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Auch dafür sind die Niederlande bekannt: Windmühlen.

Werner K. Lahmann

NIEDERLANDE
MIT DEM WOHNMOBIL

Die schönsten Routen im Land
der Tulpen und Grachten

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Holzschuhe trägt man in Holland schon seit dem 13. Jahrhundert.

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INHALT

DIE NIEDERLANDE – LAND UND LEUTE

DIE ROUTEN

1DEN GROSSEN KÜSTENWEG ENTLANG – ABSCHNITT 1

Von Groningen nach Alkmaar

2DEN GROSSEN KÜSTENWEG ENTLANG – ABSCHNITT 2

Von Alkmaar nach Hoek van Holland

3EINE ERLEBNISROUTE FÜR KINDER UND SPAss FÜR DIE GANZE FAMILIE

Vom Safaripark Beekse Bergen nach Giethoorn

4GROSSE STÄDTE UND KLEINE DÖRFER

Von Eindhoven nach Edam

5AUF ENTDECKUNGSTOUR FERN DER KÜSTE

Von Nijmegen bis Giethoorn

REISEINFORMATIONEN VON A BIS Z

REGISTER

PS.:

STRASSENATLAS

IMPRESSUM

» LAND UND LEUTE

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An der Nordsee

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Wohnmobil mit Mühle

»Die Niederlande, das sind große Fenster ohne Gardinen, Häuser, in die man von außen hineinschauen kann.

Die Niederlande, das ist ein Plätzchen zum Tee, das ist Gastfreundschaft und Geselligkeit.«

Prinzessin Maxima

Wer an Bora Bora denkt, denkt an Palmen, weißen Strand und wohlige Wärme. Wer an Amerika denkt, denkt an die Wolkenkratzer von New York und die gewaltigen Canyons des Westens. Und wer an Holland denkt, denkt unweigerlich an Windmühlen, Tulpen und Holzschuhe und auch an die Grachten in Amsterdam und im Landesinnern – und natürlich an Käse!

DAS KÖNIGREICH DER NIEDERLANDE

Dabei meinen die Deutschen fast immer die Niederlande, wenn sie von Holland sprechen. Holland, genauer gesagt Noord Holland und Zuid Holland sind zwei der zwölf Provinzen der Niederlande. Die Provinzen kann man in etwa mit den Bundesländern in Deutschland vergleichen. Außer Nord- und Südholland, den beiden Provinzen an der westlichen Nordseeküste, gibt es die Provinzen Gelderland, Utrecht, Friesland, Groningen, Drenthe, Overijssel, Flevoland, Limburg, Noord-Braband und Zeeland. Letztere hat dem Land der großen weißen Wolke am anderen Ende der Welt ihren Namen gegeben: New Zeeland – Neuseeland. Es war der Holländer Abel Tasman, der am 13. Dezember 1642 als erster Europäer diese neue Insel entdeckte, und er nannte sie New Zeeland. Die ganz korrekte Bezeichnung für Holland ist »Königreich der Niederlande« (Koninkrijk der Nederlanden), aber »Holland« wird verstanden und ist keine Beleidigung.

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Abend am Meer

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Holländische Blumenpracht

17 Millionen Einwohner wohnen auf einer Fläche von 41 528 km2, das entspricht etwa 409 Einwohnern pro km2. Zum Vergleich: In Deutschland leben ca. 227 Einwohner pro km2, in Norwegen 14,3. Die größten Städte sind Amsterdam (838 000 Einwohner), Rotterdam (630 000 Einw.), Den Haag (520 000 Einw.), Utrecht (330 000 Einw.) und Eindhoven (225 000 Einw.). Amsterdam ist die Hauptstadt des Landes, aber nicht Sitz der Regierung: Regiert wird in Den Haag (’s-Gravenhage), dort wohnte auch bis 2014 Königin Beatrix im Huis Ten Bosch in einem großen Park, jetzt lebt in dem Wohnpalast König Willem-Alexander mit Familie.

