schmeckte wie Lebertran, und meine Zunge fühlte sich an wie Schmirgelpapier. Dann fiel mir die Wanne ein, und ich rannte in das Badezimmer. Die Wanne war eben im Begriff, überzulaufen. Ich stellte den Hahn ab, zog den Pyjama aus und stieg in das heiße Wasser.

Zuerst wurde mir sehr übel.

Meine Schläfen klopften wie verrückt, und der Schweiß stand in dicken Tropfen auf meiner Stirn. Ich konnte kaum atmen, aber ich hielt es aus. Ich kannte das. In zehn Minuten würde ich mich großartig fühlen. Es war immer dasselbe. Ich lehnte mich im Wasser zurück und schloß die Augen. Der Kopfschmerz hielt an. Ich sah die roten Feuerräder auf der Innenseite der Lider ihre Kreise drehen, so wie sie es seit langem taten, und ich dachte an Margaret.

Sie war an den Chiemsee gefahren, zu irgendwelchen amerikanischen Freunden, die dort den Sommer verbrachten und denen sie durch Zufall in München begegnet war. Ich hatte versprochen, sie am Abend abzuholen, sie war schon seit vier Tagen dort. Die Filmgesellschaft, für die ich arbeitete, hatte mir einen kleinen Wagen zur Verfügung gestellt. In zwei Stunden konnte ich am Chiemsee sein. Jetzt war es halb fünf, ich war gerade noch zur rechten Zeit erwacht.

Die Übelkeit verließ mich, die Kopfschmerzen hielten an. Ich wusch mein Gesicht lange mit kaltem Wasser, aber es half nichts. Vor dem Fenster des Badezimmers klopfte der Regen auf den Blechverschlag des Gesimses. Es war ganz still, nur ab und zu hörte ich die Schritte eine einsamen Fußgängers unten auf der Straße. Ich nahm das Frottierhandtuch und trocknete mich ab. Mein Kopf schmerzte scheußlich. Ich dachte mit sehr gemischten Gefühlen an die zweistündige Autofahrt, die mir bevorstand, und mit noch gemischteren an Margaret und ihre Freunde. Wahrscheinlich würden wir zum Abendessen bleiben müssen. Margaret würde mit meiner Arbeit protzen, und ich würde mich entsetzlich langweilen. Zuletzt würden wir Streit wegen irgendeiner Lappalie bekommen, und sie würde weinen. Es war alles ebenso unerfreulich wie unausweichlich. Es war genauso, wie es immer war.

Ich ging in das Schlafzimmer zurück. Hellweg mußte ich auch noch anrufen. Hellweg war der Autor, der die deutsche Version des Filmes schrieb, an dem wir arbeiteten. Ich schrieb die englische. Ich mußte ihn bitten, morgen früh zu mir ins Hotel zu kommen. Ich konnte im Büro der Gesellschaft nicht mehr schreiben. Die vielen Menschen machten mich nervös. Vielleicht fuhr ich mit Hellweg auch ein bißchen aus der Stadt fort. Er war ein netter Kerl, ich wäre gerne ein wenig mit ihm allein gewesen. Allein mit einem Mann. Ich fand, daß Frauen mich in der letzten Zeit nervös machten. Nervöser als sonst. Nicht nur Margaret. Auch Jolanthe. Alle Frauen. Ich hatte zuviel gearbeitet. Das Rohdrehbuch war fertig, wir mußten nur noch die beiden Versionen aufeinander abstimmen. Und ich hatte noch mit meinen Dialogen zu tun. Ich hatte immer mit meinen Dialogen zu tun. Herrgott, mein Kopf!

Ich trat vor den Spiegel, um meine Krawatte zu knüpfen. Es war ein großer Spiegel, typisch für die weiblichen Bedürfnisse. Vor ihm standen ein Toilettentisch und ein Hocker aus rotem Samt. Das Zimmer war modern, sachlich und feminin eingerichtet. Es roch nach Lavendel und Bohnerwachs. Ich brauchte einige Zeit, bis ich mit dem Knoten der Krawatte zurechtkam, und ich fluchte leise. Meine Finger zitterten, und seltsamerweise bekam ich sie einfach nicht dorthin, wo ich sie haben wollte. Überarbeitung. Zuviel Whisky. Zu viele Zigaretten. Ich dachte mit Sehnsucht an den Tag, da meine Arbeit beendet wäre und ich München verlassen konnte. Ich hatte mich nicht wohl gefühlt in München. Vielleicht fuhr ich ein wenig an die Riviera. Jetzt hatte ich ja Geld.

