Unternehmenskommunikation und PR konzipieren

Inhalt

Zum Geleit

Über rund 30 Jahre hinweg hat sich im Bereich der Konzeption von Kommunikationsmaßnahmen nichts Wesentliches getan. Wenn man ehrlich sein möchte, kann man sogar zurückgehen bis zu den zentralen Texten von Oeckl in den 1960er Jahren oder etwas früher in den USA zu Textbüchern wie „Effective Public Relations“ von Cutlip und Center (1952). Immer ist die Planung und Durchführung von Kommunikationsmaßnahmen an einem klassischen Managementkreislauf orientiert. Das ist auch im vorliegenden Buch nicht grundsätzlich anders. Doch in den letzten zwanzig Jahren haben wir vieles an neuen Informationen hinzugewonnen, was wichtig wäre für den Planungsprozess: über die Analyse des Organisationsumfeldes, Wirkungs- und Wertschöpfungsstufen von Kommunikation, Organisation im Kontakt mit Auftraggebern und Klienten, agiles Arbeiten im Team u.v.m.

Nanette Aimée Besson integriert diese neueren Diskurse in ihr Konzeptionsbuch immer dort, wo es für den Planungsprozess besonders hilfreich ist. Sie schaut aus der Perspektive der Konzeption auf diese Themen und verwebt sie zu einem neuen Ganzen, das nun alles enthält, was man dringend braucht, um erfolgreich Kommunikation zu planen. Damit bleibt der Band praxisorientiert und praxisnah, zugleich kann man ihn ohne große Vorkenntnisse nutzen, weil er in viele Diskussionen und Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte auf gut lesbarem Niveau einführt. Er ist aber auch umfassend und vernetzt die Diskurse um Führung und Kommunikation mit dem Konzeptionsgeschehen.

Natürlich merkt man dem Buch an, wo die Verfasserin klare Defizite früherer Konzeptionsbücher identifiziert hat, die sie schließen möchte – beispielsweise im Bereich der Evaluation und Erfolgsmessung von Kommunikation, der gern recht stiefmütterlich abgehandelt wird. Nicht so bei Nanette Besson: Hier wird der Leser sehr genau in Inhalts- und Medienresonanzanalysen eingeführt – bis hin zur Handhabung von Pivottabellen.

Damit hat der Band regelrechten Kompendiumcharakter: Er führt ein, legt Grundlagen und schafft Zugänge, er weitet den Blick auf kommunikationswissenschaftliche Grundlagen, die man zum Konzeptionieren braucht und gibt dem Leser viele hilfreiche Tools an die Hand, mit denen er die Entwicklung von Kommunikationskonzepten auf allen Stufen selbst realisieren kann. Die vielen hilfreichen Grafiken und Tabellen, die sich die Autorin ausgedacht hat, unterstützen das Verständnis dabei und geben dem Leser stete Orientierung.

Dass Nanette Aimée Besson die Idee zu diesem Band aus einem gemeinsamen Seminar im Studiengang Onlinekommunikation (BSc) bei uns an der Hochschule Darmstadt gefasst hat, freut mich besonders. Man erkennt viele der Fragen und Diskussionen wieder, die wir mit Studierenden geführt haben und die hier als Erfahrungshintergrund ebenso eingeflossen sind wie die Erkenntnisse aus hunderten Seminaren und Trainings, die die Verfasserin geleitet hat.

Ich wünsche dem Band in den kommenden Jahren weite Verbreitung in der Hochschullehre, Erwachsenenbildung und Weiterqualifizierung. Und ich nutze meinen Heimvorteil als einer der ersten Leser und fange damit gleich im nächsten Semester an!

 

Prof.Dr.Lars Rademacher (Hochschule Darmstadt)

Vorwort

Unter der Sonne Italiens begann ich mit diesem Buch. Nach intensiven ersten Jahren der Hochschullehre hatten sich so viele Eindrücke, Ideen und Erlebnisse angesammelt, dass es mir sehr leichtfiel, alles aufzuschreiben.

Meine ersten Konzeptionserfahrungen machte ich anno 1996 im Rahmen des DIPR-Nachwuchsstipendiums. Sie waren geprägt von Marie-Therese Junkers, einer inspirierenden Mentorin in Sachen Systematik, Metaplantechnik und zielgerichteter Gruppenarbeit. Ich habe zu ihr und einigen Gruppenmitgliedern dieses Intensivseminars immer noch Kontakt.

Seit 2018 führe ich selbst Konzeptionsseminare durch und erlebe die Intensität der kreativen und konstruktiven Zusammenarbeit von der Seite der Lehrkraft aus. Die Studierenden der Marketingkommunikation der IBA Heidelberg und Darmstadt entwickelten innovative und methodenbasierte Konzepte für verschiedene Unternehmen der Pharmabranche. Die Präsentation vor den Unternehmensvertretern war dabei immer der Höhepunkt des gemeinsamen Erlebnisses – auch wenn es dabei noch nicht um echte Budgets ging. Die Zusammenarbeit mit Lars Rademacher in seiner Lernagentur an der Hochschule Darmstadt inspirierte mich zu neuen Aspekten, die bei der Konzeption zu beachten sind. Dabei geht es um Prozessmanagement, um die Durchsetzung eigener Ideen und manchmal auch um die kreative Pause zum Meditieren. Die PR-Theorien im Masterstudiengang an der HMKW inspirierten mich u.a. zu einem systemtheoretischen Zugang zur Zielgruppenbestimmung. Auf diese Weise gewinnt die Konzeptionstechnik immer neue Aspekte dazu.

Mittlerweile gehört die Konzeptionstechnik zum Standardlernprogramm von Studierenden der PR und der Unternehmenskommunikation. Sie erarbeiten Kommunikationsprogramme auf der Basis von empirischen Methoden und strukturierter Planung. Dies stellt einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Professionalisierung des Fachbereichs dar. Der Impact einer so intensiven Gruppenarbeit kann zudem lebenslange Freundschaften und unvergessliche Erlebnisse hervorbringen – ein (rein wertorientierter) nicht zu unterschätzender Faktor bei der Wahl des Berufes.

