Autor: Nach Edmond de Goncourt

Redaktion der deutschen Ausgabe: Klaus H. Carl

 

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ISBN: 978-1-78310-674-5

Nach Edmond de Goncourt

 

 

 

Hokusai

 

 

 

 

 

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Der Fuji in Blau, Auszug aus der Serie Die Sechsunddreißig
Ansichten des Berges Fuji (Fugaku Sanjūrokkei), um 1830-1832.

Ōban horizontal, aizuri-e, 25,5 x 35,5 cm.

Musée national des Arts asiatiques – Guimet, Paris.

Inhalt

 

 

Vorwort

I. Leben

II. Surimonos, Gelbe Bücher und Illustrierte Romane

1. Surimonos

Sammlungen

2. Gelbe Bücher

3. Illustrierte Romane

III. Manga und Zeichenbücher

1. Manga

2. Zeichenbücher

3. Zeichenbücher in Farbe

IV. Gedichtbände, Holzschnitte, Drucke und andere Werke

1. Poesiealben kyōka mit Farbtafeln

2. Zeichenalben

3. Einzelne Blätter (Abdrucke)

4. Kakemono und Makimono

Kakemono

Makimono

5. Fächer, Stellschirme, Paravents

Fächer

Stellschirme

Paravents

6. Skizzenbücher

7. Shunga (Frühlingsbilder)

8. Andere von Hokusai illustrierte Werke

9. Verschiedene Werke mit Zeichnungen von Hokusai

Bibliografie

Glossar

Liste der Abbildungen

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Sieben Glücksgötter, 1810. Tusche,

Farbe und Gold auf Seide, 67,5 x 82,5 cm.

Museo dArte Orientale Edoardo Chiossone, Genua.

 

 

Vorwort

 

 

Schon vor langer Zeit hatte Hokusais Talent Länder und Meere überquert und war so nach Europa gelangt. Doch trotz seiner Originalität, seiner Vielfalt und seines Reichtums blieb sein Werk einem größeren Publikum bis heute unbekannt. Und auch in der Heimat des Künstlers, in der er sich stets einer großen Beliebtheit erfreute, feierten die Akademie und die gebildete Oberschicht seine Arbeit nie mit derselben Begeisterung wie das japanische Volk. Hatte man ihm zu Lebzeiten nicht sogar vorgeworfen, nur eine „vulgäre Malerei“ zuwege zu bringen? Und das, obwohl es bisher nur wenigen Künstlern gelungen war, in dieser Art und Weise aus den technischen und methodischen Möglichkeiten der Zeichenkunst zu schöpfen, wie er es tat? Welcher Künstler konnte sich schon damit rühmen, eine Zeichnung mit den Fingernägeln, den Füßen oder der linken Hand (er war Rechtshänder) anfertigen zu können? Und wer war in der Lage, mit einer solchen Meisterschaft ein Bild verkehrt herum zu zeichnen, so dass der Betrachter den Eindruck hatte, die Zeichnung sei auf ganz konventionelle Weise entstanden?

Hokusai illustrierte mehr als 120 Werke, darunter das Suiko-Gaden, das für sich allein bereits 90 Bände umfasst. Darüber hinaus wirkte er an etwa dreißig weiteren Bänden mit: die gelben Bücher, bei denen es sich in erster Linie um populäre Literatur handelte, morgen- und abendländische Promenaden und Ansichten berühmter Stätten, praktische Handbücher für Dekorateure und Handwerker, das Leben des Shakyamuni, eine Eroberung Koreas, Erzählungen, Legenden, Romane, Biographien von Helden und Heldinnen, die sechsunddreißig und hundert Dichter, Liedersammlungen und zahlreiche Vogel- und Pflanzenalben, Modezeichnungen, Lehrbücher, Moralgeschichten, Anekdoten und Bücher voller Illustrationen, die frei erfunden oder nach der Natur gezeichnet waren.

