Praxis der Selbstanzeige

 

von

Professor Dr. Markus Füllsack

Rechtsanwalt u. Fachanwalt für Steuerrecht
in Sindelfingen

 

Dr. Sebastian Bürger, LL.M. (Auckland)

Rechtsanwalt in Sindelfingen

 

 

kein Alternativtext verfügbar

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Vorwort

Selbstanzeigebücher haben – nicht zuletzt wegen der immer noch erheblichen praktischen Bedeutung – zur Zeit Konjunktur. Dies gilt besonders für die aufgrund der Gesetzesänderung des § 371 AO zum 1.1.2015 erforderlich gewordene Neukommentierung der Vorschrift.

Das vorliegende Werk bietet vor diesem Hintergrund nicht nur eine erste systematische Auseinandersetzung mit der neuen Selbstanzeigegesetzgebung und zeigt die Unterschiede zur alten Rechtslage auf. Die Synopse zu Beginn und die rechtlichen Erläuterungen im 4. Teil machen die Verschärfungen beim Materiallieferungsgrundsatz, den Sperrgründen wie auch bei der Zuschlagszahlung nach § 398a AO deutlich.

Verlag und Autoren wollten – entsprechend dem Grundanliegen der Reihe „Recht in der Praxis“ – dem Praktiker mit dem vorliegenden Buch eine Arbeitshilfe an die Hand geben, die es ermöglicht, der Mandantschaft fallspezifisch die optimale Lösung anzubieten. Vor diesem Hintergrund stellt das Werk – soweit ersichtlich erstmalig – das Mandatsgespräch in den Mittelpunkt der Überlegung. Diese völlig neue Herangehensweise an die Selbstanzeigeberatung wendet sich folgerichtig nicht nur an Steueranwälte und Strafverteidiger, sondern soll allen steuerberatenden Berufen einen hohen praktischen Nutzen vermitteln.

Ausgehend von historisch katalogisierten typischen Beratungssituationen verdeutlichen die Autoren sowohl anhand aktueller Fallbeispiele aus der Beratungspraxis als auch anhand der systematischen Kommentierung des § 371 AO und der mit diesem zusammenhängenden Vorschriften, worauf es bei der Selbstanzeigeberatung ankommt. Die Selbstanzeige ist somit als rechtstechnisches Hilfsmittel „zum Zweck“ eingebunden in ein Beratungsgesamtsystem, bei dem der Mandant im Mittelpunkt steht.

In komprimierter Form lässt das Werk anhand von über 50 Beispielsfällen und ausführlich begründeten Fallbeispielen Teilhabe am Beratungsalltag des erfahrenen Beraters zu und bringt nicht zuletzt durch die Berücksichtigung der relevanten aktuellen Rechtsprechung und Fachliteratur die Selbstanzeigeberatung auf den aktuellsten Stand.

 

Sindelfingen im August 2015

Prof. Dr. Markus Füllsack

Dr. Sebastian Bürger, LL.M. (Auckland)

Inhaltsverzeichnis

 Vorwort

 Abkürzungsverzeichnis

 Literaturauswahl

1. KapitelEinleitung

 I.Zahlen und Fakten

 II.Die Neuregelung der Selbstanzeige 2015

2. KapitelDie Selbstanzeige in der Beratungssituation: Was ist abzuklären?

 I.Gesamtüberblick zum Ablauf des Selbstanzeigeverfahrens

  1.Beginn des Verwaltungsverfahrens

  2.Einleitung des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens

  3.Weitere Sachverhaltsermittlung in Besteuerungs- und Strafverfahren

  4.Abschluss des steuerlichen Ermittlungsverfahrens: Änderungsbescheide

  5.Abschluss des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens

  6.Der letzte Akt: Hinterziehungszinsbescheid

 II.Personen(anzahl)bezogene Überlegungen

  1.Einpersonen-Fälle

   a)Ehegatten-Fälle

   b)Andere persönliche Fallkonstellationen

  2.Mehrpersonenfälle

  3.Uneinheitliche Erbengemeinschaften

  4.Gesellschaften

   a)Personengesellschaften

   b)Kapitalgesellschaften

    aa)Gesellschafterebene:

    bb)Gesellschaftsebene

 III.Fallgruppen nach Steuerarten (steuerspezifische Überlegungen)

  1.Reine Zinsfälle (Einkommensteuer)

   a)Aufsteigende Linie

   b)Gleichbleibende Linie

   c)Absteigende Linie

   d)Unregelmäßige Entwicklung

    aa)Zickzack-Linie

    bb)Sprunghafte Entwicklung

   e)Schlussfolgerungen aus den Vermögensentwicklungen

  2.Schwarzgeldfälle (Einkommen-, Gewerbe-, Körperschafts-, Umsatzsteuer)

   a)Begriff

   b)Praktische Schwierigkeiten für Selbstanzeigen in Schwarzgeldfällen

   c)Technische Abwicklung

    aa)Sichere Variante (bei klarer Rechtslage)

    bb)Risikovariante (bei unklarer Sach- und Rechtslage)

  3.Erbschafts- und Schenkungssachverhalte

  4.Umsatzsteuerfälle

   a)Keine Selbstanzeigen bei Umsatzsteuerkriminalität

   b)Nachmeldungen bei Voranmeldungen im Unternehmensbereich

   c)Der letzte Rettungsanker: Beihilfenachmeldung bei besonders schwerem Fall der Umsatzsteuerhinterziehung

 IV.Die psychologische Komponente der Selbstanzeigeberatung

  1.Ausschließliche Privatpersonen

  2.Privatpersonen mit betrieblichem Umfeld

  3.Betrieblicher Bereich

  4.Unternehmensbereich (Kapitalgesellschaften)

  5.Folgen in der Beratungspraxis

 V.Summe aller Überlegungen: Die bestmögliche individuelle Beratung

3. KapitelTypische Fallkonstellationen in der aktuellen Beratungspraxis

 I.Versäumte Berichtigungspflichten nach § 153 AO

 II.Betriebsprüfungsfälle

  1.Eigene Betriebsprüfung

  2.Betriebsprüfung bei Geschäftspartnern

  3.Fahndungsmaßnahmen bei vergleichbaren Unternehmen

 III.Drohende internationale Ermittlungsansätze

  1.Gruppenanfragen

  2.Spontanauskünfte und automatischer Auskunftsverkehr

   a)Spontanauskünfte

   b)Automatischer Auskunftsverkehr

   c)Abkommen zur Steuertransparenz EU-CH 2015

 IV.Stiftungsfälle

  1.Stiftung bisher dem Finanzamt unbekannt

   a)Stiftungsgründung länger als 10 Jahre zurückliegend

   b)Stiftungsgründung ab 2004

  2.Bereits bekannte Stiftung (CD-Fälle)

 V.Erbrechtliche und familienrechtliche Konstellationen

 VI.Selbstanzeige im Gefolge von Geldwäscheverdachtsverfahren

4. KapitelDie Anfertigung einer Selbstanzeige

 I.Formelle Voraussetzungen einer wirksamen Selbstanzeige

  1.Wer kann und muss ggf. Selbstanzeige erstatten?

   a)Anzeigeerstatter: Täter oder Beteiligter einer Steuerhinterziehung

    aa)Täter und Beteiligte

    bb)Die Selbstanzeige des Geschäftsführers

    cc)Koordinierte Selbstanzeige

   b)Vertretung

  2.An wen ist die Selbstanzeige zu richten?