Ich sah auf und bemerkte im Spiegel, daß Jolanthe aufgewacht war. Sie lag auf dem Rücken, die langen Beine gekreuzt, und ihre hellgrünen Augen beobachteten mich nachdenklich. Ich hatte das unangenehme Gefühl, daß sie mich schon eine ganze Zeit lang beobachteten.

»Hallo«, sagte ich.

»Hallo«, sagte Jolanthe.

»Wie geht’s?«

»Danke, gut.« Sie hob die Arme über den Kopf und gähnte. Dabei wand sie ihren Körper wie eine faule Katze. Dann setzte sie sich auf und kratzte ihren Rücken, indem sie ihn gegen die Bettlehne rieb. Sie zog die Beine an den Leib und blies ihr Haar aus der Stirn. »Und dir?«

»Kopfschmerzen«, sagte ich. Die Krawatte saß jetzt richtig.

»Du solltest einmal zu einem Arzt gehen.«

»Ich war bei zwanzig Ärzten.«

»Aber man muß doch etwas dagegen tun können!«

»O ja, natürlich«, sagte ich.

»Was?«

»Pillen schlucken.« Ich setzte mich und suchte nach meinen Schuhen. Sie sah mich schweigend an. Sie hatte ein großgeschnittenes, sehr interessantes Gesicht von erstaunlicher Unregelmäßigkeit. Es war diese Unregelmäßigkeit, die es pikant erscheinen ließ. Sie besaß breite weiße Zähne hinter einem breiten, vollen Mund, eine schmale, nicht besonders gerade Nase und dicke schwarze Augenbrauen, die in herausforderndem Kontrast zu dem brandroten Haar standen, das sie, der Jahresmode folgend, hochgekämmt trug. Zu den Eigenarten dieses Gesichtes gehörten die Fähigkeit, die buschigen Brauen, unabhängig voneinander, in schwindelerregende Höhe zu ziehen, sowie ein Nerv im linken Nasenflügel, der sich zuzeiten selbständig machte und zu klopfen und zu flattern begann, wodurch sie nervöser erschien, als sie war.

»Du gehst fort?« fragte sie gleichgültig.

»Ja«, sagte ich und knüpfte die Schuhbänder.

»Aha.« Sie schwang die Beine aus dem Bett, angelte nach den kleinen Pantoffeln mit den hohen Absätzen, die unter einem Stuhl in ihrer Nähe standen, und erhob sich. Sie war ziemlich groß anzusehen. Sie ging, nackt wie sie war, an mir vorbei aus dem Zimmer. Während ich mich vor dem Spiegel kämmte, hörte ich sie in der Küche die Tür des Eisschrankes öffnen und schließen. Dann kam sie zurück. Sie trug ein Glas und eine Flasche Bier. Sie stellte beides nieder und öffnete dann die mit winzigen Tropfen beschlagene Flasche ernsthaft und vertieft. Danach goß sie das Glas voll und trank mit langen, durstigen Zügen. Sie trank stehend, den Kopf weit zurückgelehnt. Die Decke ihres kleinen, flachen Magens hob und senkte sich beim Schlucken. Ich wandte mich ab. Ich konnte ihr nicht zusehen, der Geruch des frischen, kalten Bieres, den ich plötzlich verspürte, bereitete mir neue Übelkeit. Diese Eigenart, frühmorgens und überhaupt stets nach dem Erwachen, gleichgültig, in welcher Umgebung und Lebenslage, Bier trinken zu können, erregte in mir immer wieder dieselbe staunende Aversion. Jolanthe war die einzige Frau meiner Bekanntschaft, die dies fertigbrachte, und ich litt ein wenig darunter. Sie hatte mittlerweile ein zweites Glas geleert, setzte sich wieder auf das Bett und steckte eine Zigarette in den Mund.

Ich gab ihr Feuer. Sie blies eine Rauchwolke aus und fragte: »Wohin?«

Das war eine weitere ihrer zahlreichen Eigenarten: die Konversation mit mutwilligen Löchern zu versehen und auf weite Strecken zu verschleppen, einen abgerissenen Gesprächsfaden abrupt aufzunehmen und ihn ebenso abrupt wieder zu zerreißen. Zunächst hatte mich diese Technik der Unterhaltung verwirrt, doch bald gewöhnte ich mich an sie.

»Ich muß etwas erledigen.«

»Aber du kommst wieder?«

»Nein.«

»Nein?« Die rechte Augenbraue stieg hoch. »Wir wollten doch ins Theater gehen.«

»Es tut mir leid, ich kann nicht. Geh mit einer Freundin.« Ich legte eine Hand auf ihre Schulter und versuchte abwesend, sie zu streicheln. Sie stieß die Hand weg.