 

Ich danke allen, die mich zu diesem Buch inspiriert haben!

 

Nanette Besson

Diversität und Toleranz sind meine Leitbilder. Gendertechnisch schreibe ich flexibel abwechselnd in weiblicher oder männlicher Form. Ich meine immer alle Menschen ohne Bevorzugung oder Diskriminierung.

 

Nanette Besson

1 Problemfeld und Übersicht

Unternehmenskommunikation umfasst die bewusste Kommunikation nach innen und außen. PR stellt einen wesentlichen Teilbereich davon dar, der an sämtliche Stakeholder kommuniziert. Die klassische Marketingkommunikation richtet sich an Kunden, Mitarbeiter und Shareholder – auch wenn in den letzten Jahren eine Öffnung zu wertorientiertem Denken und Handeln stattgefunden hat. Das strategische Handeln ist für alle Kommunikationsformen essenziell, damit keine Ressourcen verschwendet werden und die Prozesse überwacht werden. Die Konzeptionstechnik, wie sie in diesem Buch entwickelt wird, stammt von den Klassikern der PR-Literatur ab und führt sie für die gesamte Unternehmenskommunikation fort. Dabei gilt das Vorgehen nicht nur für Wirtschaftsunternehmen, sondern ebenso für Organisationen und ihre Kommunikation.

Unternehmenskommunikation ist strategisch zu planen – auch wenn in der Praxis oft operative und reaktive Maßnahmen und Handlungen den Alltag bestimmen. Die Umsetzung von theoretischen Ideen und Modellen in den praktischen Alltag stellt eine stete Herausforderung dar. Der Zwiespalt zwischen Wissenschaft und Praxis ist kaum irgendwo so spannungsreich wie in der Kommunikation – gerade deswegen, weil „jeder Mensch kommunizieren kann“. Die Anerkennung als Fachbereich und Fachkompetenz ist eng damit verbunden, dass die Theorie den Bezug zur Praxis herstellt und aufrechterhält. Auf diese Weise profitiert sowohl die Praxis von effizienteren Prozessen als auch die Wissenschaft von höherer Relevanz ihrer Erkenntnisse. Die Planung, Steuerung und Evaluation von Unternehmenskommunikation stellen eine Fülle von Modellen und Techniken für die Praxis zur Verfügung.

Dieses Lehrbuch möchte die Verbindung von strategischem Arbeiten, datenbasiertem Recherchieren und kreativem, innovativem Denken herstellen. Dafür werden interdisziplinäre Ansätze und Theorien dargestellt, die in der Soziologie, der Betriebswirtschaftslehre, der Psychologie, der Werbung und anderen Bereichen erfolgreich eingesetzt werden. Zusammen ermöglichen sie eine kreative, datenbasierte Unternehmenskommunikation, die strategisch gesteuert ihre Ziele verfolgt und evaluiert. Digitale und analoge Tools helfen bei der effizienten und kreativen Systematisierung von Erkenntnissen. Psychologische und managementbasierte Ansätze helfen bei der Zusammenarbeit, Organisation und Präsentation der Ergebnisse.

Der Aufbau des Buches richtet sich nach der strategischen Herangehensweise: Nach einem Überblick zu Sinn und Zweck von Konzepten wird zunächst das Briefing als „Startschuss“ für die Konzepterstellung dargestellt. Die Recherche ist anschließend systematisch anzugehen. Da die Recherche im Wesentlichen auf der Anwendung empirischer Methoden der Datenerhebung und -analyse basiert, werden diese im folgenden Kapitel einzeln dargestellt. Die Methoden und Instrumente kommen sowohl in der Recherche als auch in der Evaluation von Kommunikation zum Einsatz. Dabei sind die empirischen Methoden in diesem Zusammenhang stark auf die Praktikabilität und Relevanz für das Briefing und die Strategiefindung auszurichten.

Die Analyse bewertet alle gesammelten Daten und eröffnet die Strategiephase. Dabei ist zunächst herauszuarbeiten, welche Zielgruppen mit welchen Inhalten angesprochen werden. Die Festlegung der Kernmaßnahmen ist mit der Entscheidung für einen Kommunikationsbereich verbunden: Welche Kommunikationsdisziplin kommt zum Einsatz? Womit erreiche ich die Zielgruppe am besten? Im Anschluss an diese strukturellen und inhaltlichen Entscheidungen können Ziele definiert und Wertschöpfungsketten geknüpft werden. An dieser Stelle wird die Verbindung von übergeordneten Unternehmens- und Organisationszielen mit operativen Maßnahmenzielen hergestellt. Mit Hilfe dieser Kennzahlen und Kennwerte ist der Erfolg der Kampagne zu steuern. Die strategischen Aspekte Ziel, Zielgruppe, Kernmaßnahme und Botschaften erzeugen ein strategisches Netz, sie bedingen einander und sind stets auf ihre enge Verknüpfung zu prüfen.

Die Taktik beginnt den detaillierten Planungsteil mit Tools aus dem Projektmanagement. Sie wird durch die Festlegung der formativen und summativen Evaluation abgeschlossen. Evaluation wird strategisch und kontinuierlich konzipiert, damit die Effekte und Effizienz der Kampagne aufgezeigt werden können.

Die Aufbereitung aller Arbeitsergebnisse und die Vorbereitung der Präsentation der Konzeption stellen den Endspurt der Kampagnenplanung dar.

Die Zusammenarbeit im Team ist eine wichtige Metaebene des gesamten Projekts: Das Konzeptionsmanagement umfasst Aspekte wie Gruppendynamik, Arbeitsteilung, Kreativitätstechniken, Zeitmanagement und Kommunikation innerhalb der Gruppe. Nicht selten sind diese Themen zentrale Erfolgsfaktoren bzw. Störelemente bei der Zusammenarbeit.