Früher besaß Holland noch zahlreiche Kolonien, diese Zeiten sind aber vorbei, übrig geblieben sind nur noch die Niederländischen Antillen in der Karibik mit den Inseln Curaçao, Bonaire, Sint Maarten, Sint Eustatius und Saba sowie die Insel Aruba, ebenfalls in der Karibik. Hier spricht man Niederländisch und bezahlt mit eigenen Währungen (Antillen-Gulden ANG bzw. Aruba-Florin AWG). Beides sind autonome Landesteile des Königreiches der Niederlande.

Aruba sowie die Niederländischen Antillen sind keine Mitglieder der Europäischen Union. Da das Staatsbürgerschaftsrecht jedoch eine Angelegenheit des ganzen Königreiches ist, sind die Bürger der überseeischen Königreichsteile dennoch EU-Bürger. Auf Grundlage der mehrmals überarbeiteten Verfassung von 1848 sind die Niederlande eine parlamentarische Monarchie. Die letzte Novellierung fand 1983 statt. An der Spitze des Staates steht die Königin bzw. der König. Seit 2013 hat dieses Amt König Willem Alexander inne. Die Regierung wird durch den vom Monarchen ernannten Premierminister geleitet. Normalerweise wird er durch die stärkste Partei oder Koalition gestellt. Die Niederlande sind Mitglied der EU, die Währung ist der Euro.

FREIZEITLAND HOLLAND

Die Holländer sind Freizeitmenschen, die in den Sommermonaten über ganz Europa ausschwärmen und mit ihren putzigen kleinen Wohnanhängern in den entlegensten Winkeln anzutreffen sind. Es bleiben aber noch genügend holländische Touristen übrig, um auch die eigenen Strände und Ferienzentren zu belagern. Trotzdem ist die schönste Zeit für den Hollandurlaub der Sommer, denn die attraktivsten und beliebtesten Ferienziele liegen hauptsächlich an den ausgedehnten Küsten der Provinzen Noord- und Zuid-Holland und Zeeland.

Der 451 Kilometer lange Küstenstreifen zwischen Vlissingen ganz im Süden der Provinz Zeeland und Den Helder im Norden von Noord-Holland besteht zu 70 Prozent aus Sandstrand. Westlich von Alkmaar, zwischen Wijk aan Zee und Bergen aan Zee, nehmen diese Strände gigantische Ausmaße an. »Gigantisch« ist natürlich immer relativ: Das ganze Land, also die Niederlande, erstreckt sich vom nördlichsten Punkt der Insel Schiermonnikoog (53°45') über nur ca. 300 Kilometer bis herunter nach Vaals (50°45') und von Sluis an der Nordsee (3°21') bis kurz vor Bunde an der deutschen Grenze (7°13'), und das sind nur ca. 180 Kilometer. Das Land ist deshalb überschaubar und zum Kennenlernen muss man keine Gewalttouren mit dem Auto machen.

Die direkten Nachbarländer der Niederlande sind Deutschland mit einer 577 Kilometer langen Grenze und Belgien mit 450 Kilometern. Der längste Fluss des Landes ist der Rijn (Rhein) mit seinen Mündungsarmen Waal, Leek und IJssel, der tiefste Punkt liegt 6,7 Meter unter NN, und zwar bei Nieuwerekerk an der Hollandsche IJssel in Zuid-Holland zwischen Rotterdam und Gouda.

Und wie kann man diese herrliche Natur näher und schöner erleben und genießen als mit dem Wohnmobil? In den Niederlanden fühlt man sich frei im Wohnmobil, da steht man »mit den Hühnern« auf, um den Sonnenaufgang zu genießen, und ist mit der Natur verbunden bis zum Schlafengehen. Aber auch diese herrliche Art des Reisens hat ihre Schattenseiten: Enge Straßen, viele Verbote und das Parkproblem in den Städten können die Urlaubsfreuden merklich beeinträchtigen.