»Laß das!«

»Was hast du denn?«

Sie sah mich schweigend an. Ihre Lippen, sonst breit und ausladend, wurden schmal. Der Nasenflügel zuckte. Eine Strähne des Haares hing ihr wieder ins Gesicht, doch diesmal bemerkte sie es nicht. Sie schwieg noch immer. Ich hörte nur den Regen und ihren Atem.

»Ich habe dich etwas gefragt!« Mein Kopf schmerzte mehr und mehr. Mechanisch griff ich gleichfalls nach einer Zigarette.

»Du mußt zu deiner Frau, wie?«

»Das auch«, sagte ich.

»Warum hast du mir das nicht früher gesagt?«

»Du hast es doch gewußt!«

»Ich habe es nicht gewußt!«

Meine Schläfen klopften, ich konnte das Blut in ihnen spüren.

»Jolanthe, was ist denn los mit dir? Bist du eifersüchtig?«

»Auf Margaret?« Sie streifte verächtlich die Asche ihrer Zigarette ab. Die Asche fiel auf den Teppich. Die Asche fiel immer auf den Teppich.

»Na also.«

»Ich bin nicht eifersüchtig. Ich habe es satt!«

»Was hast du satt?« Ich war sehr nervös und sehr irritiert. Ich wiederholte ihren Satz gedehnt und mit einem gequälten Gesicht.

»Mach nicht so ein gequältes Gesicht!« Sie rauchte hastig. »Du hast keinen Grund dazu! Wenn jemand Grund dazu hätte, wäre ich es!«

»Soso.«

»Jawohl.«

»Es geht dir wohl sehr schlecht.«

»Bei Gott.«

»Du bist nicht zufrieden mit mir.«

»Nein.«

»Dann sollten wir vielleicht Schluß machen.«

»Vielleicht.«

Ich nahm mich zusammen. Ich lächelte freundlich.

»Moment, Moment«, sagte ich. »Was ist denn eigentlich mit uns beiden? Wie hat das alles denn angefangen? Wir waren doch eben noch ganz friedlich – oder nicht?« Sie gab keine Antwort. »Also komm, vertragen wir uns wieder. Es tut mir leid, wenn ich irgend etwas getan habe.« Ich wußte genau, daß ich überhaupt nichts getan hatte, wenigstens nichts, was mir leid tun mußte, aber ich sagte es trotzdem. Alles, um Ruhe zu haben. Alles für ein wenig Frieden. »Ist es jetzt wieder gut?« Ich küßte sie auf die Schulter. »Ja?«

»Nein«, sagte sie.

Ich holte tief Atem. Sie schien entschlossen, mir eine Szene zu machen.

»Warum nicht?«

O Gott, wie ich das alles kannte, die Sätze, die Blicke, die Gebärden. Wie mir das alles unerträglich war, wie mir das alles lächerlich erschien!

»Weil es mir nicht paßt!«

»Was paßt dir nicht?« Der alte Dialog, die alte Methode: Sätze wiederholen, zuhören, lächeln. Und Kopfschmerzen. Vor allem Kopfschmerzen.

»Nichts paßt mir!« Sie sprang auf, fuhr in einen Morgenrock und begann hin und her zu laufen. Man konnte sehen, wie ihr dieser kleine Ausbruch wohltat, wie sie ihn genoß. Das weite Hauskleid aus grüner Seide flog um ihre weißen Schenkel. Sie kippte im Gehen auf einem Stöckel um und schleuderte die Pantoffeln von den Füßen. »Nichts! Wofür hältst du mich eigentlich? Wie lange willst du das noch fortsetzen?«

»Was?«

»Dieses Spielchen! Liebe nach Stundenplan! Montag von vier bis acht, Mittwoch abend im Büro, aber nur, wenn du mir etwas zu diktieren hast, Donnerstag vormittag, und dann zum Wochenende, wenn deine Frau fortfährt …« Ich sah sie an. Ich fand, daß sie älter geworden war in den drei Monaten unserer Bekanntschaft. Sie war nicht mehr so hübsch. Ich entdeckte gewisse Stellen an ihrem Körper. Das ging mir bei allen Frauen so. Aber bei den meisten hatte es länger gedauert. Vielleicht war es gut, Schluß zu machen.

»Du weißt genau, daß dieser Stundenplan eine Folge der schwierigen Situation ist, in der ich mich befinde. Ich bin schließlich verheiratet.«

»Und mit mir hast du schließlich geschlafen!«

»Auf deine freundliche Aufforderung!«

»Du bist gemein!«

»Ich habe es mit großem Vergnügen getan«, sagte ich, stand auf und ging zu ihr. Sie wehrte sich, als ich sie umarmte, aber ich hielt sie fest und preßte sie an mich. Für einen kurzen Augenblick fühlte ich sogar etwas wie Verlangen in mir. Dann roch ich das Bier und ließ sie wieder los. »Wir waren uns doch von Anfang an über die Art unserer Beziehungen im klaren«, meinte ich. »Oder liebst du mich vielleicht plötzlich?«

»Bei Gott nicht«, sagte sie. Sie sagte es sehr leise, und ihre grünen Augen leuchteten böse.