Jedes Kapitel schließt mit einem kurzen Exkurs, in dem der jeweilige Aspekt lebensnah verdeutlicht wird. Dabei handelt es sich bewusst um Vergleiche aus unterschiedlichsten Lebensbereichen und nicht aus der beruflichen Welt der Unternehmenskommunikation. Eine Liste mit weiterführender Literatur rundet jedes Kapitel ab.

Die folgenden Methoden und Instrumente – das Handwerkszeug für eine strategisch geplante Kommunikation – werden in den kommenden Kapiteln erläutert:

2 Konzeptionstechnik

Lernziele | Das Lernziel dieses Kapitels ist es, zu verstehen, warum ein Konzept erstellt wird und wie. Nicht immer ist es nötig, einen vollumfänglichen, detaillierten Plan zu erstellen. Für die Entscheidung, welche Untersuchungstiefe angewendet werden soll, sind die Kenntnisse der Möglichkeiten notwendige Voraussetzung.

2.1 Elemente der Konzeptionstechnik

Definition | Konzeptionstechnik bezeichnet die Vorgehensweise der Planung von Unternehmenskommunikation, sie bietet das Handwerkszeug („Technik“), um kreative strategische Kampagnen zu entwerfen. Die Konzeptionstechnik stellt die Grundlage für strategisches Arbeiten in der Unternehmenskommunikation und PR dar. Dabei wird dieser Ansatz nicht nur auf Wirtschaftsunternehmen beschränkt, sondern gilt ebenso für Non-Profit- oder andere Organisationen. Der Einfachheit halber wird im Weiteren meist nur von Unternehmenskommunikation gesprochen.

Die KonzeptionstechnikKonzeptionstechnik ist ein Kernelement der Unternehmenskommunikation. Die strategische Planung ist überall dort notwendig, wo mit bewusster Kommunikation Probleme gelöst und Ziele erreicht werden sollen. Das kann sowohl den Bereich der internen Kommunikation als auch die externe Kommunikation betreffen. Die eingesetzten Instrumente sind irrelevant – seien es Marketinginstrumente, Werbung, Sponsoring oder Public Relations. Die Konzeption umfasst Analyse, Strategie und Taktik. Sie wird von strategischer Evaluation umrahmt, die Effektivität und Effizienz überwacht. Die Analyse baut auf einer fundierten, systematischen Recherche auf. Die Strategie gibt den generellen Leitfaden vor und die Taktik beinhaltet sämtliche Planungsdetails: Wer macht was wann mit welchen Mitteln und Zielen? So ist die Kommunikation auch im Zeitalter digitaler Transformation immer noch mit Hilfe der Lasswell-Formel von 1948 zu erklären und zu planen.

Die Evaluation der Kommunikation steht auf einer Metaebene: sie erfasst und bewertet die Konzepterstellung, sie überwacht die Durchführung und kontrolliert die Ergebnisse und Effekte. Die strategische Evaluation wird in einem eigenen Kapitel dargestellt, das ebenfalls einen Idealzustand zeichnet, den es für die Praxis zu einem realisierbaren, pragmatischen Evaluationsprogramm anzupassen gilt.

Die Präsentation der Konzeption ist wie das Servieren des Gerichts im Restaurant: Das Essen soll dem Kunden schmecken, ihn beeindrucken, überraschen, begeistern. Und im besten Falle einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ein gelungenes Reporting stellt die Arbeitsergebnisse dar. Der Pitch stellt das „Grand Finale“ dar, in dem der Kunde oder die Kundin begeistert werden soll. Die erfolgreiche Zusammenarbeit im Team ist ein maßgeblicher Erfolgsfaktor der Unternehmenskommunikation und wird daher in diesem Buch eigens abschließend thematisiert.

Abb. 1:

Aufbau der Konzeptionstechnik

2.2 KonzeptartenKonzept

Nicht jedes Kommunikationsvorhaben benötigt eine komplette, detaillierte Konzeption. Die Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Nutzen ist in der Unternehmenskommunikation stets zu beachten: Für die kurzfristige Überlegung zu einem abgegrenzten Vorhaben reicht sicherlich eine Projektskizze aus, während für die Festlegung einer Leitlinie ein Masterplan für Zeiträume zwischen einem und mehreren Jahren angebracht ist. Die umfassende, detaillierte Kampagnenkonzeption hingegen bietet sowohl das „große Ganze“ als auch die detaillierte Aufgabenverteilung in Form von professionellem, arbeitsteiligem Projektmanagement. Diese Detailplanung macht nur dann Sinn, wenn sie auch wirklich umzusetzen angestrebt wird. Ein Plan, der ungenutzt im Schreibtisch liegen bleibt, ist Ressourcenverschwendung. Der Zeithorizont sollte als erstes Kriterium festgelegt werden; anschließend die Tiefe der Detailplanung.

Eine Skizze ist die Darstellung des Vorhabens in groben Zügen – ohne eine fundierte Recherche und Analyse. Die Skizze verzichtet auf eine taktische Planung. Sie enthält die strategischen Entscheidungen wie die Zielgruppe, generelle Inhalte und grobe Maßnahmenorientierung. Messbare Ziele sind in einer Skizze nicht zu finden, da sie dafür in ihrer Darstellung zu grob bleibt. Eine Skizze kann für eine Maßnahme, ein Projekt, einen Zeitraum oder einen Themenbereich erstellt werden.

Ein Plan umfasst immer eine Strategie. Hier wird die Situation recherchiert und analysiert. Auf dieser Basis werden Ziele, Stakeholder, Kernmaßnahmen und Inhalte definiert. Ein Plan kann sowohl für eine einzelne Maßnahme, für ein in sich abgeschlossenes Projekt, einen Zeitraum oder einen Bereich definiert werden. Die taktische Planung ist ebenfalls Teil des Plans. In der Gesamtheit ist ein Plan aber nicht so umfassend wie eine komplette Kampagnenkonzeption.