Hokusai ließ nichts unversucht oder unvollendet. Er war vielseitig, weitschweifig und erfinderisch. Zeichnung um Zeichnung, Druck um Druck, gewährte er einen faszinierenden Einblick in das Leben, die Arbeit und das Vergnügen seiner Landsleute. Er malte die Menschen der Straße, des Landes und der Meere. Er berührte und verängstigte mit seinen unheimlichen Erscheinungen und Fantasiegestalten, er öffnete verschlossene Pforten, hinter denen sich schimmernde Kurtisanen verbargen und präsentierte ihre Seide, ihre Stickereien und ihre breiten Gürtelknoten um Brust und Bauch.

Um die Kunst eines fernen Volkes zu verstehen, das sich in vielerlei Hinsicht von dem unsrigen unterscheidet, reicht es nicht aus, mehr oder weniger gut seine Sprache zu beherrschen. Man muss in seine Seele eindringen, seinen Geschmack kennen lernen und sich zum aufmerksamen Schüler dieser Seele und dieses Geschmacks machen, denn diese bringen die Liebe und sinnliche Hingabe zum Ausdruck, die die Künstler bei der Darstellung ihrer Heimat empfanden. Sie verehrten ihre Klarheit und Schönheit und bemühten sich, das Leben ihrer Heimat mit dem Herzen wiederzugeben. Tiefe Zuneigung und unermüdliche Arbeit sind also die Merkmale dieser besonderen Kunst, deren Hauptvertreter Hokusai war.

 

– Léon Hennique

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Blaue Kongō (Seimen Kongō), 1780-1790.

Nishiki-e, 37,3 x 13,7 cm. Honolulu Academy of Arts,

Schenkung von James A. Michener, Honolulu.

 

 

I. Leben

 

 

Hokusai wurde 1760 (nach einigen Quellen im Oktober oder November, nach anderen Quellen im März) geboren. Er kam in Edo zur Welt, im Viertel Honjô, ganz in der Nähe des Flusses Sumida und der ländlichen Außenbezirke. Das Viertel lag dem Maler sehr am Herzen, sodass er seine Zeichnungen eine Zeit lang sogar mit: „der Bauer von Katsushika“ signierte, wobei Katsushika der Distrikt der Provinz ist, in der sich das Viertel Honjô befindet. Im Testament seiner Enkelin Shiraï Tati steht, dass er der unter dem Namen Bunsei als Künstler in einem unbekannten Gewerbe tätige dritte Sohn von Kawamura Itiroyemon war. Im Alter von vier Jahren wurde Hokusai, dessen erster Name Tokitaro lautete, von Nakajima Isse adoptiert, einem Spiegelfabrikanten, der für dieFürstenfamilie von Tokugawa arbeitete.

Noch im Kindesalter wurde Hokusai als Gehilfe bei einem großen Buchhändler in Edo angestellt, wo er seine Arbeit derart faul und nachlässig verrichtete und stattdessen stundenlang illustrierte Bücher betrachtete, dass man ihn am Ende hinauswarf. Es war dieses Stöbern in den illustrierten Büchern des Buchhändlers und sein monatelanges Leben in einer Welt voller Bilder, die bei dem jungen Mann den Geschmack und die Leidenschaft für die Zeichenkunst weckten. Um 1773/1774 arbeitete er bei einem Holzschneider und gestaltete 1775 unter dem Namen Tetsuro die sechs letzten Seiten des Romans von Santchô. Er war bis zu seinem 18. Lebensjahr alsHolzschneider tätig.

Hokusai gab 1778, noch unter dem Namen Tetsuzo, seine Tätigkeit als Holzschneider wieder auf. Er mochte nicht mehr nur der Interpret sein, der das Talent eines Anderen umsetzte, sondern hatte das Bedürfnis, Eigenes zu schaffen, zu arrangieren und seinen Kreationen eine persönliche Note zu verleihen. Hokusai wollte Maler werden. Er trat also in das Atelier von Katsukawa Shunshō ein, wo man ihm dank seines aufgehenden Talents den Namen Katsukawa Shunrō gab. Sein Meister gab ihm bald die Erlaubnis, seine Kompositionen mit seinem neuen Namen zu signieren. Hier in diesem Atelier malte er Schauspieler und Theaterszenen im Stil des Tsutzumi Torin und erstellte zahlreiche Zeichnungen auf „Flugblättern“, die man Kyōka Surimono nannte. Sie stellten eine Reihe von Schauspielern dar und hatten dasselbe Hochformat wie die Schauspieler-Zeichnungen seines Meisters Shunshō. Zu diesem Zeitpunkt war das Talent des jungen Shunrō aber noch nicht ausgereift und ließ den späteren Meister Hokusai nur im Ansatz erahnen. Unverdrossen und mit einem eisernen Willen ausgestattet, zeichnete er weiter und fertigte bis 1786 Kompositionen an, die seine eigene Signatur trugen: Katsukawa Shunrō, kurz Shunrō.