»Na also! Wozu dann die Aufregung?«

Sie kam plötzlich auf mich zu und sah mir in die Augen. Sie sprach gehetzt: »Das will ich dir sagen, lieber Jimmy! Weil ich daraufgekommen bin, daß ich so etwas wie ein Gefühl für Würde besitze. Für weibliche Würde!«

»Na, na!«

»Sei ruhig!« Sie stand ganz nahe bei mir, ihr Körper berührte den meinen, und jetzt roch ich nicht nur das Bier, sondern auch ihr Haar und den Duft des Parfüms, das sie benützte. »Ich bin noch nicht fertig! Ich finde, daß mir für das Vergnügen, das ich dir gebe, auch Rechte zustehen. Rechte gesellschaftlicher Art! Dieselben Rechte wie deiner Frau! Mehr Rechte!«

»Ja, ja.«

»Vielleicht etwa nicht? Was tut sie? Bereitet sie dir Vergnügen? Hilft sie dir?«

»Nein«, sagte ich.

»Aber ich, ich habe es getan! Oder nicht?«

»Doch, Jolanthe.«

»Wir haben uns vielleicht nicht geliebt, aber verstanden haben wir uns, vom ersten Augenblick an! Du konntest zu mir kommen, wann du wolltest. Ich war immer da für dich! Ich bin dir treu gewesen, obwohl ich dich nicht liebte! Und deine Frau? War sie dir treu?«

»Lassen wir meine Frau aus dem Spiel.«

»Ich will es wissen! War sie dir treu?«

»Nein.«

»Aber du mußt sie abholen, nicht wahr?«

»Ja.«

Sie war plötzlich weit von mir fort, als sähe ich sie durch das verkehrte Ende eines Opernglases. Und auch ihre Stimme kam wie durch eine Wattewand zu mir. Nur der Regen rauschte laut. Und das Blut klopfte an den Schläfen. Tam – tamtam, tam – tamtam.

»Du mußt das Gesicht wahren!«

»So ist es.«

»Es darf niemand etwas merken.«

»Nein.«

»Denn du hast gesellschaftliche Verpflichtungen.«

»Genau.«

»Obwohl du sie nicht liebst.«

»Richtig.«

»Obwohl du sie seit Jahren nicht mehr liebst. Obwohl sie dich seit Jahren nicht mehr liebt!«

»Ja, Jolanthe.«

»Und warum?«

»Weil sie meine Frau ist«, sagte ich. Ich ging von ihr fort. Ich bemerkte, wie dieses Gespräch mich mehr und mehr mitnahm. Es war ein altes Gespräch. Ich hatte es schon oft geführt, nicht nur mit Jolanthe und nicht nur in München. Auch in anderen Städten. Und mit anderen Frauen. Ich war dieses Gespräches überdrüssig. Genauso überdrüssig wie vieler anderer Dinge.

»Weil sie deine Frau ist! Das ist alles?«

»Das ist alles.«

»Deshalb kannst du sie nicht verlassen?«

»Nein.«

»Und warum nicht?«

»Weil ich nicht will.« Ich hätte auch sagen können, weil ich einen Skandal vermeiden wollte. Oder weil ich zu feige war. Aber ich sagte es nicht. Es ging Jolanthe nichts an. Und ich hatte Kopfschmerzen.

»Aber mich – mich willst du verlassen!«

»Ich will gar nicht.«

»Nein, aber du tust es!«

»Wieso? Wann?«

»Jetzt! Du gehst von mir fort – zu ihr!«

»Jolanthe, sei nicht kindisch. Ich hole Margaret von Freunden ab und bringe sie nach Hause. Morgen sehen wir einander wieder.«

»Von vier bis acht!«

»Ich kann es nicht ändern.«

»Du könntest es ändern! Du könntest dafür sorgen, daß die Leute sich nicht das Maul über mich zerreißen, daß wir nicht wie Gymnasiasten in Konditoreien und Bars herumsitzen müssen, daß dieses idiotische Versteckspiel endlich aufhört! Das könntest du! Aber du willst es nicht! Weil sie deine Frau ist!« Ich nickte nur. Sprechen strengte mich an.

»Warum sagst du nichts?«

»Weil mir der Kopf weh tut.«

»Hör mit deinem Kopf auf!«

»Ich habe nicht mit ihm angefangen. Ich habe ganz andere Sorgen.«

»Ja, deine arme Frau!«

»Auch.«

»Du liebst sie nicht, sie liebt dich nicht, aber sie macht dir Sorgen! Denn sie ist deine Frau!«

Ich nickte.