Eine Konzeption stellt nach dieser Systematik das umfassendste Planungswerkzeug dar. Es durchläuft und dokumentiert alle drei Phasen und läuft meistens über einen längeren Zeitraum. In diesem Buch wird die Konzeptionstechnik in aller Detailtreue dargestellt. Dieses Maximalvorgehen ist in der Praxis nicht immer im Einsatz, es stellt eher ein Ideal dar, das dann für die praktische Situation in pragmatische Schritte herunterzubrechen ist.

Wissen | Arten von Konzepten

Skizze: grobe Ideenskizze ohne Details; strategisch weitreichendes Ziel

Plan: recherchebasierte Strategie; für ein abgeschlossenes Projekt, einen Zeitraum oder einen Bereich

Konzeption: fundierte Recherche und Analyse, Strategie und Taktikplanung; Integration verschiedener Instrumente und Kanäle

Konzepte bieten Orientierung. Sie schreiben das Vorhaben fest, so dass es durchdacht, gemeinsam abgesegnet und auf den Weg gebracht werden kann. Mit Hilfe eines Konzeptes kann Außenstehenden ein Vorhaben erklärt werden, z.B. Projektpartnern oder Geldgebern. Ein Konzept dient dem Briefing von Projektmitarbeitenden und stellt alle relevanten Informationen zur Verfügung. Das Konzept dokumentiert gleichzeitig das Vorgehen.

Trotz aller strategischen, planvollen Vorgehensweise bietet die Konzeptionstechnik auch Raum für Kreativität. Kreativtechniken werden im Prozess fest verankert, damit die Kommunikation nicht nur effizient, sondern auch innovativ und überraschend ist.

Nicht zuletzt bietet das Konzept dem Team ein gemeinsames „Statut“, eine Motivationsgrundlage für das erfolgreiche Zusammenarbeiten. Denn die Kommunikationsarbeit soll ja auch Spaß machen!

Aus dem Leben | Der Segeltörn

In Bildern gesprochen stellt das Konzept die Idee des Segeltörns dar. Je nachdem, ob eine mehrtägige Tour oder ein spontaner Nachmittagsausflug ansteht, wird diese Idee mehr oder weniger detailliert geplant. Wenn der Ausflug in weiter Zukunft liegt, ist es ausreichend, das Vorhaben zu skizzieren. Sobald es konkret wird, sind konkrete Listen z.B. für den Einkauf anzufertigen.

Die Beschreibung des Vorhabens erzeugt Vorfreude auf den Urlaub. Die Recherche beleuchtet die Auswahl des Bootes, des Fahrgrundes und der Besatzung. Die Strategie schreibt den Rahmen fest: Ziel, Route, Besatzung, Art der Fahrt (z.B. Entspannung oder Erlebnis). Die Taktik legt für jeden Bereich To-Dos fest und bereitet den reibungslosen Ablauf vor.

Die Evaluation geschieht z.B. durch den Austausch mit anderen Seglern, die die Planung mit Kommentaren bereichern. Die schönen Erinnerungen an die Fahrt stellen die Endevaluation dar. Es haben sich evtl. auch Freundschaften gebildet oder verändert.

Weiterführende Literatur

Bak, P. M. (2016). Erfolgreiche Kundenansprache nach Plan. Grundlagen zur Erstellung eines Kommunikationskonzeptes. Wiesbaden: Springer Verlag

Dörrbecker, K./Fissenewert-Gossmann, R. (2001). Wie Profis PR-Konzeptionen entwickeln. Das Buch zur Konzeptionstechnik. 4. Auflage. FAZ-Buch

Hansen, R./Bernoully, S. (2020). Um die Hecke gedacht. Frankfurt/M.: FAZ-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen

Hansen, R./Schmidt, S. (2013). Konzeptionspraxis: eine Einführung für PR- und Kommunikationsfachleute; mit einleuchtenden Betrachtungen über den Gartenzwerg. 6. Auflage. Frankfurt/M.: FAZ-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen

Hartleben, R. E. (2014). Kommunikationskonzeption und Briefing. Ein praktischer Leitfaden zum Erstellen zielgruppenspezifischer Konzepte. 3., wesentlich überarbeitete und erweiterte Auflage. Erlangen: Publicis Publishing

Leipziger, J.W. (2009). Konzepte entwickeln: Handfeste Anleitungen für bessere Kommunikation. 3. Auflage. Frankfurt am Main: Frankfurter Allgemeine Buch

Merten, K. (2013). Konzeption von Kommunikation. Theorie und Praxis des strategischen Kommunikationsmanagements. Wiesbaden: Springer VS Verlag

Pietzcker, D. (2016). Kampagnen führen. Potenziale professioneller Kommunikation im digitalen Zeitalter. Heidelberg: Springer Gabler

Ruisinger, D. (2016). Die digitale Kommunikationsstrategie. Praxisleitfaden für Unternehmen mit Case Studys und Expertenbeiträgen. Stuttgart: Schäffer Poeschel

Schmidbauer, K./Jorzik, O. (2017). Wirksame Kommunikation – mit Konzept: Ein Handbuch für Praxis und Studium. Potsdam: Talpa-Verlag

Schmidbauer, K./Knödler-Bunte, E. (2004). Das Kommunikationskonzept: Konzepte entwickeln und präsentieren. Potsdam: University Press UMC

Szyszka, P./Dürig, U.-M. (Hrsg.) (2008). Strategische Kommunikationsplanung. Konstanz: UVK

3 Das Briefing

Lernziele | Das Briefing ist ein kommunikativer Prozess. In diesem Kapitel wird erklärt, worauf beim Briefing zu achten ist: Welche psychologischen Hintergründe sind für die Gesprächsführung wichtig? Welche nonverbalen Aspekte bieten wertvolle Hinweise für das weitere Vorgehen? Auf welche inhaltlichen Bereiche ist im Briefing zu achten?