In diesem Buch werden die Schattenseiten der Urlaubsreise aufgehellt: Parkplätze in den Städten beschrieben, vor schlechten Straßen gewarnt oder Alternativstrecken vorgeschlagen. Was nützt ein schöner Campingplatz, wenn der Kühlschrank leer ist, oder gibt es vielleicht gerade auf diesem Platz ein tolles Restaurant? Hier finden Sie die Antwort. Soll ich über eine der zahlreichen Autobahnen fahren oder lieber eine schöne Nebenstrecke wählen? Lesen Sie weiter. Und nicht zuletzt: Jede Route durch Holland ist schön, aber man kann nicht alles machen. Im Buch werden fünf Touren beschrieben, und diese Touren können nach individuellen Bedürfnissen beliebig miteinander kombiniert werden. Wahrscheinlicher jedoch ist, dass die Einzelstrecken in mehrere Reisen aufgeteilt werden, zu schön ist dieses Land, um im Eiltempo hindurchzufahren.

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Besonders nützlich für Wohnmobilfahrer sind Hinweise auf P+R-Plätze bereits auf der Autobahn.

Holland ist ein ideales Land für Ferien mit dem Wohnmobil. Überall gibt es gute Campingplätze mit sehr ordentlichen sanitären Einrichtungen. Das Verkehrsaufkommen ist zwar der Bevölkerungsdichte entsprechend hoch, die Holländer sind im Straßenverkehr aber sehr rücksichtsvoll, auch oder vielleicht besonders gegenüber den Wohnmobilen, und anzuschauen gibt es mehr als genug. Sicherlich wird Ihnen neben dem Fahren genügend Zeit zum Verweilen, zum Staunen und zum Wandern bleiben. Bei aller Freiheit im Wohnmobil sollte man aber doch eine Reiseroute ausgearbeitet haben, denn die Stunden im Ausland sind kostbar. Ich wünsche Ihnen eine gute Reise und erlebnisreiche Tage.

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Tulpenfeld an der N9

Wenn Sie Fehler oder Aktualisierungsbedarf entdecken, schreiben Sie bitte an mich (werner.lahmann@arcor.de) oder an den Verlag (lektorat@bruckmann.de), denn wir möchten diesen Reisebegleiter für Wohnmobilisten ständig verbessern und Ihren speziellen Bedürfnissen anpassen.

CAMPINGPLÄTZE UND WOHNMOBILSTELLPLÄTZE

Bei unseren Reisen durch die Niederlande werden wir immer wieder auf das Problem stoßen: wohin mit dem Riesenfahrzeug, wenn wir nicht fahren? Schon das einfache Anhalten irgendwo kann zu Problemen führen. Grundsätzlich dürfen Sie mit dem Wohnmobil auf jedem Parkplatz parken, auf dem das Parken für Wohnmobile nicht ausdrücklich verboten ist. Auch ein einmaliges Übernachten »als notwendige Ruhepause im Zuge einer Fahrt« ist auf diesen Parkplätzen erlaubt, nicht aber ein »campingähnliches Leben, also das Aufstellen von Tischen, Stühlen, das Herausdrehen der Markise oder das Aufbauen eines Vorzeltes«.

Gott sei Dank gibt es viele Campingplätze und jetzt auch in den Niederlanden viele Wohnmobilstellplätze. Doch wie unterscheidet sich ein Wohnmobilstellplatz von einem Campingplatz?

Wohnmobilstellplätze sind Parkplätze, die für Wohnmobile zugelassen sind und auf denen man in der Regel eine bis drei Nächte übernachten darf, sofern das Freizeitfahrzeug über ein geschlossenes Abwassersystem und eine Bordtoilette verfügt. Bitte schauen Sie sich die Schilder genau an: Auf einigen Stellplätzen ist das Übernachten verboten – das sind dann normale Parkplätze, die auch für Wohnmobile zugelassen sind. Andere Plätze sind nur für Wohnmobile zugelassen.

Der Unterschied zum Campingplatz besteht in folgenden Punkten:

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Frühstück am Wohnmobil

• Der Aufenthalt ist auf 1 bis 3 Nächte befristet, Saison- oder Dauercamping ist nicht zulässig.

• Es gibt in der Regel keine Rezeption, bei der man sich an- oder abmelden muss.

• Die An- oder Abreise kann jederzeit, auch nachts, erfolgen.

• Es gibt keine oder nur eingeschränkte sanitäre Anlagen.

• Campingähnliches Leben, also das Aufstellen von Tischen, Stühlen, das Herausdrehen der Markise oder das Aufbauen eines Vorzeltes ist nicht erlaubt (wenn es auch oft gemacht wird).