»Das ist natürlich etwas anderes, das muß man natürlich einsehen. Sie ist deine Frau. Auf sie muß man Rücksicht nehmen. Denn sie ist deine Frau. Ihretwegen muß ich mich an alles gewöhnen, ihretwegen muß ich alles schlucken. Denn sie ist deine Frau! Während ich – was bin ich? Ich bin nur eine ganz gewöhnliche, dreckige kleine …«

»Ja«, sagte ich.

»Was?« Sie fuhr herum.

»Deshalb hast du mich auch sofort fasziniert«, erklärte ich ihr. »Sei nicht böse, Jolanthe. Es war als Schmeichelei gemeint. Ich dachte, es würde dich freuen.«

Sie kam zu mir.

»Es freut mich maßlos«, sagte sie und lächelte eisig. »Es war das netteste Kompliment, das du mir machen konntest. Ich bin sicher, es war ein Kompliment, das du deiner lieben Frau niemals machen konntest.« Wir standen wieder nahe voreinander und lächelten beide. »Wenn sie nur eine ordentliche kleine Hure gewesen wäre, dann hättest du dich doch nie für mich interessiert, nicht wahr, Jimmy?«

»Nein, liebe Jolanthe.«

»Wenn du dich zu Hause jemals hättest gehenlassen können, wärest du nie zu mir gekommen.«

»Bestimmt nicht.«

»Ich danke dir, Liebling. Das war wirklich nett. Und jetzt will ich dir auch etwas Nettes sagen.«

»Ja?«

»Ja. Ich will dir sagen, was du bist.«

»Das ist gar nicht nötig, ich weiß es selber.«

»Nein, du weißt es nicht! Man muß es dir einmal sagen, lieber Jimmy. Es ist wichtig für deine literarische Entwicklung. Vielleicht kannst du es in deinem nächsten Film verwenden! Vorausgesetzt, daß man dir noch einmal den Auftrag gibt, einen Film zu schreiben.« Sie lächelte breit, und ich sah die starken weißen Zähne. Sie trat noch näher, umarmte mich und legte ihren Kopf an meine Wange. »Also hör gut zu! Du bist ein armseliger kleiner Spießbürger, lieber Jimmy. Einer der allerschlimmsten. Einer von den ganz traurigen, bei denen alles verdreht und verlogen und schmierig ist.«

»Danke.«

»Bitte. Es kommt noch mehr. Du bist einer von denen, die stets begehrliche Blicke werfen und jeder Frau zuerst auf die Beine sehen und sie sich dann auch immer sofort in der gleichen Situation vorstellen müssen. Nur, daß deine Phantasie bei weitem deine Begabung übersteigt! Nur, daß du deshalb auch immer auf der Suche, immer enttäuscht und unruhig bist. Ein trauriger Spießbürger, wie ich schon sagte, ein ganz trauriger. In der Liebe wie im Beruf mittelmäßig und darunter.« Sie fuhr mit ihrer Wange an der meinen entlang, und ihre Hände strichen zärtlich über meinen Rücken. »Ein kleiner Spießer voller Hemmungen und Komplexe!«

»Ganz im Gegensatz zu dir.«

»Ganz im Gegensatz zu mir.«

»Weshalb du auch jene freundliche Einladung ausgesprochen hast.«

»Die freundliche Einladung habe ich ausgesprochen, weil ich damals noch unter der Vorstellung lebte, man könnte etwas aus dir machen, es könnte doch Spaß bereiten –«

»– und ich hätte vielleicht Geld.«

»– und du hättest vielleicht Geld.«

»Aber ich war eine Enttäuschung.«

»Ja, lieber Jimmy.«

»Nicht in finanzieller Hinsicht.«

»Nein, das nicht.«

»Aber sonst!«

»Aber sonst! Ich glaube, ich werde dich aufgeben. Ich will nicht sagen, daß du unbegabt bist. Aber ich glaube nicht, daß du dich noch ändern wirst. Nein, das wirst du wohl nicht. Du wirst bleiben, wie du bist. Bei deiner Frau, die du nicht liebst, bei deiner Arbeit, die dir keinen Spaß macht, bei deiner Unbefriedigtheit, bei deinem ständigen Suchen, bei deinen Wachträumen, bei den Worten und bei den Bildern …«

»Jolanthe«, sagte ich und lächelte, »jetzt kannst du aufhören.«

»Warum?« fragte sie. »Warum sollte ich aufhören, lieber Jimmy?«

»Weil es genug ist.«

»Ist es genug? Soll ich dir nicht noch sagen, daß du ein erbärmlicher Waschlappen bist, ein Versager, eine glatte Niete?«

»Nein«, sagte ich.