  3.In welcher Form ist die Selbstanzeige einzureichen?

   a)Mündliche und schriftliche Selbstanzeigen

   b)Ausdrückliche und konkludente Selbstanzeigen

 II.Inhaltliche Anforderungen einer wirksamen Selbstanzeige

  1.Grundsatz der Materiallieferung

  2.Schätzungen

  3.Vollständigkeitsgebot und Unschädlichkeit geringfügiger Abweichungen

  4.Vollständigkeitsgebot und Berichtigungsverbund: Welche Steuerstraftaten sind anzugeben?

   a)Wie ist die Steuerart zu bestimmen?

   b)Zusammenfassung mehrerer Steuerarten bei Tateinheit

   c)Eigene und fremdnützige Steuerhinterziehung in Bezug auf eine Steuerart

   d)Feststellungsverfahren und Festsetzungsverfahren

  5.Vollständigkeitsgebot und Mindestberichtigungszeitraum

   a)Der Mindestberichtigungszeitraum

   b)Verjährung nach §§ 78, 78a StGB, § 376 Abs. 1 AO

    aa)Verjährungsbeginn

    bb)Bedeutung der Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 AO für den Verjährungsbeginn

    cc)Verlängerte Verjährungsfrist nach § 376 Abs. 1 AO

     (1)Anwendung auf am 25.12.2008 noch nicht verjährte Steuerhinterziehungen

     (2)Anwendung bei abstrakter Verwirklichung eines Regelbeispiels des § 370 Abs. 3 S. 2 AO

    dd)Beispielsfall zur Verjährung bei Steuerhinterziehung in großem Ausmaß

   c)Unterbrechungstatbestände des § 78c StGB und des § 376 Abs. 2 AO

  6.Besonderheiten bei Umsatzsteuer und Lohnsteuer, § 371 Abs. 2a AO

 III.Wann ist die Selbstanzeige ausgeschlossen?

  1.§ 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a AO, Bekanntgabe der Prüfungsanordnung

   a)Sperrwirkung auch gegenüber anderen Tatbeteiligten

   b)Sperrwirkung bei Bekanntgabe an Vertreter

   c)Sperrwirkung bei Bekanntgabe an den Begünstigten

   d)Anforderungen an die Prüfungsanordnung

   e)Bekanntgabeakt

   f)Zeitpunkt der Bekanntgabe und Anwendbarkeit des § 122 AO

   g)Umfang der Sperrwirkung

  2.§ 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1b AO, Einleitung und Bekanntgabe des Straf- oder Bußgeldverfahrens

   a)Begriff der Einleitung

   b)Umfang der Sperrwirkung: Einleitung nur bzgl. irgendeiner unverjährten Steuerhinterziehung genügt:

   c)Bekanntgabeakt

   d)Wiederaufleben der Selbstanzeigemöglichkeit nach Einstellung des Verfahrens

   e)Strafrechtliches und steuerrechtliches Verwertungsverbot

  3.§ 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1c AO, Erscheinen eines Amtsträgers zur steuerlichen Prüfung

   a)Amtsträger der Finanzbehörde

   b)Erscheinen

   c)Adressat der Sperrwirkung

   d)Umfang der Sperrwirkung

   e)Wiederaufleben der Selbstanzeigemöglichkeit nach Abschluss der Prüfung?

  4.§ 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1d AO, Erscheinen eines Amtsträgers zur Ermittlung aufgrund steuerstrafrechtlichen Anfangsverdachts

  5.§ 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1e AO, Erscheinen eines Amtsträgers der Finanzbehörde zu einer Steuernachschau

   a)Nachschau als steuerliche Prüfung i.S.d. § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1c AO?

   b)Ausweispflicht des Prüfers

  6.§ 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO, Tatentdeckung

   a)Wann ist eine Tat entdeckt?

    aa)Erforderlicher Verdachtsgrad bzgl. Vorliegen einer Tat

    bb)Tat wird zum Teil entdeckt

    cc)Tatentdeckung bei Fälligkeitssteuern

   b)Feststellungen zu Täter und subjektivem Tatbestand

   c)Person des Entdeckers

   d)Adressat der Sperrwirkung

   e)Subjektives Element des Sperrgrunds

    aa)Kenntnis des Täters von der Entdeckung

    bb)Rechnen müssen mit Tatentdeckung

   f)Umfang der Sperrwirkung

  7.§ 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO, Steuerverkürzung von mehr als 25.000 €

   a)Der Sperrgrund des § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO

   b)Entstehen eines Strafverfolgungshindernisses nach § 398a AO

  8.§ 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AO, besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung

 IV.Nachzahlungspflicht, § 371 Abs. 3 AO

  1.Vollendete und versuchte Steuerhinterziehung

  2.Wirtschaftliche Betrachtungsweise

  3.Anwendung des Kompensationsverbots

  4.Umfang der Nachzahlungspflicht: die hinterzogenen Steuern einschließlich Zinsen nach §§ 233a, 235 AO

5. KapitelWichtige Sonderkonstellationen

 I.Absehen von Strafverfolgung in besonderen Fällen, § 398a AO

  1.Keine strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige allein wegen § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 oder 4 AO

  2.Nachentrichtung der hinterzogenen Steuer, § 398a Abs. 1 Nr. 1 AO

   a)Nachzahlungspflicht bei einem Täter und mehreren an der Tat Beteiligten

   b)Berechnung der hinterzogenen Steuern

  3.Zahlung des Zuschlags, § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO

   a)Rechtsnatur des Zuschlags

   b)Berechnung des Zuschlags, § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO

   c)Besonderheiten bei der Umsatzsteuer

   d)Rechtsschutz gegen die Festsetzung des Zuschlags

  4.Rechtsfolge

 II.Selbstanzeige und Berichtigungspflicht nach § 153 AO

  1.Berichtigungspflichtige nach § 153 AO

  2.Voraussetzungen der Berichtigungspflicht nach § 153 AO

  3.Berichtigungspflicht und steuerliche Festsetzungsfrist

  4.Steuerstrafrechtliche Bedeutung der (unterlassenen) Berichtigungsanzeige

 III.Selbstanzeige in Schenkungs- und Nachlassfällen

  1.Der Berichtigungsverbund

  2.Besonderheiten bei der Verjährung

  3.Erbschaft- und schenkungsteuerliche Anzeige- und Erklärungspflichten

  4.Die Berichtigungspflicht nach § 153 AO im Erbschaftsteuerrecht

  5.Die Stiftung im Nachlass

  6.Berichtigungspflicht und steuerliche Festsetzungsfrist

  7.Steuerstrafrechtliche Risiken der (unterlassenen) Berichtigungsanzeige in Nachlassfällen