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Eine der zahlreichen Mühlen

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Traditionelle »Käseträger« auf dem Käsemarkt in Alkmaar

• Die Übernachtungspreise sind gering, teilweise kostenlos. Auf kostenlosen Stellplätzen sind angebotene Zusatzleistungen wie zum Beispiel Frischwasserversorgung oder Stromanschluss in der Regel kostenpflichtig.

• Die Stellplätze sind oft nahe am Stadtzentrum und sind deshalb beliebt für Stadtbesichtigungen u. Ä.

Die Ausstattung der Stellplätze ist unterschiedlich: Im einfachsten Fall ist ein Wohnmobilstellplatz ein völlig normaler Parkplatz, auf dem durch entsprechende Beschilderung das Übernachten in Wohnmobilen gestattet ist. Solche einfachen Stellplätze dürfen meist auch von anderen Fahrzeugarten wie Pkw oder Reisebus benutzt werden.

Meist hat jedoch heutzutage jeder Stellplatz zumindest eine Ver- und Entsorgestation für Frisch- und Abwasser (meist kostenpflichtig), oft auch Stromanschlüsse (kostenpflichtig).

Komfort-Stellplätze haben Duschen oder Waschgelegenheiten, hier verschwimmen dann die Unterschiede zu regulären Campingplätzen.

In diesem Buch nennen wir Ihnen viele Wohnmobilstellplätze mit Adressen und GPS-Daten fürs Navi inklusive Ausstattung. Alle 1157 Womo-Stellplätze der Niederlande finden Sie unter www.campercontact.com/de/niederlande.aspx.

NAVIGATIONSGERÄTE UND GPS

Fast jeder Autofahrer benutzt mittlerweile ein Navigationsgerät, um sich in dem Straßengewirr fremder Großstädte zurechtzufinden. Die Geräte werden immer billiger und auch die preiswerten Teile aus dem Supermarkt funktionieren und tun ihren Dienst. Alle Geräte führen Sie sicher ans eingegebene Ziel, manche vielleicht mit kleinen Mucken, andere nicht ganz so schnell. Ablesbarkeit, d. h. ein nicht zu kleines Display, und Rechengeschwindigkeit sind die wichtigsten Merkmale, und natürlich die Bedienerführung. Diese muss absolut einfach und logisch sein, sonst verliert man bald die Freude an dem Gerät. Und wenn es ein träger Rechner ist, hat man die entscheidende Abzweigung vielleicht verpasst, bevor das Gerät die neue Route berechnet hat.

Es gibt bekanntlich eingebaute und tragbare Navigationsgeräte. Ich persönlich bevorzuge die tragbaren Geräte. Sie haben einen Nachteil, aber zwei Vorteile. Nachteilig ist vielleicht die deutlich kleinere Anzeige, derzeit 3,5 bis 7 Zoll. Der Vorteil ist, dass man sie in jedes Fahrzeug, ob Pkw, Mietwagen oder Wohnmobil, mitnehmen kann, und man kann sie an der Windschutz- oder Seitenscheibe so anbringen, so dass sie angenehm im Blickfeld liegen und man den Blick nicht ins finstere Innere des Wagens richten muss, wenn man beispielsweise an einem verwirrenden Autobahnkreuz mit der Ansage »bitte in einhundert Metern rechts abbiegen« allein nicht zurechtkommt. Oft ist ein kurzer Blick auf das Navi hier der rettende Anker.

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Stolz reckt die Mühle ihre Flügel in den Himmel – ohne diese und viele andere Mühlen, Hightechprodukte vergangener Jahrhunderte, hätten sich die Niederlande weder landwirtschaftlich noch industriell entwickeln können.

Die Hauptfrage ist allerdings: Navi oder GPS? Beide Gerätetypen arbeiten nach dem gleichen Prinzip und sind kleine Wunderwerke der Technik.