Die Voraussetzung für die Entwicklung einer Kommunikationskonzeption ist eine kommunikative Aufgabe, die gelöst werden soll. Das kann eine Veränderung sein oder der Wunsch nach einer Veränderung. Diese Veränderung kann durch eine Strukturänderung entstehen, durch ein neues Produkt, eine neue Dienstleistung oder durch eine inhaltliche Neuausrichtung. Es kann sich auch einfach um den Wunsch nach mehr Aufmerksamkeit und Bekanntheit handeln. Mögliche Ziele einer kommunikativen Kampagne werden im Kapitel 5.3 ausführlich dargestellt.

Definition | Eine Kampagne ist ein in sich abgeschlossenes Kommunikationsprojekt mit individuellen Zielen. Sie ist in die Gesamtkommunikation des Unternehmens oder der Organisation zu integrieren.

Das BriefingBriefing erfolgt durch den Auftraggeber oder seinen Beauftragten. Eine klassische Situation ist das Briefing des Agenturteams durch den Vertreter der Unternehmenskommunikation. Ein Briefing kann aber auch intern im Unternehmen stattfinden. Dann handelt es sich um einen internen Auftraggeber. Wenn ein internes Team eigenständig ein Kommunikationskonzept entwickelt, kann der Vorgesetzte bzw. die Geschäftsleitung als Auftraggeber betrachtet werden.

Da Kommunikation im Unternehmen immer einem Zweck verpflichtet ist – im Wesentlichen dem Unternehmenserfolg – wird sie für die Leitung oder die Besitzer und zum Zwecke der Wertschöpfung des Unternehmens betrieben. Dabei können die WerteWerte einer Organisation auch nicht-monetär sein und zum Beispiel Verhalten oder Entscheidungen beinhalten

3.1 Briefinginhalte

Das Briefing liefert im besten Falle alle relevanten Informationen zum Unternehmen und zur Kommunikationsproblematik. Die Veränderung, die kommunikativ zu begleiten oder herbeizuführen ist, wird beschrieben. Das Briefing ist fremdbestimmt, da es vom Auftraggeber kommt. Ein ideales Briefing stellt zunächst das Unternehmen mit seinen Besonderheiten dar und geht dann auf die kommunikative Situation ein. Der Anlass des Briefings, z.B. das neue Produkt oder die Details der Umstrukturierung, ist Kernbestandteil des Briefings. Anschließend wird eventuell noch auf spezifische Eigenschaften der Umgebung eingegangen: In welcher Wettbewerbssituation befindet sich das Unternehmen? Mit welchen Stakeholdergruppen arbeitet das Unternehmen zusammen? Welche Themen sind für das Unternehmen wichtig oder relevant? Das Gespräch mit dem Unternehmensvertreter bietet Einblick, welche Aspekte besonders wichtig sind, welche Themen kritisch bewertet werden und wie die Abläufe und die (interne oder externe) Darstellung des Unternehmens bisher verläuft.

Das BriefingBriefing verläuft meist im Vortragsstil. Im Anschluss an diesen Vortrag können Fragen gestellt werden. Dafür kann eine Vorlage genutzt werden, die die verschiedenen Bereiche der Informationen darstellt und Raum für Notizen lässt. Eine Systematisierung für diese Bereiche bietet die Unterteilung, die im folgenden Kapitel zur Recherche vorgestellt wird.

Abb. 2:

Aspekte des Briefings

3.2 Briefinginhalte nachbereiten

Nach dem BriefingBriefing ist es wichtig, alle Informationen zusammenzutragen und dem Kunden ein Feedback zu geben, das darstellt, wie die Situation verstanden wurde.

Das Zusammentragen geschieht am besten gemeinsam, im gesamten „Auftragnehmer“-Team. Für solche Sammlungen bieten sich interaktive Methoden an: Mit Hilfe von Metaplankarten kann z.B. jeder Einzelne zunächst die wichtigsten drei (oder fünf) Aspekte des Briefings aufschreiben und an die Wand kleben. Hier sind selbstklebende Metaplankarten bzw. „Riesen-Post-its“ eine praktische Möglichkeit, an jeder Wand einen Metaplan zu entwickeln. Die Karten werden zunächst unsortiert an die Wand geklebt, bevor sie dann sortiert werden: gleiche oder ähnliche Karten werden übereinandergeklebt. Dabei fällt schnell auf, welche Aspekte von allen Teilnehmern des Briefings gleichermaßen für wichtig gehalten werden. Es wird ersichtlich, welche Aspekte deutlich hervorstechen. Dabei kann es sich um Aspekte der Situation oder des Ziels oder der Maßnahmen handeln – alles ist erlaubt. Es geht darum, sichtbar zu machen, welches die dominantesten Kriterien des Briefings waren. Es können auch digitale Tools zum Brainstorming genutzt werden, die aufgrund der eingegebenen Begriffe Wortwolken oder Mindmaps erstellen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Weiterverwendung der Daten möglich ist, sei es in Form eines Downloads oder ausreichender integrierter Bearbeitungsmöglichkeiten.

Nach dieser ersten Sichtbarmachung werden alle weiteren Informationen ergänzt. Dafür bietet sich ein digitales Erfassen mit Beamerprojektion an, damit die Inhalte für alle sichtbar direkt digital erfasst werden. Die Metaplanergebnisse sind ebenfalls digital zu erfassen und darzustellen. Kollaborative Tools wie z.B. Trello bieten die Möglichkeit, Projekte zu erfassen. Mit Hilfe von Google-Docs kann ebenfalls der gemeinsame Zugriff auf ein Dokument, sei es eine Tabellenkalkulation, Präsentation, Bild oder Textdatei vereinfacht werden.