»Ich denke, es würde dir guttun.«

»Ich denke, nicht.«

»O doch.«

»Jolanthe«, sagte ich lächelnd, »wenn du es mir doch noch einmal sagst, werde ich dich ins Gesicht schlagen.«

Sie lächelte gleichfalls. Dann sagte sie es noch einmal.

Ich schlug sie ins Gesicht.

Die Wange, die ich traf, wurde brandrot. Ich hatte ziemlich fest geschlagen. Jolanthe lächelte noch immer. Nur die Zigarette war ihr aus der Hand geflogen und lag auf dem Teppich. Sie schlüpfte in ihren Pantoffel und trat sie aus.

»Jetzt kannst du gehen«, sagte sie dann.

»Und ob«, sagte ich.

»Und sieh zu, daß du eine neue Sekretärin bekommst!«

»Und ob«, sagte ich. Ich ging zur Tür. Dort drehte ich mich noch einmal um. »Warum mußte das eigentlich alles sein?« fragte ich. »Wäre es nicht einfacher und schmerzloser gewesen, mir kurz mitzuteilen, daß du genug hast und Schluß machen möchtest?«

Sie schüttelte den Kopf, als wäre sie maßlos erstaunt.

»Armer Idiot«, sagte sie.

»Wieso?«

»Ich wollte nicht Schluß machen. Ich habe gehofft, daß ich dich vielleicht dazu bringen würde, Schluß zu machen. Schluß mit deiner Frau.«

Ich schloß die Tür nicht hinter mir und ging in das Vorzimmer hinaus, wo mein Hut hing. Ich sah Jolanthe im Spiegel neben dem Eingang noch einmal. Sie stand still in der Mitte des Zimmers und betrachtete ihre Nägel. Dann ging ich durch das stille Stiegenhaus auf die Straße hinunter. Es regnete noch immer. Meine Schläfen fühlten sich fast geschwollen an. Jeder Schritt tat mir in den Augen weh. Es war mir noch nie so elend gewesen. Ich hatte direkt Angst, nicht mehr bis zum Wagen zu kommen.

Die Auseinandersetzung mit Jolanthe hatte mich sehr mitgenommen. Mehr, als ich mir eingestehen wollte. Es war nicht die erste Auseinandersetzung dieser Art gewesen. Aber es sollte die letzte sein! Ja, dachte ich, es sollte die letzte sein! Das alles war zu anstrengend. Ich mußte meinen Film zu Ende schreiben. Dann mußte ich weg. In eine andere Stadt. Vielleicht fand ich eine andere Frau. Vielleicht nicht. Im Augenblick stellte ich es mir gar nicht besonders reizvoll vor, eine andere Frau zu finden. Wenn ich nach Hause kam, würde ich Ferien machen. Vielleicht ging ich fischen. Ganz allein. Ich ging gerne fischen. Etwas rann über meine Wange, und ich bemerkte plötzlich, daß ich weinte. Ich blieb stehen und schneuzte mich. Nerven. Mir war sehr heiß geworden nach meiner Entdeckung, und ich konnte die Tränen nicht stillen. Sie flossen weiter. Neben dem Eingang saß ein kleines Mädchen auf den Steinfliesen des Vorgartens und sah mich neugierig an.

»Ist dir nicht gut, Onkel?«

»O doch.«

»Aber du weinst!« Das kleine Mädchen stand auf und sah mich begeistert an. »Tut dir etwas weh?«

»Nein.«

»Warum weinst du dann?«

»Mir ist etwas in das Auge geflogen.«

Draußen auf der Straße stand mein Wagen. Es waren noch etwa zwanzig Schritte bis zu ihm.

»Bitte, laß mich vorbei«, sagte ich zu dem kleinen Mädchen. »Ich habe es eilig.« Sie trat zur Seite, dann lief sie hinter mir her.

»Onkel! Onkel!«

Ich blieb stehen.

»Ja?«

»Du tust mir leid«, sagte sie. »Ich schenke dir etwas!«

Sie holte unter ihrer Spielschürze ein schmutziges Papiersäckchen hervor und entnahm ihm mit schmutzigen Fingern ein schmutziges Bonbon. »Da, es ist gefüllt!«

»Danke«, sagte ich.

»Steck es in den Mund.«

»Später.«

»Nein, gleich! Ich möchte es sehen!«

Ich steckte das Bonbon in den Mund. Ich fühlte es klebrig und glatt auf der Zunge. Mein Magen krampfte sich zusammen. Ich schluckte verzweifelt. Dann schoß ein schwarzer Pfeil von ungeheurer Größe auf meine Augen zu, spaltete sich vor meinem Gesicht und traf mich in beide Pupillen. Ich schrie auf. Ich stürzte. Der schwarze Pfeil explodierte zu blendender Helle. Ich fühlte, wie mein Kopf auf Stein schlug, und hörte das kleine Mädchen entsetzt aufjammern.