 IV.Besonderheiten bei leichtfertiger Steuerverkürzung

 V.Fremdanzeige nach § 371 Abs. 4 AO

  1.Sinn und Zweck der Fremdanzeige

  2.Voraussetzungen der Fremdanzeige

  3.Rechtsfolge der Fremdanzeige

  4.Regelungslücken des § 371 Abs. 4 AO

   a)Nichtabgabe von Erklärungen

   b)Leichtfertige Steuerhinterziehung durch Nichtabgabe einer Steuererklärung

   c)Vermögenslosigkeit

   d)Rückzahlung durch das Finanzamt wegen inkongruenter Deckung bei Insolvenz

6. KapitelFolgen einer Selbstanzeige

 I.Strafrechtliche Wirkung der Selbstanzeige

  1.Begriff und Rechtsnatur der Selbstanzeige

  2.Wirkung der Selbstanzeige

   a)Strafbefreiung und Verfolgungshindernis für Steuerhinterziehungen

   b)Verlängerte Festsetzungsfristen für hinterzogene Steuern

   c)Strafprozessuale Zwangsmaßnahmen

  3.Verhältnis der Selbstanzeige zu anderen Rechtsinstituten

   a)Selbstanzeige und strafbefreiender Rücktritt nach § 24 StGB

   b)Selbstanzeige und Schadenswiedergutmachung nach § 46a StGB

 II.Steuerrechtliche Folgen

  1.verlängerte Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehung

  2.Hinterziehungszinsbescheide auch bei zu niedrigen Vorauszahlungen

  3.Hinterziehungszinsen bei angezeigten Schenkungsteuerhinterziehungen

  4.Teilverjährung (keine Steuervergünstigungen bei § 370 AO)

 III.Disziplinarrechtliche Folgen

 IV.Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG und Selbstanzeige

7. KapitelAusblick und Problemfelder im neuen Selbstanzeigerecht

 I.Abschaffung der Selbstanzeige?

 II.Strafverschärfung durch die Neuregelung

 III.Zweifelsfragen in Zusammenhang mit § 371 AO

  1.Abgrenzung der Selbstanzeige nach § 371 AO zur Berichtigung nach § 153 AO

  2.Das Vollständigkeitsgebot und der Berichtigungsverbund

  3.Die Sperrgründe

  4.Umfang der Nachzahlungspflicht

 IV.Zweifelsfragen in Zusammenhang mit § 398a AO

  1.Keine Rückzahlung bei Sach- und Rechtsänderungen

  2.Gefahr der „Abzocke“ bei Erhebung des Zuschlags nach § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO

  3.Verfassungsrechtlich zweifelhafte Gesamtregelung

  4.Diskretionsproblem

 V.Erschwerung der Selbstanzeige kontraproduktiv

 VI.Schlussbetrachtung: Für welche Fälle lohnt sich die Selbstanzeige nach der Neuregelung überhaupt noch?

  1.Selbstanzeige uneingeschränkt empfehlenswert

  2.Selbstanzeige nach Wegfall eines Sperrgrundes überwiegend empfehlenswert

  3.Selbstanzeige grundsätzlich ratsam auch bei größeren Nachzahlungspflichten

  4.Selbstanzeige zwingend erforderlich

AnhangArbeitshilfen und Mustertexte

 I.Arbeitshilfen

 II.Muster

 Stichwortverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

a.A.

anderer Ansicht

a.a.O.

am angegebenen Ort

Abs.

Absatz

Abschn.

Abschnitt

ADG

Amtshilfedurchführungsgesetz (Österreich)

a.E.

am Ende

AEAO

Anwendungserlass zur Abgabenordung

a.F.

alte Fassung

AG

Amtsgericht, Ausführungsgesetz, Aktiengesellschaft

Alt.

Alternative

a.M.

anderer Meinung

Anh.

Anhang

Anm.

Anmerkung

Amts-Bp

Amtsbetriebsprüfungstelle

AO

Abgabenordnung

AO-StB

AO-Steuerberater

AP

Außenprüfung

Art.

Artikel

AStBV(St)

Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer)

AStG

Außensteuergesetz

Aufl.

Auflage

AUS

Anlage ausländische Einkünfte

Az.

Aktenzeichen

BaFin

Bundesamt für Finanzen

BayObLG

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BayVerwGH

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Ba.-Wü.

Baden-Württemberg

BB

Betriebsberater

Bd.

Band

Bearb.

Bearbeiter

BeamtStG

Beamtenstatusgesetz

Begr.

Begründung

betr.

betreffend

BFH

Bundesfinanzhof

BFH/NV

Entscheidungssammlung der nicht amtlich veröffentlichten BFH-Entscheidungen

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen/Zivilsachen

BMF

Bundesfinanzministerium

BP

Betriebsprüfung

BpO

Betriebsprüfungsordnung

BRRG

Beamtenrechtsrahmengesetz

Bsp.

Beispiel

bspw.

beispielsweise

BStBl.

Bundessteuerblatt

BT-Drucks.

Bundestagsdrucksache

BuStra

Bußgeld- und Strafsachenstelle

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BWG

Bankwesengesetz

bzgl.

bezüglich

bzw.

beziehungsweise

ca.

circa

CH

Schweiz

CS

Credit Suisse

DB

Der Betrieb (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

DBA

Doppelbesteuerungsabkommen

ders.

derselbe

d.h.

das heißt

dies.

dieselbe/n

DStR

Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

DStRE

Entscheidungsammlung DStR

DStZ

Deutsche Steuerzeitung (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

EFG

Entscheidungssammlung Finanzgerichte

Einf.

Einführung

Einl.

Einleitung

EG

Europäische Gemeinschaft, Einführungsgesetz

EMRK

Europäische Menschenrechtskonvention

erg.

ergänzend

ESt

Einkommensteuer

EStG

Einkommensteuergesetz

ErbBstg

Erbfolgebesteuerung

ErbSt

Erbschaftsteuer

ErbStB

Erbschaftsteuerberater

ErbStG

Erbschaftsteuergesetz

etc.

et cetera

EU

Europäische Union

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EuGH Slg.

Sammlung der Rechtsprechung des EuGH

evtl.

eventuell

f., ff.

folgende

FA

Finanzamt

FAFuSt

Finanzamt für Fahndung und Strafsachen

FG

Finanzgericht

FGJ

Franzen/Gast/Joecks

FinMin.

Finanzministerium

Fn.

Fußnote

FPR

Familie Partnerschaft Recht (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

FS

Festschrift

GG

Grundgesetz

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbhR

GmbH-Rundschau (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

gem.

gemäß

GewSt

Gewerbesteuer

GewStG

Gewerbesteuergesetz

ggf.

gegebenenfalls

GrStG

Grunderwerbsteuergesetz

GSE

Anlage gewerbliche und selbstständige Einkünfte

GWG

Geldwäschegesetz

h.A.

herrschende Ansicht

HGB

Handelsgesetzbuch

HHSp

Hübschmann/Hepp/Spitaler

h.L.

herrschende Lehre

h.M.

herrschende Meinung

HRRS

höchstrichterliche Rechtsprechungssammlung

i.d.R.

in der Regel

i.E.

im Ergebnis

InsO

Insolvenzordnung

InvStG

Investmentsteuergesetz

i.S.d.

im Sinne der/des

i.S.v.

im Sinne von

i.Ü.

im Übrigen

i.V.m.

in Verbindung mit

IVW

Internationales Steuer-und Wirtschaftsrecht

JStG

Jahressteuergesetz

JZ

Juristenzeitung (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

Kap.

