Tanja Wehr
Die Sketchnote Starthilfe
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ISBN 978-3-95845-421-7
1. Auflage 2017
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Lektorat: Sabine Schulz
Sprachkorrektorat: Petra Heubach-Erdmann
Covergestaltung: Tanja Wehr
Satz: Petra Kleinwegen
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Impressum
Vorwort
Kapitel 1: Einführung
Kreatives Selbstvertrauen
Ein Fahrrad zeichnen
Acht Tipps für einen guten Start
Papier & Stifte
Downloads zum Buch
Teil 1: Bildsprache
Kapitel 2: Bilderwelten
Zehn Symbole für den Start
Werkzeuge
Reisen
Alltagsdinge & Haushalt
Outer Space
Meer
Architektur
Outdoor
Umwelt
Medien
Wetter
Sport
Lebensmittel
Wissenschaft und Medizin
Büro und Wirtschaft
Origami-Icons
Kapitel 3: Menschen und Emotionen
Porträts
Emotionen
Körperhaltung
Kapitel 4: Hilfsmittel
Einfache Kästen
Bilderrahmen
Wolken, Zacken und Co.
Schilder, Wegweiser und Fahnen
Girlanden
Banner
Teil 2: Schriftarten
Kapitel 5: Blockbuchstaben
Kapitel 6: Schreibschrift
Kapitel 7: Handlettering
Teil 3: Feinschliff
Kapitel 8: Schatten und Farbe
Kapitel 9: Aubau einer Sketchnote
Teil 4: Los geht‘s
Kapitel 10: Live-Vorträge
Kapitel 11: Individualisierung, Tipps, Tricks und Übungen
Individualisierung voraus
Tipps, Tricks und Übungen
Leseliste
Zu guter Letzt
Bevor du deine Entdeckungsreise in das Reich der Visualisierung und Sketchnotes startest, ein paar Worte, wa-rum es dieses Buch gibt.
Der meistgehörte Satz bei einem Graphic-Recording- oder Live-Sketchnoting-Job ist: Das könnte ich nie!
Dann sage ich immer: Es ist Übungssache und der Start ist das A und O!
Der meistgesagte Satz zu Beginn eines Workshops ist:
Ich kann aber nicht zeichnen! Also, so gar nicht.
Das kann ich natürlich nicht so stehen lassen. Nicht jeder kann zeichnen wie ein berühmter bildender Künstler, darauf können wir uns einigen, aber viele trauen sich überhaupt nicht mehr, auch nur ein Strichmännchen zu Papier zu bringen.
Bei manchen geht es so weit, dass sie ihr vermeintliches Unvermögen zu zeichnen mit fehlender Kreativität gleichsetzen. Aber weit gefehlt!
Glaubt mir, ihr könnt alle zeichnen, und zwar viel besser als die meisten eurer Kritiker, möchte ich wetten, nur ist es mit dem Zeichnen ähnlich wie mit Klavierspielen oder Sprachenlernen oder allem anderen. Der Erfolg hängt davon ab, wie man es uns beibringt. Setzt man jemanden einfach vor ein Klavier und erklärt, wie Instrument und Noten funktionieren, wird sicher in 99% der Fälle kein Virtuose dabei herauskommen.
Ich selbst habe Latein in der Schule richtiggehend gehasst. Es war für mich ein Fass ohne Boden. Andauernd kam eine neue Deklination, Konjugation usw. Ich habe also nach dem kleinen Latinum dankbar die Segel gestrichen. Mein Schock hätte deshalb nicht größer sein können, als ich bei der Einschreibung zu meinem geisteswissenschaftlichen Wunschstudium nach meinem großen Latinum gefragt wurde. Mir hatte man gesagt, das brauche man nur für Medizin oder Germanistik. Super, dachte ich, das war’s dann mit dem Studium, das schaffe ich nie. Aber ich hatte die Rechnung ohne meine neue Lateinlehrerin gemacht. Sie vermittelte die Sprache so übersichtlich und verständlich, dass ich später einen Teil meines Studiums mit Latein-Nachhilfe finanziert habe.