Im Jahr 1789 war der junge Maler neunundzwanzig Jahre alt, und ein besonderer Umstand führte dazu, dass er das Atelier des Katsukawa verlassen musste - übrigens behielt Hokusai zeitlebens seine Manie bei, immerfort seinen Wohnsitz zu wechseln und niemals mehr als ein oder zwei Monate an einem Ort zu verweilen. Sein Fortgang war notwendig, weil er für einen Händler von Holzschnitten ein Plakat gestaltet hatte. Der Händler war von der Grafik derart begeistert, dass er sie aufwändig einrahmen ließ und vor seine Boutique stellte. Eines Tages lief ein Kollege Hokusais aus einem höheren Lehrjahr an dem Geschäft vorbei. Er hielt die Qualität des Plakats für minderwertig und zerriss es, um die Ehre des Ateliers Shunshō zu bewahren. Daraufhin brach ein Streit zwischen den beiden Schülern aus, der damit endete, dass Hokusai das Atelier verließ und sich vornahm, sich von nun an nur noch von sich selbst inspirieren zu lassen und ein von den etablierten Schulen unabhängiger Maler zu werden. In diesem Land, in dem die Künstler ebenso häufig ihren Namen wechselten wie ihre Kleidung, gab er die Signatur Katsukawa auf und wurde zu Mugura, was soviel wie Strauch bedeutet. Dem Publikum sagte er, dass der Maler, der diesen neuen Namen trug, keinem Atelier angehörte. Er schüttelte das Joch des Katsukawa-Stils ab und widmete sich in seinen mit Mugura signierten Zeichnungen seiner freien und persönlichen Sicht der Dinge.

Hokusai hatte zweimal geheiratet, doch sind die Namen seiner beiden Ehefrauen nicht bekannt. Auch die Gründe für die Trennungen sind unbekannt. War Tod die Ursache oder Scheidung? Man weiß, dass der Maler ab seinem 52. oder 53. Lebensjahr allein lebte. Aus seiner ersten Ehe hatte Hokusai einen Sohn und zwei Töchter. Der Sohn, Tominosuke, übernahm das Haus des Spiegelfabrikanten Nakajima Isse und führte ein unstetes, seinem Vater viele Sorgen bereitendes Leben. Seine Töchter waren zum einen Omiyo, die den Maler Yanagawa Shighenobu heiratete und einen Sohn zur Welt brachte, der seinem Großvater ebenfalls viel Kummer bereitete. Sie starb einige Tage nach ihrer Scheidung. Zum anderen Otetsu, die ein wahres Malertalent besaß, jedoch gleichfalls sehr früh starb.

Hokusais zweite Frau schenkte ihm ebenfalls einen Sohn und zwei Töchter. Der Sohn, Akitiro, war ein kleiner Beamter der Tokugawa-Dynastie, der ein Gespür für Poesie hatte. Er wurde zum Adoptivsohn von Kase Sakijiuro, errichtete das Grabmal Hokusais und übernahm dessen Namen. Der Enkel von Takitiro, der sich Kase Tchojiro nannte, war ein Schulkamerad von Hayashi, einem großer Sammler japanischer Kunstwerke. Die Mädchen waren zum einen Onao, die bereits in ihrer Kindheit starb, und zum anderen Oyei, die einen Maler namens Tomei heiratete, sich jedoch scheiden ließ und bis zum Tode Hokusais an dessen Seite lebte. Er war der Künstler, der die Illustrationen des Onna Chohoki anfertigte, ein Lehrbuch für Frauen, in dem es um Sitten und Höflichkeitsregeln geht. Hokusai hatte zwei ältere Brüder und eine jüngere Schwester, die allesamt in ihrer Jugend starben.