Nun hatte ich Hellweg doch nicht angerufen, dachte ich noch. Dann stürzte ich in den sich weitenden Brunnenschacht einer tiefen Ohnmacht.

4

Es war meine erste.

Ich hatte die Helden meiner Filme – und vor allem die Heldinnen – oft und gerne zu entsprechend effektvollen Anlässen Ohnmachten erleiden lassen, aber für mich persönlich war das ein absolut neuartiges und faszinierendes Erlebnis. Mehr noch: es war das schönste Erlebnis meines Lebens überhaupt.

Die Zeitspanne meiner ersten Ohnmacht ließ sich in ihrer Vollkommenheit, ihrem glücklichen Frieden und ihrer schwerelosen Gelöstheit mit keinem anderen Zustand vergleichen, den ich kannte. Ich war im Paradies, wenn es ein Paradies gibt, und sollte der Tod auch nur annähernd so wundervoll sein wie die Ohnmacht, die mich ereilte, dann wird die Stunde meines Endes die erwartungsvollste und glücklichste meines Lebens werden.

Ich hatte keine Träume, keine Gesichte, über mich brach nicht in der Manier des Zeitraffers eine Progression bedeutender Eindrücke der Vergangenheit herein. Ich hörte keine Stimmen und keine Musik. Ich hatte kein Alpdrücken, keine Beklemmungszustände.

Ich hatte Frieden.

Den vollkommenen, seligmachenden Frieden, von dem, wie ich mich zu erinnern glaube, in der Bibel des öfteren als von einer Verheißung gesprochen wird. Einen Frieden, der mich umgab von allen Seiten und alles von mir abhielt, was mir das Gefühl der Schwere und der Bedrückung geben konnte: die Erinnerung, das Bewußtsein, den Zwang der Vorstellung, die Bürde der automatischen Denkvorgänge des Gehirns. Vielleicht ist dies das Gefühl, das die Kokainschnupfer suchen, die Haschischraucher, die Suchtgiftverfallenen; vielleicht ist dies der Zustand, den sie bewahren und ängstlich hüten wie einen geheimnisvollen Schatz. Wenn es so ist, dann kann ich sie verstehen, sie alle, die Rezepte fälschen und zu Dieben werden, die ihre Familien verlassen und in schmutzige Keller hinabsteigen, um sich zu beflecken und zu erniedrigen, sie alle kann ich verstehen, wenn es die Sehnsucht nach diesem Zustand des Friedens, nach diesem seligen Stand der Erlösung ist, die sie treibt. Ich bin seit meiner Ohnmacht ihr Bruder, ich fühle wie sie, und ich sehne mich zurück nach meinem Augenblick der äußersten Schwäche, wie ich mich zurücksehne nach dem Glück meiner lange versunkenen und lange vergessenen fröhlichen Kindheit. Ich weiß nicht, ob alle Ohnmachten aller Menschen so wunderbar sind – die meine war es. Und ich erwarte den Tod deshalb beinahe schon mit Ungeduld, in der Hoffnung, daß er ihr ein wenig gleichen möge. Denn ich hatte – knapp vor dem Erwachen – einen kurzen, verrückten Moment lang das Gefühl, daß er mich bereits ereilt hätte, daß ich mich bereits in seinem Reich befände. Doch das war ein Irrtum. Gleich darauf kehrte meine Besinnung wieder, und die Pforten des Paradieses schlossen sich hinter mir. Ich war nur zu Gast gewesen.

5

Ich lag in einem weißen Bett, das in einem großen weißen Zimmer stand. Alles war weiß in diesem Zimmer. Die Wände, die Möbel, die Vorhänge, die Türen. Selbst der Mann, der an meinem Bett saß und mich betrachtete, als ich die Augen aufschlug, war weiß. Er trug einen weißen Mantel und hatte weiße Haare.

Ich sah ihn längere Zeit stumm an. Dann wanderte mein Blick durch den Raum zum Fenster. Draußen schien die Sonne. Das Licht schmerzte mich in den Augen, und ich wandte mich ab.

»Kopfweh?« fragte der Mann.

»Ja.«

»Auch Augenschmerzen?«

»Ja.«

»Hm«, sagte er. Dann lächelte er. »Mr. Chandler?«

»Ja.«

»Ich heiße Eulenglas.«

»Sehr erfreut«, sagte ich. Dann fiel mir endlich wieder ein, was ich gleich hatte fragen wollen: »Wo bin ich?«

»Im ›Goldenen Kreuz‹.«

»In einem Ka … Kr … Ke …« Ich brach, entsetzt über mich selbst, ab. Ich wollte »Krankenhaus« sagen, aber ich bekam das Wort nicht heraus.