Also sagt niemals wieder: »Ich kann nicht zeichnen« oder »Sketchnotes, das könnte ich nie!« Die Zeiten sind jetzt vorbei. Dieses Buch basiert auf meinem in der Praxis bewährten Workshop-Konzept, mit dem ich schon vielen Menschen die Scheu vor dem Stift genommen habe. Es kommt aus der Anwendung und es funktioniert. Es soll eine Hilfe sein, die Theorie in die Praxis zu transportieren und ins sketchnoterische Zeichnen zu kommen. Ohne Stress und Druck, aber mit viel Spaß und coolen Ergebnissen.
Tanja Wehr hat schon immer gerne herumgekritzelt und alles mit Farbe und Formen verbessert: fand sie – verunstaltet: fand ihre Bio-Lehrerin. Die logische Konsequenz ihrer Biographie ist ihre heutige Tätigkeit. Sie ist mit ihrer Firma Sketchnotelovers ein etabliertes Mitglied in der deutschen Visualisierer-Szene. Als Trainerin mit fast 20 Jahren Erfahrung bringt sie in Inhouse-Schulungen oder freien Workshops anderen bei, die Technik der Sketchnotes zu erlernen, um so ihre Kreativität wiederzuentdecken und nutzbringend für die Innovationskultur im Unternehmen, das Festhalten komplexer Gedankengänge oder das nachhaltige Notieren wichtiger Prozesse, Projektideen oder Events anzuwenden. Daneben organisiert sie die Meetups VIZTHINK Mitte, die regelmäßig viele Visualisierungsbegeisterte zusammenbringen.
Tanja Wehr begleitet deutschlandweit Veranstaltungen als Graphic Recorderin und Sketchnoterin und verhilft zu klarerer Kommunikation und nachhaltiger Verständlichkeit. Die zunehmende Beliebtheit und Ernsthaftigkeit, mit der das Visuelle in der heutigen Welt genutzt wird, freut sie sehr. Sie ist süchtig nach TED-Talks, gutem Kaffee und würde für ein schönes Notizbuch jedes Paar Schuhe stehen lassen.
Ihre Webseite ist www.sketchnotelovers.de.
Beim Start ins Sketchnoter-Leben ist eine Sache enorm wichtig: Man muss sich etwas trauen. Sketchnotes bergen einige Herausforderungen:
Man muss sich trauen, Dinge wegzulassen und Inhalte zu reduzieren.
Man muss Gehörtes in Bilder übersetzen.
Man muss im Fall eines Live-Vortrags schnell sein und parallel zuhören und zeichnen/schreiben.
Am Ende sollte das Ganze auch noch lesbar sein und wenn irgendwie möglich noch ansprechend aussehen.
Ja, ich weiß, das ist erst mal ein Brett. Wie kann man das schaffen und dann womöglich noch, wenn man ja eigentlich gar nicht zeichnen kann? Da fangen in der Regel die Selbstzweifel an und damit einher geht die verpasste Chance, einfach zu starten.
Hintergrund für diese Unsicherheit ist meist die Erinnerung an eine Bewertung durch andere. Sei es in der Schule oder zu Hause. Irgendwann hat jemand gesagt: Was soll das denn sein? Oder noch schlimmer: Du kannst nun wirklich überhaupt nicht zeichnen! Und schon ist es um unsere Bereitschaft, zum Stift zu greifen, geschehen.
Damit wir wieder in die Phase kommen, in der wir als Kinder waren, wo nichts vor unseren Wachsmalern sicher war, gibt es ein paar Übungen.
Zunächst und als erster Einstieg in das, was dich in den nächsten Kapiteln noch erwarten wird, eine einfache Illustration.