Hokusai führte ein Leben voller Schwierigkeiten. So wurde der alte Maler Ende 1834 von schweren Sorgen heimgesucht. Hokusai hatte seine Tochter Omiyo aus erster Ehe mit dem Maler Yanagawa Shighenobu verheiratet. Aus dieser Ehe wurde ein regelrechter Taugenichts geboren, dessen Betrügereien stets Hokusai bereinigen musste. Dies war einer der Gründe für Hokusais bittere Armut im hohen Alter. Es ist wahrscheinlich, dass die Verpflichtungen, die der Großvater einging, um zu verhindern, dass sein Enkel ins Gefängnis wanderte (Verpflichtungen, die er jedoch nicht einhalten konnte), ihn dazu zwangen, Edo heimlich zu verlassen und Zuflucht in der mehr als dreißig Meilen entfernten Provinz Sagami zu suchen. Hier lebte er in der Stadt Urage, wo er seinen Künstlernamen vorübergehend für den vulgären Namen Miuraya Hatiyemon aufgab.

Auch als er nach Edo zurückkehrte, wagte er anfangs nicht, seine Adresse anzugeben und ließ sich „Priester-Maler“ nennen, der im Hof des Mei-o-in-Tempels inmitten eines kleinen Wäldchens wohnte. Aus seinem von 1834 bis 1839 dauernden Exil sind einige interessante Briefe an die Verleger des Künstlers erhalten. Diese Briefe zeigen die Unannehmlichkeiten, denen sich der alte Mann aufgrund der Betrügereien seines Enkels ausgesetzt sah, sowie die Armut des großen Künstlers, der sich während eines strengen Winters darüber beklagte, nur ein einziges Kleid zu besitzen, um seinen über siebzigjährigen Körper vor der Kälte zu schützen. In diesen mit liebevollen Zeichnungen illustrierten Briefen versucht er, seine Verleger zu besänftigen, indem er ihnen auf melancholische Weise seine Misere beschreibt. Darüber hinaus bringen sie seine Ansichten hinsichtlich der Wiedergabe seiner Zeichnungen beim Druck zum Ausdruck und geben einen Einblick in die triviale bildliche Sprache, mit der er den Druckern zu verstehen gab, wie man einen kunstvollen Druck erreichte.

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Kabukitheater in Edo, gesehen aus einer Originalperspektive, um 1788-1789.

Nishiki-e, 26,3 x 39,3 cm. The British Museum, London.

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Das herkulische Kind Kintoki mit einem Bären und
einem Adler, um 1790-1795. Ōban, nishiki-e.

Ostasiatische Kunstsammlung, Museum für

Asiatische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin, Berlin.

 

 

Im Jahr 1839 herrschte in Japan große Not, denn in den Jahren 1836, 1837 und 1838 waren drei schlechte Reisernten gewesen. Die Japaner drosselten ihre Ausgaben und kauften keine Bilder mehr. Die Verleger lehnten es ab, die Kosten für die Veröffentlichung eines Buches oder einer separaten Bildtafel zu übernehmen. Da eine Zusammenarbeit mit den Verlegern aussichtslos war, hatte Hokusai, auf den Bekanntheitsgrad seines Namens hoffend, die Idee, selbst Alben zusammenzustellen. Mit dem Verkauf seiner originalen Zeichnungen, die er vermutlich zu sehr günstigen Preisen verkaufte, konnte er sich in diesem Jahr einigermaßen über Wasser halten. Nach vier Jahren im Exil in Uraga kehrte Hokusai 1839 nach Edo zurück. Doch auch dieses Jahr war für den Künstler von Unglück überschattet. Kaum hatte er sich in seiner neuen Bleibe im so sehr geschätzten ländlichen Viertel Honjô eingerichtet, brannte sein Haus nieder. Eine Vielzahl seiner Skizzen, Entwürfe und Zeichnungen wurde zerstört und der Maler kam nur mit seinem Pinsel davon.