Das komplette Gerät ist etwa acht mal zwölf Zentimeter groß bei etwa drei Zentimeter Dicke und wiegt nicht viel mehr als zwei Tafeln Schokolade. Die Speicherkarte ist 24 mal 33 Millimeter groß und hat eine Kapazität von ein, zwei oder vier GB, selbst auf der preiswerten Ein-GB-Karte sind die exakten Landkarten von halb Europa gespeichert, und zwar bis ins kleinste Detail einschließlich Tankstellen, Rastplätzen, Geschwindigkeitsbegrenzungen und anderen Informationen. In wenigen Sekunden hat das Gerät den kürzesten Weg, wahlweise mit oder ohne Autobahn, vom Standort z. B. am Bodensee bis zum Campingplatz Neset Camping am Byglandfjord in Norwegen berechnet und führt den Autofahrer mit Sprachanweisungen auch dorthin: »Bitte verlassen Sie nach dreihundert Metern den Kreisverkehr an der dritten Ausfahrt.«

Wie das möglich ist, bleibt vielen Benutzern ein Rätsel. Dabei ist das Prinzip schon seit vielen hundert Jahren bekannt und von den Seefahrern früherer Zeiten angewendet worden: Als der Holländer Abel Tasman am 13. Dezember 1642 Neuseeland entdeckte, hatte er eine lange Schiffsreise hinter sich und für die Navigation benutzte er einen sogenannten Jakobsstab. Als 127 Jahre später der englische Seefahrer James Cook als erster Europäer neuseeländischen Boden betrat und das Land für die englische Krone in Besitz nahm (so einfach war das damals!), konnte er sich bereits eines genaueren Navigationsmittels bedienen, dem Sextanten. Beides sind optische Messgeräte, mit dem man den Winkelabstand eines Gestirns, z. B. des Polarsterns, vom Horizont messen kann und aus dieser Messung lässt sich die Position des Schiffes mit einer Genauigkeit von etwa einer Seemeile berechnen. Erfunden hat die Sache bereits 1700 der englische Physiker Isaac Newton, die ersten Sextanten bauten die Engländer John Hadley und Thomas Godfrey im Jahre 1730. Die Genauigkeit der Messung wird stark beeinträchtigt durch den Seegang und bei wolkenverhangenem Himmel ist gar keine Positionsbestimmung möglich.

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Unser Hymermobil bringt uns immer sicher ans Ziel.

Die moderne Navigation benutzt wetterunabhängig die Signale eigens dafür in Umlauf gesetzter Navigations-Satelliten. Durch das Anpeilen mehrerer Satelliten wird die Genauigkeit der Positionsbestimmung enorm verbessert, sodass man die Position heute sehr genau bestimmen kann. Die USA haben ein ganzes System von Navigationssatelliten positioniert, auf diese Weise das Global Positioning System GPS geschaffen und am 17. Juli 1995 in Betrieb genommen. Dieses wird momentan weltweit benutzt (die Europäer arbeiten an einem eigenen GPS-System).

GPS basiert also auf Satelliten, die ständig ihre sich ändernde Position und die genaue Uhrzeit ausstrahlen. Aus deren Signallaufzeit kann der ins Navi eingebaute GPS-Empfänger dann seine eigene Position und Geschwindigkeit berechnen. Mit den Signalen von drei Satelliten können Position und Geschwindigkeit des Empfängers, also des Fahrzeugs, bestimmt werden. Man benötigt dazu aber, genau wie damals Tasman und Cook, die genaue Uhrzeit. Diese liefert bei den modernen Geräten ein vierter Satellit. Damit man diese Signale überall auf der Erde empfangen kann, sind über 24 GPS-Satelliten im Umlauf.

So bestimmen die kleinen Wunderwerke also ihre Lage, die Geschwindigkeit und auch die Richtung, weil die Peilungen ja ständig wiederholt werden. Und was dann?

Jeder Ort auf der Welt kann durch seine geografischen Koordinaten eindeutig bestimmt werden. Der Nullmeridian geht durch den Ort Greenwich in England. Alle Orte östlich davon liegen auf »östlicher Länge« oder E …, alle Orte westlich davon auf »westlicher Länge« oder W …. Die Einteilung erfolgt in Grad und Minuten und Sekunden, der Abstand von Grad zu Grad ist natürlich nicht konstant, am Äquator beträgt er 40 075 km (Erdumfang) geteilt durch 360 Grad gleich 111,32 km/Grad. Vom Äquator zum Nord- bzw. Südpol erfolgt die Einteilung in Breitengrade, also x Grad nördlicher bzw. südlicher Breite. (Da die Welt keine ideale Kugel ist, wurde ein World Geodetic System festgelegt und mehrfach korrigiert, das heute gültige Kartensystem ist das von 1984, abgekürzt WGS84. Auf dieses System sind auch alle Angaben in diesem Buch bezogen.)