Kapitel

KAP

Anlage Kapitaleinkünfte

Kfz

Kraftfahrzeug

KG

Kammergericht, Kommanditgesellschaft

KÖSDI

Kölner Steuerdiskussionen

KSt

Körperschaftsteuer

KStG

Körperschaftsteuergesetz

LDG

Landesdisziplinargesetz

LDO

Landesdisziplinarordnung

LG

Landgericht

Lit.

Literatur

LK

Leipziger Kommentar

LKA

Landeskriminalamt

LLB

Liechtensteinische Landesbank

LGT

Fürstlich Liechtensteinische Bank

LSt

Lohnsteuer

m. Anm.

mit Anmerkungen

Mio.

Million

m.N.

mit Nachweisen

MK

Münchner Kommentar

Mrd.

Milliarde

m.(z).w.N.

mit (zahlreichen) weiteren Nachweisen

MwStR

Mehrwertsteuerrundschau (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

n.F.

neue Fassung

Nr.

Nummer

NJW

Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

NRW

Nordrhein-Westfalen

NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

NStZ-RR

Rechtsprechungsreport NStZ

NVwZ

Neue Zeitung für Verwaltungsrecht (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

NVwZ-RR

Rechtsprechungsreport NVwZ

NWB

Neue Wirtschaftsbriefe (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

NZWiSt

Neue Zeitschrift für Wirtschaftstrafrecht (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

o.Ä.

oder Ähnliche/s

OECD-MA

OECD-Musterabkommen

OHG

Offene Handelsgesellschaft

o.g.

oben genannt/e

OLG

Oberlandesgericht

OWiG

Ordnungswidrigkeitengesetz

PStR

Praxis Steuerstrafrecht (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

RA

Rechtsanwalt

rd.

rund

RhPfVerfGH

Rheinland-Pfälzischer Verfassungsgerichtshof

Rspr.

Rechtsprechung

S.

Satz, Seite

s.

siehe

SDÜ

Schengener Durchführungsübereinkommen

SchenkSt

Schenkungsteuer

SchenkStG

Schenkungsteuergesetz

SGB XII

Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch

sog.

so genannte/r/s

s.o.

siehe oben

SO

Anlage sonstige Einkünfte

StA

Staatsanwaltschaft

Stbg

Die Steuerberatung (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

StBW

Steuerberater Woche (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

StAhiG

Steueramtshilfegesetz (Schweiz)

StAhiV

Steueramtshilfeverordung

Strabu

Straf-und Bußgeldsachenstelle

Steufa

Steuerfahndungsstelle

SteuK

Steuerrecht kurz gefasst

StGB

Strafgesetzbuch

SGL

Sachgebietsleiter

StPO

Strafprozessordnung

str.

streitig

StraFo

Strafverteidiger Forum (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

StV

Strafverteidiger (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

s.u.

siehe unten

str.

streitig

u.Ä.

und Ähnliche/s

u.a.

unter anderem, und andere

USt

Umsatzsteuer

UStB

Umsatzsteuerberater

UStG

Umsatzsteuergesetz

unstr.

unstreitig

usw.

und so weiter

u.U.

unter Umständen

v.A.w.

von Amts wegen

VG

Verwaltungsgericht

vGA

verdeckte Gewinnausschüttung

vgl.

vergleiche

v.H.

von Hundert

VO

Verordnung

Vorb.

Vorbemerkung

VZ

Veranlagungszeitraum

WM

Wertpapiermitteilungen

wistra

Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht

ZEV

Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

ZErb

Zeitschrift für die Steuer-und Erbrechtspraxis (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

Ziff.

Ziffer

zit.

zitiert

z.T.

zum Teil

ZollVG

Zollverwaltungsgesetz

ZWF

Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb (Zeitschrift; zitiert nach Jahr und Seite)

zzgl.

zuzüglich

Literaturauswahl

Kommentare:

 

Erbs, Georg/Kohlhaas, Max Strafrechtliche Nebengesetze, Loseblatt, 200. Ergänzungslieferung, Stand: Oktober 2014

 

Flore, Ingo/Tsambikakis, Michael Steuerstrafrecht, 1. Aufl. 2012

 

Franzen, Klaus/Gast-de Haan, Brigitte/Joecks, Wolfgang Steuerstrafrecht, 7. Aufl. 2009

 

Hübschmann, Walter/Hepp, Ernst/Spitaler, Armin AO, FGO Kommentar, Loseblatt, 230. Ergänzungslieferung, Stand: November 2014

 

Klein, Franz Abgabenordnung, 12. Aufl. 2014

 

Kohlmann, Günter Steuerstrafrecht mit Ordnungswidrigkeitenrecht und Verfahrensrecht, Kommentar, Loseblatt, 51. Ergänzungslieferung, Dezember 2014

 

Meyer-Goßner, Lutz/Schmitt, Bertram Strafprozessordnung, Kommentar, 57. Aufl. 2014

 

Pahlke, Armin Abgabenordnung, 3. Aufl. 2014

 

Schwarz, Bernhard AO Kommentar zur Abgabenordnung, Loseblatt, 162. Ergänzungslieferung, Stand: Januar 2015

 

Tipke, Klaus/Kruse, Heinrich Wilhelm Abgabenordnung. Finanzgerichtsordnung. Kommentar, Loseblatt, 138. Ergänzungslieferung, Stand: November 2014

Lehr- und Handbücher:

 

Graf, Jürgen Peter/Jäger, Markus/Wittig, Petra Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011

 

Quedenfeld, Dietrich/Füllsack, Markus Verteidigung in Steuerstrafsachen, 4. Aufl. 2012

 

Rolletschke, Stefan Steuerstrafrecht, 3. Aufl. Köln 2009

 

Schaumburg, Harald/Peters, Sebastian Internationales Steuerrecht, 2015

 

Stahl, Rudolf Selbstanzeige, 3. Aufl. 2011

 

Streck, Michael/Spatscheck, Rainer Die Steuerfahndung, 4. Aufl. 2006

 

Wabnitz, Heinz-Bernd/Janovsky, Thomas Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 4. Aufl. 2014

Aufsätze:

 

Bach, Florian Gruppenanfragen nach Art. 26 Abs. 1 OECD MA und deren Bedeutung für Art. 27 Abs. 1 DBA CH, PStR 2013, 72 ff.

 

Beyer, Dirk Selbstanzeige ab 1.1.2015 – Fallstricke in der Praxis, Handlungsoptionen und Lösungshinweise, NWB 2015, 769 ff.

 

Bülte, Jens Zur Situation der steuerstrafrechtlichen Selbstanzeige in Deutschland, ZWF 2015, 52 ff.