Eulenglas sah mich unbewegt an: »Bitte?«

»In einem Kra … Kra … Kra …« Ich schwitzte, in meinen Schläfen tobte es, ich war den Tränen nahe. Hier lag ich, ein armer, lallender Idiot, der das Wort »Krankenhaus« nicht sagen konnte! Was war mit mir geschehen, mein Gott?

»Sie können das Wort nicht sagen?« fragte Eulenglas. Ich haßte ihn für die alberne Frage.

Ich schüttelte den Kopf.

»Aber Sie wissen, was Sie sagen wollen?«

Ich nickte.

»Versuchen Sie es noch einmal!«

Ich versuchte es noch einmal. Es war grauenhaft, mir traten Tränen in die Augen. »So helfen Sie mir doch!« schrie ich.

»In einem Krankenhaus, Mr. Chandler«, sagte Eulenglas freundlich und ruhig.

Und nun konnte ich das Wort auch wieder aussprechen, es war geradezu eine körperliche Wohltat: »In einem Krankenhaus!«

»Na also«, sagte Eulenglas.

»Was bedeutet das?«

»Bitte?«

»Was ist das, was mich hemmt, was mich hindert, Worte auszusprechen?«

»Es wird vorübergehen, Mr. Chandler!«

»Ich will wissen, was es ist!«

»Man nennt es literale Paraphasien«, sagte er bereitwillig. Er hatte in mir einen Intellektuellen erkannt. Einem Intellektuellen muß man immer alles erklären. Wenn er dann zu verstehen glaubt, fühlt er sich erleichtert. »Ihr Gehirn ist irritiert. Irgendein Muskel im Sprachzentrum ist gereizt und funktioniert nicht richtig. Die Reizung wird abklingen. Das ist alles, Mr. Chandler.«

»Aha«, sagte ich. Ich glaubte zu verstehen. Und ich fühlte mich erleichtert. Jetzt sah ich sein Gesicht besser. Meine Augen, die zuerst wie von Schleiern und Schlieren verhängt gewesen waren, funktionierten nun wieder einwandfrei. Eulenglas trug scharfe Brillen und besaß einen schmalen, braungebrannten Gelehrtenschädel.

»Sie hatten einen kleinen Unfall. Man brachte Sie hierher, zu Professor Vogt. Ich bin sein Assistent.«

»Vogt?« Ich erinnerte mich dunkel an den Namen. »Der Chirurg?«

»Ja.«

»Was heißt das?« Ich richtete mich auf. »Weshalb bin ich hier?«

»Zur Untersuchung.« Er drückte mich auf das Kissen zurück.

»Wer hat mich hergebracht?«

»Ihre Frau, Mr. Chandler.«

»So«, sagte ich. Danach schwieg ich eine Weile und dachte nach. Ich versuchte mich zu erinnern. Aber meine Erinnerung war noch ausgelöscht.

»Sie kamen zuerst auf die Unfallstation«, sagte Eulenglas. »Dann verständigte man Ihre Frau, und sie ordnete die Überführung in die Klinik an.«

»Wann war das?«

»Gestern.«

Plötzlich fühlte ich, in einer mächtigen Woge, das ganze Elend und die Mühsal des Lebens wieder auf mich zukommen. Ich schloß die Augen.

»Welchen Tag haben wir heute?«

»Montag.«

»Und wie spät ist es?«

»Beinahe Mittag.«

»Das gibt es doch nicht! Ich erinnere mich genau an –«, begann ich, aber dann unterbrach ich mich selbst. Ich erinnerte mich an nichts.

»Sie wurden gestern gegen fünf Uhr auf die Unfallstation gebracht. Sie waren ohnmächtig, Mr. Chandler. Ziemlich lange.«

»Wie lange?«

»Bis gegen Mitternacht.«

»Und dann?«

»Wir haben Ihnen ein Schlafpulver gegeben, um Ihnen den Transport in die Klinik angenehmer zu machen.«

Jetzt blitzte ein Funke der Erinnerung auf. »Jo … Jo … Jo …«, begann ich. Da war es wieder! Ich konnte nicht einmal ihren Namen aussprechen. Mein Gott, dachte ich, mein Gott!

»Wie bitte?« Eulenglas sah mich forschend an.

»Nichts. Wo hat man mich gefunden?«

»Im Garten des Hauses Romanstraße 127«, sagte er. »Ich nehme an, Sie hatten geschäftlich dort zu tun.«