Als ich an der Kunsthochschule angefangen habe, waren wir alle sehr aufgeregt und nervös, aber auch ziemlich stolz, dass wir dort saßen, wo wir saßen. Der Zahn mit dem Stolz ist uns dann schnell gezogen worden. Der Prof kam rein zur ersten Stunde und meinte nur: Zeichnen Sie ein Fahrrad so detailliert wie möglich. Es gab natürlich keins zur Anschauung. Tja, da waren wir dann nur noch ganz klein mit Hut und fragten uns auf einmal: Hmmm, der Lenker ist ja irgendwie mit dem Rad verbunden, aber das kann sich ja drehen, wie hängt das denn dann am Rahmen? Oder wie sieht eigentlich eine Gangschaltung, Bremse etc. aus. Und das, obwohl wir teilweise mit dem Fahrrad zum Seminar gefahren waren. Wir hatten 20 Minuten, und richtig gut hinbekommen haben wir es alle nicht. Was für ein Glück, dass es bei Sketchnotes niemanden interessiert, ob dein Fahrrad eine Bremse hat oder ob es mit einer Ketten- oder Nabenschaltung ausgestattet ist.
Falls du eben gedacht hast, »Ein Fahrrad zeichnen? Das ist doch überhaupt kein Thema« – versuch einfach, den Kassenbon zu finden und das Buch umzutauschen. Wenn du aber gedacht hast: »Mal eben ein Fahrrad zeichnen? In fünf Sekunden? Scherzkeks, dann hätte ich sicherlich nicht dieses Buch gekauft …« Gut, denn dann bist du genau die Person, für die jetzt die Erfolgsserie startet.
Nächste Frage wäre nämlich: Kannst du ein M, O und I schreiben?
Ja? Gut, denn das ist dein Fahrrad.
Du startest mit einem M.
Es folgen zwei Is, die auf der Seite liegen.
Und noch zwei Os für die Räder.
Und um das Ganze noch wie ein Fahrrad aussehen zu lassen, braucht man noch einen Lenker,
einen Sattel,
und für den netten Effekt noch Licht.
So einfach geht das, und wenn du es ein paar Mal geübt hast, wirst du sehen, das kannst du im Schlaf und in fünf Sekunden. Und wenn dir das Spaß gemacht hat, freu dich schon mal auf Kapitel 3, da gibt es ganz viele Strich-für-Strich-Anleitungen.
Es gibt noch mehr schöne Übungen.
Der amerikanische Kreativitätsforscher Bob McKim von der Universität Stanford hat diverse Aufgaben entwickelt, die uns spielerisch zeigen, wie kreativ wir eigentlich sind und wie wenig wir es wahrnehmen, aber auch, wo es hakt.
Zwei davon möchte ich als Einstieg einmal vorstellen, weil ich damit gute Erfahrungen gemacht habe und sie einfach nachzumachen sind.
Bei dieser Übung brauchst du ein Gegenüber. Setzt euch vis-à-vis und nehmt ein Stück Papier und einen Stift. Stellt den Timer auf 30 Sekunden. Und jetzt zeichnet euch gegenseitig, ohne auf das Papier zu schauen.
Hier siehst du ein Porträt, das ein enorm guter Urban-Sketcher von mir bei der re:publica gezeichnet hat. Meins von ihm war nicht besser. Kaum jemand schafft es, etwas Perfektes hinzubekommen. Wenn man diese Übung in einem Workshop macht, gibt es viel Gelächter und eine Menge Entschuldigungen – immer. Macht man sie mit kleineren Kindern, gibt es keine Hemmungen und mit Stolz und ohne Scheu wird das Ergebnis jedem gezeigt. Dahin, hoffe ich, dich mit diesem Buch wieder zu bekommen.
Sei stolz auf das, was du kannst, und zeige es der Welt!
Druck dir 30 gleich große Kreise auf ein Stück Papier. Eine Vorlage kannst du dir auch auf der Webseite zum Buch herunterladen.
Nun fülle in einer vorgegebenen Zeit, etwa fünf oder zehn Minuten, alle Kreise mit einem Gegenstand, der den Kreis als Grundform mit aufnimmt. Wir haben das schon mal bei einem Vizthink-Meetup gemacht und alle stöhnten, dass es keine 30 Sachen gibt. Am Ende hatten 25 Leute zusammen über 120 unterschiedliche Dinge gefunden und beim Betrachten kamen gleich noch mehr Ideen. Wenn du deine ersten Kreise gefüllt hast, sollte dein Selbstvertrauen schon um einige Prozentpunkte gestiegen sein.
Und ein Punkt, der nie vergessen werden darf, ist der Spaß an der Sache.
Finde etwas, was dir Spaß macht, und probiere dich aus.