 

Buse, Johannes W. Die Selbstanzeige ab dem 01.01.2015, DB 2015, 89 ff.

 

Gehm, Matthias Eckpunkte der Neuregelung der strafbefreienden Selbstanzeige, StBW 2015, 105 ff.

 

Geuenich, Marcus Neue Spielregeln für die strafbefreiende Selbstanzeige, NWB 2015, 29 ff.

 

Grube, Friederike Darstellung und Analyse der neueren Rechtsprechung zum innergemeinschaftlichen Umsatzsteuerkarussell, MwStR 2013, 8 ff.

 

Klaproth, Martin Selbstanzeige nach abgeschlossener Betriebsprüfung, Stbg 2015, 75 ff.

 

Külz, Philipp/Welling, Timo Auswirkungen der Neuregelung des § 398a AO bei Selbstanzeigen im Unternehmen, PStR 2015, 133 f.

 

Lampe, Jan Erblasser hinterzieht Steuern, Erben unterlassen Berichtigung, Frage der Festsetzungsverjährung, PStR 2015, 95 ff.

 

Löwe-Krahl, Oliver Die BaFin schafft Selbstanzeige faktisch ab, PStR 2014, 238 f.

 

Madauß, Norbert Außenprüfung und Steuerstrafverfahren – Anmerkung aus der Praxis, NZWiSt 2014, 296 ff.

 

Mitsch, Wolfgang Verjährungsvielfalt bei der Steuerhinterziehung, NZWiSt 2015, 8 ff.

 

Rolletschke, Stefan/Steinhart, Kerstin Die steuerstrafrechtliche Konkurrenzlehre und ihre Auswirkungen; insbesondere auf das Selbstanzeigerecht, NZWiSt 2015, 71 ff.

 

Roth, David Jeder Mittäter muss vollen Strafzuschlag nach § 398a Nr. 2 AO bezahlen, PStR 2014, 273 f.

 

Samson, Erich Strafbefreiende Fremdanzeige (§ 371 Abs 4 AO) und Berichtigungspflicht (§ 153 Abs 1 AO), wistra 1990, 245 ff.

 

Schwartz, Tobias Praxisfragen zur neuen Selbstanzeigeregelung zum 1. Januar 2015, PStR 2015, 37 ff.

 

Stahl, Rudolf Die neue Selbstanzeige ab 2015, KÖSDI 2015, 19167 ff.

 

Webel, Karsten Strafzumessung bei unwirksamen Selbstanzeigen, PStR 2014, 70 ff.

 

Wegner, Carsten Geldwäsche-Verdachtsmeldung: BMF legt vor, BaFin zieht nach, PStR 2014, 181 ff.

 

ders. Checkliste: Bargeldtransfer im Grenzbereich, PStR 2014, 206 ff.

 

ders. Hinterziehung von Schenkungsteuer bei „Treuhandstruktur“ für Bankkonto?, PStR 2015, 31 f.

 

Wulf, Martin Selbstanzeige trotz laufender Betriebsprüfung? Praxiswissen zum Ausschlussgrund des § 371 Abs. 2 Nr. 1 AO, Stbg 2013, 269 ff.

 

ders. Praxisprobleme der Selbstanzeige nach Verletzung der Anzeige- und Berichtigungspflicht aus § 153 AO, PStR 2014, 255 ff.

 

ders./Ruske, Alexander Versuchte Steuerhinterziehung und das Vollständigkeitsgebot PStR 2015, 14 ff.

1. Kapitel Einleitung

Inhaltsverzeichnis

I.Zahlen und Fakten

II.Die Neuregelung der Selbstanzeige 2015

1

Das vorliegende Buch erläutert die Praxis der Selbstanzeige aus der Sicht des Beraters anhand der seit dem 1.1.2015 geltenden Neuregelung. Nach einer kurzen Einführung zur aktuellen Situation bei der Selbstanzeige behandelt das 2. Kapitel (Rn. 15 ff.) die einzelnen Etappen einer erfolgreichen Selbstanzeigeberatung und gibt dabei anhand konkreter Fallkonstellationen und Fällen aus der Beratungspraxis für die jeweils typischen Beratungssituationen überblickartig konkrete Handlungsempfehlungen. Das 3. Kapitel (Rn. 118 ff.) stellt klassische Fallgestaltungen aus der Beratungspraxis dar und zeigt mögliche Verteidigungsstrategien auf. Das rechtlich zentrale 4. Kapitel (Rn. 168 ff.) erörtert die sich allgemein und im Besonderen im Zusammenhang mit den aufgezeigten Fallkonstellationen ergebenden rechtlichen Fragen. Das 5. Kapitel (Rn. 326 ff.) behandelt wichtige Sonderkonstellationen im Zusammenhang mit der Selbstanzeige wie etwa § 398a AO.

Auch wenn die Selbstanzeige in erster Linie zum Bereich des Strafrechts zählt, dürfen ihre Auswirkungen im außerstrafrechtlichen Bereich in der Beratung nicht unberücksichtigt bleiben. Das 6. Kapitel (Rn. 423 ff.) befasst sich daher mit den weiteren rechtlichen Folgen einer Selbstanzeige. Abschließend gibt das 7. Kapitel (Rn. 449 ff.) einen Ausblick auf die mögliche Behandlung aktueller Problemfelder und die weitere Entwicklung der Selbstanzeigeberatung. Einen praktischen Einblick in typische Dokumente im Rahmen eines Selbstanzeigefalles vermitteln schließlich – unter jeweiligem Kapitelverweis – die im 8. Kapitel (Rn. 471 ff.) angefügten Arbeitshilfen und Mustertexte.

1. Kapitel Einleitung › I. Zahlen und Fakten

I. Zahlen und Fakten

2

Selbstanzeigen spielen in der steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Praxis aktuell eine herausragende Rolle. Nach dem Rekordjahr 2010 mit mehr als 27.500 Selbstanzeigen[1] sank die Zahl der Selbstanzeigen zwar zunächst drastisch, um 2013 aber bereits wieder auf rund 26.000 anzusteigen.[2] Für 2014 ergab sich mit knapp 40.000 Selbstanzeigen nochmals eine Steigerung um ca. 60 %.[3]

Spitzenreiter sind durchgängig die Länder Baden Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern, während eher strukturschwache Länder wie Mecklenburg-Vorpommern kaum Selbstanzeigen verzeichnen.[4]

3

Neben den „emotionalen“ Sondereffekten, die im Gefolge der öffentlichkeitsträchtigen Verfahren Hoeneß und Schwarzer im ersten Halbjahr 2014 eine wahre Selbstanzeigenflut nach sich zogen, hat die bereits seit Mai 2014 kommunizierte geplante Gesetzesverschärfung im letzten Quartal 2014, wie Stimmen aus der Finanzamtspraxis berichten, zu einer regelrechten „Jahresendrallye“ geführt. Viele Steuerpflichtige haben noch in den letzten Tagen des alten Jahres die Finanzämter mit Selbstanzeigen regelrecht überschwemmt, um noch in den „Genuss“ der alten Rechtslage zu kommen.[5]