Die Navigationsgeräte berechnen nun aus den Satellitenpeilungen die exakte Lage in diesem Koordinatensystem, einige Geräte zeigen diese Werte auch an.

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Holzschuhe gibt es an fast jeder Ecke.

Ein weiteres Wunderwerk, das in das kleine Gerät eingebaut ist, ist ein Routenrechner, wie man ihn aus etlichen Programmen im Internet kennt, um z. B. die kürzeste Route von München nach Spandowerhagen zu berechnen. Der Rechner kennt durch die eingespeicherten digitalen Landkarten jedes kleine Dorf, auch das Fischerdorf Spandowerhagen an der Ostsee, und jede Postadresse überall in Europa und berechnet so die Route entweder bis zu der eingegebenen Postadresse oder, bei reinen GPS-Geräten, bis zu der eingegebenen Koordinate, wobei auch die reinen GPS-Geräte das Auto natürlich nur über zugelassene Straßen führen und nicht etwa quer durchs Land. Durch den ständigen Vergleich dieser berechneten Route mit dem momentanen Ort kann dann auf dem Display der weitere Weg, z. B. die nächsten zwei Kilometer, angezeigt und auch sprachlich ausgedrückt werden: »Bitte in 300 Metern den Kreisverkehr an der dritten Ausfahrt verlassen.«

Trotzdem bleibt es ein Wunder, ist aber enorm hilfreich, besonders im Gewirr fremder Großstädte und natürlich immer dann, wenn man keine aktuelle Straßenkarte besitzt oder einen Beifahrer, der die Karte nicht lesen kann, soll’s ja geben! Die Experten mögen mir diese sehr vereinfachte Darstellung der globalen Positionierung verzeihen.

STRASSENTYPEN

Das holländische Straßensystem ist hervorragend ausgebaut und gewartet. Man trifft weder auf Schlaglöcher noch auf poltrige Flickstellen, und auch in einem nur mäßig gefederten Kleinwagen fährt man ruhig wie in einer Sänfte. Es gibt 132 397 Kilometer Straße, man unterscheidet auch hier verschiedene Straßentypen:

Europawegen = Europastraßen mit weißer Straßennummer auf grünem Grund, z. B. E 13.

Rijkswegen = Autobahnen (3268 Kilometer) mit weißen Straßennummern auf rotem Grund, z. B. A 13. Die Autobahnschilder hingegen sind blau mit weißer Schrift.

Autosnelwegen = Schnellstraßen (2346 Kilometer) mit schwarzer Schrift auf gelbem Grund, z. B. N 3.

Provincialwegen = Provinzstraßen.

Generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf allen Autobahnen ist 130 km/h, auf Schnellstraßen 100 km/h, innerorts 50 und außerorts 80 km/h.

» DIE ROUTEN

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Abschlussdeich – Weitblick garantiert

1 DEN GROSSEN KÜSTENWEG ENTLANG – ABSCHNITT 1

Von Groningen nach Alkmaar

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START- UND ENDPUNKT

Groningen und Alkmaar

STRECKENLÄNGE

218 Kilometer

FAHRZEIT

1–2 Tage, ½ Tag für Käsemarkt

BESTE JAHRESZEIT

Ende März bis Ende September (Käsemarkt)

Die meisten Urlauber locken die Niederlande mit ihrer langgestreckten Westküste an, die mit ihren kilometerlangen weißen Sandstränden ein wahres Paradies für Badeurlauber ist. Hier sind wir wirklich in Holland: Noord-Holland, Zuid-Holland und Zeeland faszinieren mit allen Angeboten, die der verwöhnte Badeurlauber erwartet. Aber auch für Individualisten, Einsiedler und Naturburschen gibt es hier genügend Platz und ruhige Strände ohne den Rummel, den manch anderer aber nicht missen möchte.