Wenn die Inhalte, die in der Präsentation vermittelt wurden, alle erfasst und dokumentiert sind, geht es im nächsten Schritt um die Informationen, die nicht verbal in der Präsentation mitgeteilt wurden: die nonverbale Kommunikation.

3.3 Kommunikation verstehennonverbale Kommunikation

Kommunikation ist eine komplizierte Angelegenheit. Es gibt verbale und nonverbale Aspekte, es gibt Inhalts- und Beziehungsaspekte, Aufforderung und Selbstkundgabe. Friedemann Schulz von Thun hat in seinem Kommunikationsmodell „Vier-Ohren“ die klassischen Thesen von Watzlawick, Lasswell, Maletzke und anderen Fachmenschen zusammengetragen und kombiniert. Das Schulz-von-Thun-Modell bringt diese Aspekte der zwischenmenschlichen Kommunikation mit den Bildern der vier Ohren und vier Schnäbeln anschaulich auf den Punkt. Missverständnisse in der Kommunikation können an jedem der Berührungspunkte vorfallen.

Beispiel | Der 60-jährige Vereinsvorsitzende für Bürgerengagement sagt: „Wir müssen in die sozialen Medien. Die jungen Leute von heute interessieren sich doch gar nicht für Politik.“

Analyse: Der Vorsitzende gibt preis, dass er älter ist als die Zielgruppe, die er ansprechen möchte. Inhaltlich gibt es eine klare Ansage: Er möchte in die sozialen Medien. Beziehungstechnisch scheint es, dass er zwar junge Leute ansprechen möchte, aber Zweifel an deren Interesse hat. Der Appell dieser Aussage geht an die Agentur, die etwas „tun soll“, damit junge Leute vom Verein in den sozialen Medien erreicht und interessiert werden.

Theoretisch könnte ein Zuhörer diese vier Ebenen alle unterschiedlich verstehen: Eine 23-jährige Agenturmitarbeiterin versteht beispielsweise, dass der Referent junge Leute nicht mag und deswegen auf sozialen Netzwerken andere Menschen erreichen möchte. Sie empfindet den Mann als arrogant und hat das Gefühl, er möchte von der Agentur nur Selbstbestätigung bekommen.

Beim Betrachten der möglichen Konfliktpunkte erscheint es eher ein Glücksfall, dass der Empfänger wirklich genau das aufnimmt, was der Sender ihm oder ihr mitteilen wollte.

Abb. 3:

Kommunikationsmodell (eigene DarstellungKommunikationsmodell nach Schulz von Thun 2019)

Jeder Aussage schwingt eine weitere Bedeutung mit: sie kann bestärkend oder abschwächend wirken. Über diese Faktoren sollte im Team gesprochen und diskutiert werden: Was hat uns der Referent beim Briefing nonverbal zu verstehen gegeben?

Es ist also wichtig, sich die Briefingsituation noch einmal genau anzuschauen und zu analysieren. Sprechpausen, Mimik und Gestik sind zu interpretieren. Körperhaltung und die Bewegung im Raum geben Aufschluss darüber, wie der oder die Briefende über das Gesagte denkt und wie er oder sie sich fühlt. Gibt es z.B. schwierige Bereiche im Unternehmen oder eine generelle Haltung zu neuen Technologien oder bestimmten Medien? Vielleicht verriet die Präsentation bereits etwas darüber, welche sensiblen Themen es im Unternehmen gibt oder welche Person bei Entscheidungen besonders wichtig ist und vor allem, wie diese Person „tickt“. Das kann z.B. ein Geschäftsführer sein, der sehr unvorhersehbare, emotionale Entscheidungen trifft.

Alle Hinweise, die dem Team Hinweise geben, in welche Richtung die Kommunikationskonzeption gehen sollte oder welche Richtungen gemieden werden sollten, werden gesammelt und dokumentiert. Diese Inhalte werden jedoch dem Auftraggeber nicht zurückgespiegelt, da sie eher als „interne“ Informationen für das Kommunikationsteam dienen. Es sei denn, sie werden diplomatisch verpackt und als konstruktives oder positives Feedback mit Feingefühl angebracht.

3.4 Re-Briefing beim Kunden

Nach der intensiven Nachbesprechung und Aufbereitung der Briefingergebnisse wird dem Auftraggeber oder der Auftraggeberin das Verstandene „gespiegelt“, um sicherzugehen, dass die Aufgabe richtig verstanden wurde. Das Feedback zum Briefing geben ein oder zwei Vertreter der Agentur bzw. der Auftragnehmer. Dafür ist eine gute Gesprächsstimmung anzustreben, mit ausreichend Zeit und der Möglichkeit, die Reaktionen des Gegenübers wahrzunehmen. Im besten Fall findet ein kurzes persönliches Treffen statt. Dabei geht es darum, Missverständnisse zu klären und eventuelle Nachfragen zu stellen.

Feedback sollte immer möglichst wertfrei gegeben werden, ohne persönlich zu werden. Die Beziehung zur Auftraggeberseite stellt ein wichtiges Element bei der potenziellen, zukünftigen Zusammenarbeit dar.

Aus dem Leben | Die Paartherapie

Wenn zwei Menschen eine Beziehung miteinander haben, kann es manchmal zu Schwierigkeiten kommen. Unter Umständen erlebt eine Partnerin einen Wandel der eigenen Prioritäten – ein neuer Wunsch kommt auf und die Situation in der Partnerschaft erscheint plötzlich beklemmend und einengend. Der Mensch, mit dem sie zusammen ist, wundert sich, warum sie plötzlich so wortkarg ist und immer gleich genervt reagiert, wenn sie angesprochen wird. Um dieser Situation konstruktiv zu begegnen, ist es hilfreich, einander die Situation in einer strukturierten Form zu erklären. Ein Gespräch, wie es in einer Paartherapie moderiert wird, sorgt dafür, dass beide Standpunkte dargestellt werden und sichergestellt wird, dass das Gegenüber das Gesagte hört und versteht. Im besten Fall erklärt die Partnerin ihre neuen Bedürfnisse und ihr Gegenüber nimmt diese Neuigkeiten positiv auf und bestärkt sie in der Suche nach einer neuen Ausrichtung der eigenen Bedürfnisse. Die Frau bekommt ihr Anliegen vom Gegenüber gespiegelt und erhält ein Gefühl dafür, verstanden zu werden. Es kann gemeinsam nach konkreten Lösungen und Wegen gesucht werden.