4

Insgesamt haben seit 2010 über 100.000 Personen eine Selbstanzeige abgegeben. Dies hat zu Mehreinnahmen des Fiskus von mehr als 4 Mrd. € geführt, so dass die Selbstanzeige unter fiskalischen Gesichtspunkten überwiegend als Erfolgsmodell gilt. Gleichzeitig ist sie aber auch ein Topthema in der anwaltlichen und steuerlichen Beratung. Daran wird auch die Neuregelung der Selbstanzeige mittelfristig nichts ändern. Denn eine Selbstanzeige ist in der Praxis nicht nur im Zusammenhang mit Schwarzgeld oder im Ausland schlummernden Konten relevant. Die Bandbreite möglicher Sachverhalte, in denen nachträglich der Vorwurf der Steuerhinterziehung im Raum steht, ist groß. Neben dem Unternehmensbereich sind insbesondere Erbschafts- und Schenkungsfälle betroffen. Damit wird die Thematik, auch wenn Selbstanzeigen quantitativ in den folgenden Jahren das Niveau der letzten Jahre und speziell 2014 nicht mehr erreichen werden,[6] qualitativ über mutmaßlich höhere Steuersubstrate in der Rechts- und Steuerberatung weiterhin eine nicht unbeträchtliche Rolle spielen.

5

Vor allem auch Selbstanzeigen nach altem Recht dürften Berater in naher Zukunft noch in großem Umfang beschäftigen. Schließlich gilt es, den „Sondereffekt“, der in den letzten fünf Jahren über die Finanzämter hereingebrochen ist, auch von Beraterseite „aufzuarbeiten“. Nicht nur bei den in den Jahren 2013 und 2014 eingereichten Selbstanzeigen ist – nachvollziehbar – der Großteil weder steuerlich noch gar strafrechtlich abgeschlossen. Auch gibt es bei den „Altfällen“ der Selbstanzeigen 2012 und früher noch erheblichen Beratungsbedarf.

Dies betrifft etwa mangels vorliegenden Bankenmaterials oder aus Kapazitätsgründen nicht abgeschlossene Besteuerungsverfahren, aber auch schon Rechtsbehelfs- bzw. Finanzgerichtsverfahren. Parallel dazu ist das alte Recht in eingeleiteten und vor Bestandskraft der Besteuerungsverfahren üblicherweise nicht abgeschlossenen Steuerstrafverfahren sowie in aus Selbstanzeigen resultierenden Außen- bzw. Steuerfahndungsprüfungen von Bedeutung. Daneben spielt es aber auch eine Rolle bei der steuerstrafrechtlichen Klärung von Fällen der sogenannten „fehlgeschlagenen“ Selbstanzeigen.

Nicht zu vergessen ist auch die Vielzahl der im Gefolge von Steuerfahndungsmaßnahmen auf der Basis von angekauften Steuer-CDs laufenden Ermittlungsverfahren, bei denen vorrangig strafprozessuale Überlegungen, zunehmend aber auch gepaart mit steuerverfahrensrechtlichen Themen unter dem Oberbegriff der Verfahrenstaktik Bedeutung erlangen und eine solide Kenntnis des bisherigen „Selbstanzeigerechts“ erfordern. Hierauf ist noch im Einzelnen einzugehen (vgl. 3. Kap. Rn. 153 ff.). Auf die mit dem neuen Selbstanzeigerecht einhergehenden Veränderungen in Theorie und Praxis muss der Berater ohnehin für eine bestmögliche Unterrichtung und Vertretung des Mandanten vorbereitet sein.

Anmerkungen

[1]

http://de.statista.com/statistik/daten/studie/292791/umfrage/selbstanzeigen-wegen-steuerbetrug-in-deutschland/.

[2]

Im Detail gehen die Angaben auseinander. Für 2013 berichtet die WirtschaftsWoche unter http://www.wiwo.de/finanzen/steuern-recht von 25.700 Selbstanzeigen, Focus meldet unter http://www.focus.de/finanzen/steuern/ ca. 24.000, die Welt unter http://www.welt.de/ im Artikel „40.000 Steuerhinterzieher zeigten sich 2014 selbst an“ vom 13.1.2015 gibt für 2013 eine Zahl von rund 27.000 Selbstanzeigen an.

[3]

Artikel „Selbstanzeige: Viele Steuerhinterzieher zu spät dran“ vom 9.3.2015, abrufbar unter http://m.welt.de/finanzen; Artikel „Rekord bei Selbstanzeigen von Steuerbetrügern“ vom 2.1.2015, abrufbar unter http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/thema/selbstanzeige; die Welt meldet unter http://www.welt.de/ in ihrem Artikel „40.000 Steuerhinterzieher zeigten sich 2014 selbst an“ vom 13.1.2015 für 2014 eine Zahl von 38.587 Selbstanzeigen; Artikel jeweils abrufbar unter Eingabe des Suchbegriffs „Selbstanzeige“.

[4]

Artikel „2014 Rekordwert bei Steuer-Selbstanzeigen“ vom 12.1.2015, abrufbar unter http://www.wiwo.de unter Eingabe des Suchbegriffs „Selbstanzeige“; Artikel „Rekord bei Selbstanzeigen von Steuerbetrügern“ vom 2.1.2015, abrufbar unter http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/thema/selbstanzeige.

[5]

Vgl. den Artikel „Viele Steuersünder zeigen sich selbst an“ vom 9.3.2015, abrufbar unter http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/thema/selbstanzeige.

[6]

Manche Bundesländer melden für die ersten Monate des Jahres 2015 aber auch einen Anstieg der Zahl der Selbstanzeigen, vgl. die Artikel vom 9. und 10.3.2015 unter http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/thema/selbstanzeige.; in seinem in der Wirtschaftswoche veröffentlichten Beitrag „Verwirrung um Neujahrsboom bei Selbstanzeigen“ vom 10.2.2015 hält Haerder schlicht einen Verwaltungsstau durch verlängerten Postlauf als Erklärung für möglich; Praktiker gehen noch bis 2017 von einer weiteren Selbstanzeigeflut aus (Kullen www.tagblatt.de [vom 4.2.2014 Stichwort: Selbstanzeige]).