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Am IJsselmeer

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Aus Norddeutschland kommend, bietet sich die Anreise auf der A 1/A 31 an über Oldenburg und dann weiter auf der niederländischen A 7, auf der man rasch in Groningen ist.

Gleich hinter der Grenze bei Winschoten gibt es die ersten holländischen »Leckerbissen«: Blumen und Windmühlen. Gleich drei Kornmühlen befinden sich in unmittelbarer Nähe des alten Stadtkerns von Winschoten: Molen Edens von 1761 an der Nassaustraat 10, Molen Berg von 1854 am Grintweg 61 und Molen Dijkstra von 1862 an der Nassaustraat 62. Dadurch zählt die kleine Gemeinde zu den bedeutenden Mühlenstädten der Niederlande. Der Haupterwerb der Anwohner ist jedoch die Rosenzucht. Rosenliebhaber sind entzückt über das Rosarium im Stadtpark im Herzen der Stadt.

Südlich von Winschoten verläuft der Stadskanaal von Nordwesten nach Südosten. Die Stadt gleichen Namens erstreckt sich 25 Kilometer am Wasser entlang. Stadskanaal zählt zu den ältesten Moorkulturen der Provinz. Zunächst wurde ein breiter, flacher Kanal ausgehoben, der die oberste Torfschicht entwässern sollte. Dann wurde an den Rändern der Torf gestochen und über den Kanal abtransportiert. Später wurden rechtwinklig Seitenkanäle gegraben, wodurch zahlreiche kleine Inseln entstanden. (Ich selbst musste in meiner Jugend im Norden der DDR solche Torfkanäle buddeln, nur mit der Schippe, zum Aufbau des Sozialismus!) Nach der Torfzeit entwickelte sich der Kanal zu einem bedeutenden Wasserweg für die Binnenschifffahrt, heute ist er eine beliebte Freizeitwasserstraße.

KULTUR

STREEKHISTORISCH CENTRUM

Wer mehr über die Besonderheiten der Region samt Kanalzone erfahren will, besucht das Streekhistorisch Centrum in der historischen Villa Huize ter Marse. Das Museum neben Stadskanaals Wasserturm beherbergt u. a. eine Sammlung zur Geschichte der Kanaalstreek. Streekhistorisch Centrum, Ceresstraat 2, 9502 EA Stadskanaal, Tel. 0599/61 26 49, www.streekhistorischcentrum.nl, N52°58'18" E06°58'26"

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Groningen – Straßencafé an der Martinikerk

NACH GRONINGEN

Auf der N 385 geht es weiter nach Groningen. Die Stadt hat etwa 190 000 Einwohner und ist die Hauptstadt der Provinz Groningen. Die Rijksuniversiteit Groningen ist (etwa 50 000 Studenten) die zweitälteste Universität der Niederlande (gegr. am 23. August 1614), nach der Universität Leiden (gegr. 1575). So wird denn auch das Stadtbild durch die Studenten und das studentische Leben bestimmt. Das Angebot an Restaurants, Cafés und Kneipen ist groß. An schönen Sommertagen sitzt man draußen vor den Cafés, das Nachtleben spielt sich dagegen hauptsächlich in den vielen Studentenkneipen ab.

Sehenswert ist der »Grote Markt« mit schönen Giebelhäusern und dem 97 Meter hohen Martiniturm, der zwischen 1469 und 1482 aus Bentheimer Sandstein erbaut wurde. Er gehört zur Martinikerk mit einer Agricola-Orgel aus dem Jahr 1470, die zu den berühmtesten Kirchenorgeln Europas zählt.

In der verkehrsberuhigten Innenstadt mit ihren vielen Fußgängerzonen und Straßencafés lässt es sich angenehm einkaufen, wenn da nicht die unendlich vielen Fahrräder wären! Groningen soll der Spitzenreiter sein bezüglich des Anteils der Fahrräder am Straßenverkehr, noch vor Amsterdam, und das will etwas heißen!