Im Alter von 68 oder 69 Jahren erlitt Hokusai einen Schlaganfall, von dem er sich aber dank der „Zitronenpaste“, einem Heilmittel der japanischen Medizin, wieder erholen konnte. Die Zusammensetzung dieser Paste schrieb der Maler für seinen Freund Tosaki auf und ergänzte das Rezept mit kleinen Zeichnungen, die Kochtopf, Zitrone und Schneidemesser darstellten:

„Bevor vierundzwanzig japanische Stunden (48 Stunden) seit dem Anfall verstrichen sind, schneide eine Zitrone in kleine Stücke, und zwar mit einem Bambusmesser und keinem Eisen- oder Kupfermesser. Lege die Zitronenstücke in einen Kochtopf aus Ton und füge einen Go (einen Viertel Liter) extra feinen Sake hinzu. Lasse das Gemisch auf kleiner Flamme köcheln, bis es eindickt. Sodann ist die Zitronenpaste, deren Kerne man zuvor entfernt hat, in zwei Malen in heißem Wasser verdünnt zu trinken. Die medizinische Wirkung tritt nach vierundzwanzig bis dreißig Stunden ein“.

Dieses Hausmittel hatte Hokusai wieder ganz gesund gemacht und vielleicht auch für sein langes Leben gesorgt, denn erst im Jahre 1849 erkrankte er als 90-Jähriger in seinem Haus in Asakusa, der dreiundneunzigsten Bleibe im Vagabundenleben des Künstlers. Vermutlich stammt der an seinen alten Freund Takaghi verfasste, vielsagend ironische Brief aus dieser Zeit:

„… Der König Yemma ist schon recht alt und beabsichtigt, sich zurückzuziehen. Er hat sich daher ein hübsches Haus auf dem Land gebaut und bittet mich nun, ihm ein Kakemono zu malen. Ich bin also gezwungen, dorthin zu gehen und werde meine Zeichnungen alle mitnehmen. Ich werde eine Wohnung an der Ecke der Höllenstraße mieten, wo ich Sie gerne empfangen werde, wenn Sie die Gelegenheit haben, einmal in diese Gegend zu kommen. Hokusai“.

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Der Schauspieler Ichikawa Yaozō III in der
Rolle des Soga no Gorō und Iwai Hanshirō IV im
Sitzen in der Rolle seiner Geliebten, 1791. Hosoban,

nishiki-e. The Japan Ukiyo-e Museum, Matsumoto.

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Der Schauspieler Ichikawa Omezō in
der Rolle des Soga no Gorō, 1792.

Nishiki-e, 27,2 x 12,7 cm.

Museum Volkenkunde, Leiden.

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Der Schauspieler Ichikawa Ebizō IV, 1791.

Nishiki-e, 30,8 x 14 cm.

Nationalmuseum von Tokio, Tokio.

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Der Schauspieler Sakata Hangorō III, 1791.

Nishiki-e, 31,4 x 13,5 cm. Museum of Fine Arts,

Sammlung William Sturgis Bigelow, Boston.

 

 

Als Hokusai zum letzten Mal erkrankte, wurde er von seiner Tochter Oyei gepflegt, die sich von ihrem Mann hatte scheiden lassen und nun bei ihrem Vater lebte. Und auch seine Schüler schenkten ihm viel kindliche Zuneigung. Die letzten Gedanken des sterbenden, „zeichenverrückten“ Hokusai kreisten um eine letzte Galgenfrist, die er dem Tod abverlangte, damit er sein Talent zur Vollendung bringen könne. So wiederholte er fortwährend in einer Stimme, die nur noch einem Wispern glich:

„… Wenn der Himmel mir doch noch zehn Jahre gäbe…“. Doch da unterbrach er sich selbst, und nach einer Pause setzte er fort: „… Wenn der Himmel mir doch noch fünf Jahr gäbe… könnte ich ein wirklich großer Maler werden“.

Hokusai starb im Alter von 90 Jahren, am neunzehnten Tag des vierten Monats des zweiten Jahres der Kayei-Periode (am 10. Mai 1849). Die poetischen Worte seiner letzten Stunde, die er aufdem Sterbebett hinterließ, sind nahezu unübersetzbar:

„… Oh Freiheit, du schöne Freiheit, wenn man in die Sommerfelder geht, um dort seinen vergänglichen Körper loszulassen“!