1. Kapitel Einleitung › II. Die Neuregelung der Selbstanzeige 2015

II. Die Neuregelung der Selbstanzeige 2015

6

Die Selbstanzeige ist seit fast 100 Jahren ein bewährtes Instrument zur Aufdeckung bislang unbekannter Steuerquellen und zur Rückkehr des Steuerpflichtigen in die Steuerehrlichkeit. Nachdem das Recht der Selbstanzeige im Jahr 2011 bereits erheblich verschärft worden war, hat die Novellierung zum 1.1.2015 die Möglichkeit, Strafbefreiung durch eine Selbstanzeige zu erlangen, nochmals erschwert. Der Beratungsbedarf ist, selbst wenn die Selbstanzeigewellen zunächst abklingen sollten, enorm, gilt doch eine Selbstanzeige ohne professionelle Beratung als „kaum noch erfolgversprechend“.[1]

7

Ein Eckpunkt der Neuregelung ist die Verteuerung der Selbstanzeige. Die im Jahr 2011 eingeführte Betragsgrenze, bis zu der eine Steuerhinterziehung ohne Zahlung eines zusätzlichen Geldbetrages bei Selbstanzeige straffrei bleiben kann, halbiert sich von 50.000 € auf 25.000 €. Gleichzeitig erhöht sich der Zuschlag für Selbstanzeigen, die aufgrund der Höhe der hinterzogenen Steuern keine strafaufhebende Wirkung haben, bei denen aber die Strafverfolgung ausgeschlossen werden kann (§ 398a AO), deutlich. Nach der bis zum 31.12.2014 geltenden Rechtslage betrug der Zuschlag bei Überschreiten der 50.000 €-Grenze einheitlich 5 %. Seit dem 1.1.2015 gilt ein Stufentarif: von 25.000 bis 100.000 € beträgt der Zuschlag 10 % der hinterzogenen Steuern, zwischen 100.000 und einer Million € sind es 15 %. Bei einem Hinterziehungsbetrag von über einer Million € ist ein Zuschlag von 20 % zu zahlen, um die Strafverfolgung auszuschließen. Außerdem ist die fristgerechte Zahlung von Hinterziehungszinsen und Zinsen nach § 233a AO, soweit sie auf Hinterziehungszinsen angerechnet werden, seit dem 1.1.2015 Voraussetzung, um Straffreiheit zu erlangen bzw. das Absehen von Strafverfolgung zu erreichen, vgl. §§ 371 Abs. 3 S. 1, 398a Abs. 1 Nr. 1 AO.

8

Die Selbstanzeige verlangt darüber hinaus seit dem 1.1.2015 auch eine erhöhte Offenbarung steuerunehrlichen Verhaltens. Kernpunkt der Verschärfung ist die generelle Ausdehnung des Berichtigungszeitraums auf zehn Jahre.[2] Bislang bestand diese Verpflichtung nur in Fällen einer besonders schweren Steuerhinterziehung. Für eine wirksame Selbstanzeige sind aufgrund der Neuregelung nunmehr auch strafrechtlich bereits verjährte Steuerhinterziehungen anzuzeigen. Der Gesetzgeber umschreibt dies mit einem erhöhten „Erfüllungsaufwand“. Die Literatur bezeichnet die Verschärfungen dagegen als „kontraproduktiv“.[3]

Diese Regelung ist ausschließlich steuerrechtlich motiviert. Über die Angaben des Steuerpflichtigen in der Selbstanzeige sollen die Finanzämter Steuern verlässlicher festsetzen können und nicht mehr auf Schätzungen für steuerlich noch offene Altjahre angewiesen sein. Hintergrund ist der Umstand, dass für das Eingreifen der auf zehn Jahre verlängerten steuerlichen Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 S. 2 AO das Vorliegen einer Steuerhinterziehung dem Grunde nach mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen ist.[4] Schätzungen sind nur bei der Höhe der verkürzten Beträge zulässig.[5] In der Praxis liegt die Ursache für eine notwendige Schätzung der Besteuerungsgrundlagen jedoch häufig nicht in dem Unwillen des Steuerpflichtigen, die erforderlichen Unterlagen vorzulegen, sondern in der praktischen Unmöglichkeit, solche Dokumente zu beschaffen.[6]

9

Besonderheiten gelten für die Umsatzsteuer und die Lohnsteuer. Hervorzuheben ist die Ausnahme vom Grundsatz der Vollständigkeit. Insoweit feiert die Teilselbstanzeige, von der sich der Gesetzgeber 2011 verabschiedet hatte, eine Wiedergeburt.[7] Wird eine Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung korrigiert oder verspätet abgegeben, führt sie nun wieder in dem nacherklärten Umfang als Selbstanzeige zur Straffreiheit und sperrt nicht – wie nach der bis zum 31.12.2014 geltenden Rechtslage – eine weitere Selbstanzeige für denselben Zeitraum. Mit der Rückkehr zur Teilselbstanzeige trägt der Gesetzgeber der Fehleranfälligkeit dieses „Massengeschäfts“ Rechnung. Ebenso gilt in diesem Bereich keine Betragsgrenze, ab der eine strafbefreiende Selbstanzeige ausgeschlossen ist. Auch Tatentdeckung sperrt die Selbstanzeige in Bezug auf Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen nicht, § 371 Abs. 2a S. 2 AO. Dem Wortlaut der Norm ist aber nicht eindeutig zu entnehmen, ob eine korrigierte oder nachgereichte Lohnsteueranmeldung oder Umsatzsteuervoranmeldung nicht zum Eingreifen des Sperrgrunds der Tatentdeckung lediglich der auf diese Steuerarten bezogenen Taten führt, oder ob eine Tatentdeckung auch in Bezug auf andere Steuerarten hierdurch ausgeschlossen ist.

10

Zu erwähnen ist zuletzt noch die verlängerte Anlaufhemmung bei der Verjährung der steuerrechtlichen Festsetzung für den Fall, dass unversteuerte Kapitalerträge aus Nicht-EU-Staaten stammen, die nicht am automatischen Datenaustauschverfahren teilnehmen (§ 170 Abs. 6 AO),[8] näher hierzu im 5. Kap. Rn. 370.

11

Auf die Neuregelungen sowie auf weitere Besonderheiten ist im Einzelnen noch im „materiellen“ 4. Kapitel einzugehen. Zur Verdeutlichung der Änderungen ab 2015 vgl. die nachfolgende Synopse.

§ 371 AO ab 1.1.2015

§ 371 AO bis 31.12.2014

(1) Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft.

Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen.

(1) Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft.

(2) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn

1. bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung

(2) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn

1. bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung

a) dem an der Tat Beteiligten, seinem Vertreter, dem Begünstigten im Sinne des § 370 Absatz 1 oder dessen Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung, oder

a) dem Täter oder seinem Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden ist oder

b) dem an der Tat Beteiligten oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist, oder

b) dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist oder

c) ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung erschienen ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung, oder

c) ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung, zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder

d) ein Amtsträger zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist, oder

 

e) ein Amtsträger der Finanzbehörde zu einer Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b des Umsatzsteuergesetzes, einer Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g des Einkommensteuergesetzes oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften erschienen ist und sich ausgewiesen hat, oder

 

2. eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste,

2. eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste oder

3. die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 25 000 € je Tat übersteigt, oder

3. die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 50 000 € je Tat übersteigt.

4. ein in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 bis 5 genannter besonders schwerer Fall vorliegt.

Der Ausschluss der Straffreiheit nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c hindert nicht die Abgabe einer Berichtigung nach Absatz 1 für die nicht unter Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c fallenden Steuerstraftaten einer Steuerart.