Im Prinzip verläuft ein Briefing-Gespräch ähnlich wie eine Paartherapie: Eine Partei hat ein Problem und möchte es der anderen Partei erklären und dann gemeinsam zu einer Lösung kommen. Die Authentizität und Offenheit der Gesprächspartner ermöglichen es, den Bedürfnissen beider Seiten optimal gerecht zu werden.

Weiterführende Literatur

Bak, P. M. (2014). Werbe- und Konsumentenpsychologie. Eine Einführung. Stuttgart: Schaeffer-Poeschel

Röhner, J./Schütz, A. (2016). Psychologie der Kommunikation (2. Auflage). Springer-Verlag

Schulz von Thun, F./Hars, V./Walter, L./Barghaan, D./Poenisch, M./Adlung, U./Flöter, A. (2019). Miteinander reden 1–4 (Faltschachtel): Störungen und Klärungen/Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung/Das „Innere Team“ und situationsgerechte Kommunikation/Fragen und Antworten. Reinbek: Rowohlt Taschenbuch

von Kanitz, A./Mentzel, W. (2012). Gesprächsführung. Freiburg: Haufe

von Kanitz, A. (2015). Feedbackgespräche. Freiburg: Haufe

4 Die Recherche

Lernziele | Dieses Kapitel gibt eine Anleitung, wie die Situation und Aufgabe systematisch durch Recherche untersucht werden. Dabei geht es um die inhaltliche und methodische Herangehensweise. Das wichtigste Kriterium ist die Effizienz des Einsatzes von Zeit, Geld und Personal.

Die Recherche ist der Abschnitt der Konzeptionstechnik, der meist vernachlässigt oder gar übersprungen wird. In der Praxis besteht die Tendenz, direkt nach dem Briefing in die kreative Maßnahmenplanung zu wechseln. Es ist verlockend, nach der Fülle von Informationen und Eindrücken die Kampagnenplanung direkt zu beginnen. Der Unterschied zwischen einer spontanen Skizze und einem fundierten Konzept liegt allerdings genau dort: in der Recherche. Die Recherche soll eine fundierte Suche nach Informationen sein, die abschließend eine ausgewogene Bewertung der Gesamtsituation zulässt.

Für die Recherche ist zunächst ein inhaltlicher und organisatorischer Plan zu erstellen: Welche Bereiche und Themen sind von Interesse? Wie können dazu Informationen gesammelt oder erhoben werden? Die Recherchekreise weisen den inhaltlichen Weg für die Recherche. Diese kann primär oder sekundär geschehen.

Die Methoden der primären, selbst erhobenen Recherchedaten werden ausführlich dargestellt, da diese Methoden und Instrumente sowohl für die Recherche als auch für die Evaluation (Kapitel 9) relevant sind. Befragungen oder Inhaltsanalysen können auch selbst als Kommunikationsinstrument verwendet werden. Eine Mitarbeiterbefragung ist zum Beispiel ein Instrument, das Interesse für die Belange der Belegschaft kommuniziert und damit bereits WerteWerte vermittelt. Die Kenntnis von anwendungsorientierter empirischer Datenerhebung und -analyse ist für Kommunikationsfachmenschen immer von Vorteil.

Die Quellen sekundärer Recherche werden im Anschluss ebenfalls dargestellt, bevor der Abschluss des Themenbereichs Recherche zur Analyse hinleitet. Diese Quellen unterliegen einem stetigen Wandel, da neue Datenbanken entstehen, neue Portale oder auch neue Tools entwickelt werden, die genutzt werden können.

4.1 Recherchekreise

Die Recherche sollte inhaltlich vom Spezifischen zum Allgemeinen verlaufen. In Kreisen dargestellt beginnt die Recherche intern und untersucht das Unternehmen. Der zweite Recherchekreis erweitert den Blickwinkel auf die Stakeholder des Unternehmens. Es geht um die engsten und weitesten Bezugsgruppen, die für das Unternehmen relevant sind. Der dritte Kreis beschäftigt sich mit dem thematischen Umfeld der Kampagne. Der äußere Kreis richtet den Blick auf die großen, gesellschaftlichen Zusammenhänge und Trends.

Abb. 4:

RecherchekreiseRecherchekreise

Die interne Recherche

Die interne Recherche möchte alle Informationen zum Unternehmen zusammentragen. Dabei geht es um die Firmengeschichte, ihre Zusammensetzung und Rechtsform, ihren Standort bzw. ihre Standorte und um alles, was das Unternehmen ausmacht. Die Art der Unternehmensführung und die Traditionen und Werte innerhalb der Firma können eine wichtige Rolle bei der Planung von Unternehmenskommunikation spielen. Interessant sind auch die kritischen Themenbereiche, Konflikte und Schwächen des Unternehmens. Außerdem ist es gut zu wissen, wie die formellen und informellen Kanäle im Unternehmen verlaufen: Wie sind die Strukturen im Organigramm vorgesehen, wie nehmen Neuigkeiten im Unternehmen ihren informellen Lauf? Das Organigramm bietet wichtige Informationen zur offiziellen Struktur. Ein Soziogramm kann erstellt werden und dann die informellen Wege und Netzwerke darstellen (mehr dazu in Kapitel  5.3.6 ).