Seine Tochter Shiraï Tati errichtete ihrem Vater im Garten des Tempels Seikioji von Asakusa ein Grabmal, das neben dem ersten Grabstein seines Vaters Kawamura Ïtiroyemon steht. Auf dem großen Grabstein steht geschrieben: Gwakiojin Manjino Haka (Grab des Manji, dem zeichenverrückten Greis). Auf dem Sockel steht: Kawamura Uji (Familie Kawamura). Auf der linken Seite des Grabsteins stehen oben drei religiöse Namen:

1 Nanso-in kiyo Hokusai shinji (der Ritter des Glaubens, Hokusai mit dem malerischen Ruhm), Nanso (Geistlicher aus dem südlichen So);

2 Seisen-in Hō-oku Mioju Shin-nio, der Name einer 1828 verstorbenen Frau, bei der es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um seine zweite Frau handelt;

3 Jô-un Mioshin Shin-nio, der Name einer im Jahr 1821 verstorbenen Frau, bei der es sich vermutlich um eine seiner Töchter handelt.

Es ist ungewiss, ob ein authentisches Porträt des Meisters existiert. Das nach einem Druck von Kuniyoshi gefertigte Porträt Hokusais in Begleitung des Romanciers Kyokutai Bakin (1767 bis 1848), ist weniger ein Porträt als vielmehr ein Entwurf, auf dem Hokusai kniend seinem Verleger ein kleines gelbes Buch anbietet: Die Taktik des Generals Fourneau oder Die improvisierte Küche.

Es soll weder ein Jugendporträt des Künstlers geben noch ein Porträt, das ihn in reiferen Jahren zeigt. Lediglich in der japanischen Biographie von Iijima Hanjuro (1838 bis 1894) ist ein Porträt enthalten, das ihn im hohen Alter zeigt. Es befindet sich im Besitz der Familie und soll angeblich von seiner Tochter Oyei gemalt worden sein, die es mit ‘Ohi’ signierte. Der Meister ist dort mit einer von tiefen Falten zerfurchten Stirn dargestellt, seine Augen sind mit Krähenfüßen umrandet und seine Tränensäcke angeschwollen. In den halb geöffneten Augen ist etwas von diesem Schleier zu sehen, den die Bildhauer der Netzukes in den Blick ihrer Asketen legten. Seine Nase wirkt ausgemergelt, und sein breiter Mund verschwindet in tiefen Mundwinkeln. Das in einen faltigen Hals übergehende eckige Kinn lässt auf seinen eisernen Willen schließen. Der recht gut imitierte Farbton alten Fleisches gibt eindrücklich die blutleere Blässe seiner Tränensäcke, seiner Mundumrandung und seiner Ohrläppchen wieder. Kennzeichnend für das Gesicht des genialen Mannes sind seine lang gezogenen Gesichtszüge, von den Augenbrauen bis hin zum Kinn, seine recht flache Physiognomie, die unebene, nach hinten abflachende Schädelform und die vereinzelten Härchen an den Schläfen, die an Gräser in einer Landschaft erinnern.

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Die Schauspieler Ichikawa Kōmazu II und
Matsumoto Koshirō IV, um 1791. Diptychon,

Nishiki-e, 32 x 14 cm jedes Blatt.

Sammlung Ginza Tokio Yôkan, Tokio.

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Stute und Fohlen, 1795-1798.

Nishiki-e, 35,5 x 24 cm.

Bibliothèque nationale de France, Paris.

 

 

Ein weiteres Porträt von Hokusai, dessen Kopie im Katsushika den veröffentlicht wurde, stellt ihn im Alter von 80 Jahren dar. Neben einem Krug kauert er unter einer Decke, unter der das Profil seines hageren alten Kopfes und magere Beine hervorschauen. Angeblich entstand das Porträt, weil der Verleger Szabo die Illustration der Hundert Dichter bei Hokusai bestellte. Der Künstler schickte ein Probeexemplar, um das Format der Veröffentlichung festzulegen und hinterließ darauf die mit dem Pinsel gemalte Karikatur.