 

(2a) Soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer vollständigen und richtigen Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung begangen worden ist, tritt Straffreiheit abweichend von den Absätzen 1 und 2 Nummer 3 bei Selbstanzeigen in dem Umfang ein, in dem

der Täter gegenüber der zuständigen Finanzbehörde die unrichtigen Angaben

berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben

nachholt. Absatz 2 Nummer 2 gilt nicht, wenn die Entdeckung der Tat darauf beruht,

dass eine Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung nachgeholt oder berichtigt wurde. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Steueranmeldungen, die sich auf das Kalenderjahr beziehen. Für die Vollständigkeit der Selbstanzeige hinsichtlich einer auf das Kalenderjahr bezogenen

Steueranmeldung ist die Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Voranmeldungen, die dem Kalenderjahr nachfolgende Zeiträume betreffen, nicht erforderlich.

 

(3) Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so tritt für den an der Tat Beteiligten Straffreiheit nur ein, wenn er die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern, die Hinterziehungszinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Absatz 4 angerechnet werden, innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. In den Fällen des Absatzes 2a Satz 1 gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die fristgerechte Entrichtung von Zinsen nach § 233a oder § 235 unerheblich ist.

(3) Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so tritt für den an der Tat Beteiligten Straffreiheit nur ein, wenn er die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet.

(4) Wird die in § 153 vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsmäßig erstattet, so wird ein Dritter, der die in § 153 bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvollständig abgegeben hat, strafrechtlich nicht verfolgt, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter vorher die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Hat der Dritte zum eigenen Vorteil gehandelt, so gilt Absatz 3 entsprechend.

(4) Wird die in § 153 vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsmäßig erstattet, so wird ein Dritter, der die in § 153 bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvollständig abgegeben hat, strafrechtlich nicht verfolgt, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter vorher die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Hat der Dritte zum eigenen Vorteil gehandelt, so gilt Absatz 3 entsprechend.

12

Kenntnisse des neuen Selbstanzeigerechts sind nicht nur für ab dem 1.1.2015 eingereichte Selbstanzeigen essentiell. Das neue Recht ist auch von Bedeutung, um die Wirksamkeit einer vor dem 1.1.2015 eingereichten Selbstanzeige prüfen zu können. In Ermangelung einer Regelung des zeitlichen Anwendungsbereichs der Neuregelung ist nach § 2 Abs. 3 StGB das im konkreten Einzelfall[9] für den Anzeigenden günstigere Gesetz anzuwenden. Insbesondere im Hinblick auf die wieder eingeführte Wirksamkeit von Teilselbstanzeigen im Zusammenhang mit Lohnsteueranmeldungen und Umsatzsteuervoranmeldungen ist das neue Recht das mildere Gesetz. Gleiches gilt auch für die Fälle einer trotz Prüfungsanordnung eingereichten Selbstanzeige.[10] Nach umstrittener Auffassung sperrte die Prüfungsanordnung die Abgabe einer Selbstanzeige für alle Besteuerungszeiträume im Hinblick auf die geprüften Steuerarten. Die Neuregelung behandelt gleichwohl eingereichte Selbstanzeigen nunmehr als wirksam, soweit sie die nicht von der Prüfungsanordnung umfassten Zeiträume betrifft.

Ganz unstreitig dürfte die Anwendung des § 2 Abs. 3 StGB auf die Selbstanzeige allerdings nicht sein. Denn immerhin folgt diese Regelung aus dem allgemeinen strafrechtlichen Rückwirkungsverbot.[11] Ob dieses aber bei Regelungen wie § 371 AO berührt ist, die ihren eigentlichen Anwendungsbereich überhaupt erst nach Beendigung der Tat haben, darf zumindest bezweifelt werden. Die Literatur bejaht jedoch die Anwendbarkeit der lex mitior (§ 2 Abs. 3 StGB) mit Hinweis auf den materiell-rechtlichen Charakter des § 371 AO.[12] Für diese Auffassung spricht immerhin, dass die Selbstanzeige ihrer Natur nach zu den persönlichen Strafaufhebungsgründen zählt, für die das Milderungsgebot gelten soll.[13] Auch die Rechtsprechung des BGH bestätigt die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 3 StGB auf die Selbstanzeige nach § 371 AO.[14] Der Berater muss jedenfalls auf die umstrittene Frage der Geltung des alten oder neuen Rechts hinweisen.

13

Hinweis

Dies führt dazu, dass bislang als unwirksam behandelte Selbstanzeigen, solange über sie noch nicht rechtskräftig entschieden ist, auf der Grundlage des neuen Rechts ggf. als wirksam zu behandeln sind. Insofern besteht hier in Einzelfällen (LSt-Anmeldungen, USt-Voranmeldungen, sowie bei Prüfungsanordnungen) Handlungs-, aber sicher auch Argumentationsbedarf.

14

Beispiel

Unternehmer U gab für das Jahr 2013 jeweils unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Einen Teil dieser korrigierte er mittels der 2014 eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung. Diese wertete das zuständige Finanzamt als Selbstanzeige. Da nicht alle Umsatzsteuervoranmeldungen berichtigt wurden, wurde die Selbstanzeige als unwirksam behandelt und ein Strafverfahren wegen Umsatzsteuerhinterziehung für alle eingereichten Voranmeldezeiträume eingeleitet. Ab dem 1.1.2015 ist für den Bereich der Umsatzsteuervoranmeldungen wieder eine Teilselbstanzeige möglich. Unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 3 StGB muss daher im laufenden Verfahren das neue Recht zur Anwendung kommen. Das Verfahren wäre hinsichtlich der zutreffend berichtigten Zeiträume einzustellen. Insoweit würde Straffreiheit nach § 371 AO eintreten.

Anmerkungen

[1]

Schuster JZ 2015, S. 27 ff., 32.

[2]

Einzelheiten hierzu 4. Kap. Rn. 207 ff.

[3]

So Schuster JZ 2015, S. 27 ff., 32.

[4]

BFH BStBl. II 2007, 364; BFH/NV 2013, 1448; zum Grad an Gewissheit BFH BStBl. II 2013, 526.

[5]

BFH/NV 2007, 2057.

[6]

Kritisch daher zu der Ausweitung auf 10 Jahre Spatscheck DB 2014, Beilage Standpunkte zu Heft 42, 2, 3 f.

[7]

Die Wiedereinführung der Teilselbstanzeige auch für andere Anmeldesteuern hätte nahe gelegen, da sich bei diesen insgesamt die Problematik des ggf. mehrfachen Korrekturbedarfs ergibt, die Anlass war, Sonderregelungen für die Lohnsteueranmeldung und Umsatzsteuervoranmeldung zu schaffen.

[8]

Nicht unter diese Norm fallen die „praxisrelevanten“ Länder: Schweiz, Österreich, Liechtenstein und Luxemburg.

[9]

BGHSt 38, 66, 67; MK-Schmitz § 2 Rn. 36.

[10]

Beyer NWB 2015, 769, 770.

[11]

Zur Entwicklung des Rückwirkungsverbots und der lex mitior Dannecker Das intertemporale Strafrecht (1993), S. 63 ff.

[12]

So MK-Schmitz § 2 Rn. 27; Schwartz PStR 2015, S. 37 ff., 41; i.E. auch Beyer