Abb. 5:

Die interne Recherche

Der Nahbereich

Der zweite Recherchekreis untersucht den Nahbereich. Der Nahbereich des Unternehmens umfasst alle Stakeholdergruppen. Dabei geht es nicht nur um Mitarbeiter und Kunden, sondern um alle Menschen, die für das Unternehmen intern oder extern wichtig sind. Das können also auch Menschen sein, die das Grundstück nebenan besitzen oder die im Gemeinderat über Firmenexpansionen mitentscheiden. Stakeholder sind alle Bezugsgruppen, die für das Unternehmen eine Rolle spielen oder spielen könnten. Diese gilt es zu identifizieren und kennenzulernen. Das bedeutet, dass zunächst Gruppierungen zu definieren sind.

Eine Gruppe wird durch gemeinsame Interessen oder Eigenschaften definiert. Das können soziodemographische Eigenschaften sein, es können gemeinsame Werte oder Interessen sein. Solche Gruppen können durch Befragungen von Mitarbeitern erkannt werden, z.B. Vertriebsmitarbeiter, die genau wissen, mit was für Vertriebspartnern das Unternehmen zu tun hat. Oder die Menschen am Empfang oder vom Besucherservice, die darüber Auskunft geben können, was für Menschen aus der allgemeinen Bevölkerung sich für das Unternehmen interessieren.

Wenn die Stakeholdergruppen erkannt und beschrieben wurden, kann die Recherche diese intensiv beleuchten. Je wichtiger die Gruppe, umso mehr Informationen sollten über sie in Erfahrung gebracht werden. Das beginnt vom speziellen Verhalten bezüglich Informationssuche, Medienverhalten, Ausdrucks- und Kommunikationsverhalten über Vorlieben im Bereich Konsum, Freizeit, Arbeit. Meinungsforschungsunternehmen (z.B. das Institut für Demoskopie Allensbach oder die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse) erheben standardmäßig detaillierte Informationen zu Familie, Freizeit und Beruf, zu Werten und Meinungen und zur Lebensführung. Dort sind auch digitale Zugänge möglich, um genaue Profile von Stakeholdern zu erstellen.

Manche Stakeholder werden im Zusammenhang mit der geplanten Kampagne zur anvisierten Zielgruppe. Dafür sind detaillierte Informationen wertvoll, um anschließend Persönlichkeitsprofile wie „Personas“ zu entwickeln. Diese helfen später bei der Planung der passenden Inhalte und Maßnahmen. Die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen wird in Kapitel 7.1 erläutert.

Abb. 6:

Der Nahbereich der Recherche

Das thematische Umfeld

Der dritte Recherchekreis geht auf die Themen im Zusammenhang mit dem Unternehmen ein. Ausgehend vom Thema des Auftrags, wie er im Briefing formuliert wurde, sind hier auch Themen von Interesse, mit denen das Unternehmen in anderen Beziehungen in Berührung kommt. Das kann ein historisches Thema sein (z.B. Zwangsarbeitervergangenheit im Zweiten Weltkrieg) oder ein aktuelles Thema (z.B. Umweltverträglichkeit von aktuellen Produkten). Ein saisonales Thema kann von Interesse sein (z.B. Sommertrockenheit und deren Auswirkung auf die Weinernte) oder aber auch ein allgemein gesellschaftliches Thema, mit dem das Unternehmen bisher in der ÖffentlichkeitÖffentlichkeit noch nicht in Verbindung gebracht wurde, das jedoch durchaus Verbindungen aufweist. Aus Themen können in der Unternehmenskommunikation Geschichten geschrieben werden. Sie bieten die Inhalte, mit denen die Aufmerksamkeit der Zielgruppe erregt und gebunden werden kann. Daher ist es bei der Themenrecherche von Vorteil, wenn nicht nur im Altbekannten recherchiert wird, sondern auch „über den Zaun“ geschaut wird und eventuell auch ein Transfer von völlig anderen Bereichen gewagt wird. Um diese kreative Öffnung für neue Themen zu erleichtern, bieten sich Kreativmethoden an, die im Team durchgespielt werden. Kapitel 12.3 geht auf Kreativitätstechniken ein, die in verschiedenen Abschnitten der Konzeptionstechnik zum Einsatz gebracht werden können.

Eine weitere Vorgehensweise, um Themen zu identifizieren, ist, zu untersuchen, welche Themen von Wettbewerbern oder Partnern des Unternehmens besetzt werden. Wie werden die Themen genutzt? Wie ist die gesellschaftliche Relevanz einzuschätzen und wie fällt die allgemeine Bewertung des Themas aus? Welche weiteren Akteure bewegen sich auf dem „Meinungsmarkt“ zu dem Thema?

Wenn Themen identifiziert wurden, dann geht es darum, zu erfahren, wie das Thema in der Öffentlichkeit bewertet wird und wie damit umgegangen wird. Vielleicht können auch schon Meinungsbildner identifiziert werden, die dem Thema bereits ein „Gesicht“ geben und die eventuell als Testimonial oder Influencer für die Kampagne zu nutzen wären.

Diese Themenbeobachtung und -analyse wird auch unter dem Fachbegriff Issues-Monitoring und -Management thematisiert. Im besten Fall wird dies kontinuierlich im Unternehmen betrieben, damit immer ein „Frühwarnsystem“ besteht, das auf relevante Themen hinweist. Dies dient auch dazu, frühzeitig Risiken und Krisenpotenziale zu erkennen, auf die dann präventiv reagiert werden kann. Mehr zum Issues-Monitoring im Kapitel 9.2.6.

Abb. 7:

Der Themenkreis in der Recherche

Das gesellschaftliche Umfeld

Das gesellschaftliche Umfeld stellt den äußersten Recherchekreis dar. Dieser untersucht allgemeine, gesellschaftliche Trends und die öffentliche Meinungöffentliche Meinung

WerteNormenNormen

Abb. 8:

Das gesellschaftliche Umfeld