Ruhig hingegen ist es in einem der Groninger Museen: Das »Groninger Museum« auf der Museumsinsel; das »Noordelijk Scheepvaart Museum en Niemeyer Tabakmuseum« in der Brugstraat 24; das »Grafisch Museum« in der Rabenhauptstraat 65 a; »Het Nederlands Stripmuseum« (Zeichentrickfilmmuseum), Westerhaven 71; das »Volkenkundig Museum« in der Nieuwe Kijk in’t Jatstraat 104 und das »Universiteitsmuseum« in der Oude Kijk in’t Jatstraat 7 a. Sechzehn Spieltische mit Roulette, Blackjack sowie anderen Glücksspielen und 330 »einarmige Banditen« gibt es im »Holland Casino Groningen«, Gedempte Kattendiep 150, Mindestalter 18 Jahre. Empfehlenswert ist auch eine Grachtenfahrt ab dem Anleger beim Hauptbahnhof, Dauer 60 Minuten.

LEEUWARDEN

Weiter geht es auf der N 355 durch die weiten Ebenen von Friesland, vorbei an Grachten, einzelnen Windmühlen und unendlichen Feldern bis zur Provinzhauptstadt Leeuwarden oder Ljouwert, wie die Westfriesen sagen.

Leeuwarden hat gut 108 000 Einwohner und ist eine eher beschauliche Stadt. Im historisch gewachsenen Stadtkern läuft sternförmig ein System von Grachten zusammen, über diese Kanäle ist der Hafen der Stadt mit Groningen und Harlingen verbunden. An einer Gracht im Zentrum steht das Haus der alten Stadtwaage, am Waagplain, nur wenige Schritte nördlich befindet sich der Raadhuisplein mit dem Rathaus (Stadthuis). Im Rathausturm gibt es ein Glockenspiel aus 39 Glocken aus dem Jahre 1668, die große Linde auf dem Rathausplatz ist keine gewöhnliche Linde: Es ist die »Wilhelminalinde«, die dort anlässlich der Krönung von Königin Wilhelmina 1898 gepflanzt wurde.

Der nächste Platz in nördlicher Richtung ist der Hofplein mit dem Het Hof, dem Leeuwardener Standesamt. Die Grote Kerkstraat entlang gelangt man zu einem gewaltigen, freistehenden Turm, zu dem einstmals auch eine Kirche geplant war. Da sich der 40 Meter hohe Oldehove-Turm jedoch bereits während der Bauzeit, die 1532 begann, zur Seite neigte, verzichtete man auf den Bau des Kirchenschiffes. Der Turm hat sich aber in seiner Schieflage über die Jahrhunderte prächtig gehalten; man kann ihn sogar besteigen und hat von oben einen schönen Blick auf die Stadt (täglich 13–17 Uhr).

Es gibt aber auch zwei richtige Kirchen, die »Grote Kerk« oder auch Jacobijnerkerk genannt am Jakobijnekerkhof und die neue Sint Bonifatiuskerk am Bonifatiusplein mit einem 78 Meter hohen Turm. Das schönste Gebäude der Stadt ist sicher die Stadtkanzlei (Kaserarij) am Turfmarkt. Die herrliche Renaissance-Fassade entstand 1571. Und: In Leeuwarden findet eines der spektakulärsten Sportereignisse der Welt statt – wenn es denn stattfindet! Fünfzehn Zentimeter dick und spiegelblank muss das Eis der Grachten sein, damit der Elfstedentocht, der Elf-Städte-Lauf stattfinden kann, zu dem sich dann ca. 16 000 Schlittschuhläufer aus der ganzen Welt einfinden, um einen 200-Kilometer-Marathon über zugefrorene Grachten und Kanäle durch elf Städte Frieslands zu bewältigen. Nur bei tagelangem, eisigem Ostwind frieren die Kanäle zu, und die Profis quälen sich sieben Stunden lang über die Strecke, für die die Amateure die doppelte Zeit brauchen, wenn sie nicht vorher aufgeben müssen. 1997 gab es den letzten Elfstedentocht, und ganz Holland wartet sehnsüchtig auf die nächste große Kälte. Der kalte Winter 2012 reichte nicht für die Tour.

ÜBER LAND

MarssumHerrenhaus