Der Stil, den man Hokusai-riu nennt, ist der Stil des authentischen Ukiyo-e, deren einziger und wahrer Begründer Hokusai war. Das naturalistische Ukiyo-e entstand unter dem Einfluss der chinesischen Malerei und wurde zum Inbegriff der japanischen Schule. Hokusai gelang es, die Malerei seines Landes von den persischen und chinesischen Einflüssen zu befreien, sie durch seine präzise Beobachtungsgabe zu modernisieren und ihr einen wahrhaft japanischen Charakter zu verleihen. Er war ein universeller Maler, der mit seinem dynamischen Pinselstrich gleichsam Bäume, Blumen, Fische, Frauen, Männer, Vögel und Grashalme darzustellen vermochte. Hokusai soll insgesamt 30 000 Zeichnungen oder Malereien angefertigt haben. Er war, wie gesagt, der wahre Begründer des Ukiyo-e, der „vulgären Schule“, denn er gab sich im Gegensatz zu den akademischen Malern der Tosa-Schule nicht damit zufrieden, in konventioneller, ehrfurchtsvoller Weise den Prunk des Hofes, das offizielle Leben der hohen Würdenträger und das pompöse und künstliche Leben der Aristokraten wiederzugeben. Hokusai ließ die gesamte Menschlichkeit seiner Heimat in einer realistischen Malweise in sein Werk einfließen, die den edlen Ansprüchen der traditionellen japanischen Malerei abging. Hokusai war ein Künstler, dessen Leidenschaft ihn nahezu in den Wahnsinn trieb, er signierte seine Werke zum Teil mit „Der Zeichenverrückte“.

Dennoch wurde der Maler, abgesehen von seinen ihn hoch verehrenden Schülern, von seinen Zeitgenossen als Unterhalter des Pöbels angesehen, als niedriger Künstler, dessen Werke den rechtschaffenen, geschmackvollen Männern aus dem Reich der aufgehenden Sonne nicht gerecht wurden. Das Publikum ließ Hokusai nichts von der Verehrung spüren, die es den großen japanischen Malern schenkte. Denn Hokusai hatte sich der Darstellung des „vulgären Lebens“ verschrieben. Hätte er die Nachfolge der Kunstschulen Kanō und Tosa angetreten, so hätte er sicherlich die Kunst eines Okiyo oder Bunchō übertroffen. Die Ironie des Schicksals wollte, dass Hokusai zwar zu einem der originellsten Künstler Japans wurde, es ihm aber dennoch Zeit seines Lebens verwehrt blieb, die verdienten Früchte seiner Arbeit zu ernten.

Hokusai hatte sein Mal- und Zeichentalent in den verschiedensten Bereichen versucht. Er sagte selbst:

„… nachdem ich viele Jahre die Kunst verschiedener Schulen studiert hatte, war ich in ihre Geheimnisse eingedrungen und konnte mir das Beste für mich herausnehmen.

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Sammlung von Surimono zu wunderlichen Gedichten, um 1794-1796.

Surimono, nishiki-e, 21,9 x 16 cm. Sammlung Pulverer, Köln.

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Eine Oiran und ihre zwei Gehilfinnen bewundern die Kirschblüten
in Nakanochō, um 1796-1800. Surimono, nishiki-e und Trockenstempel,

47,8 x 65 cm. Musée national des Arts asiatiques – Guimet, Paris.

 

 

Nichts ist mir in der Malerei unbekannt. Ich habe meinen Pinsel auf allem ausprobiert und mir ist alles gelungen“.

In der Tat ließ Hokusai nichts unversucht, vom vulgärsten „Reklamebild“ für Wanderbühnen, den so genannten Kamban, bis hin zur feinsten Komposition. In der Anfangszeit seines Schaffens war Hokusai häufig zugleich Autor und Illustrator des Romans, den er veröffentlichte. Seine Schreibkunst wurde aufgrund seiner feinen Beobachtungsgabe des japanischen Lebens hoch geschätzt. Zum Teil wurde sie sogar großen und berühmten Romanciers wie etwa Santō Kyōden (1761 bis 1816) zugeschrieben. Dies geschah beispielsweise, als sein erster Roman erschien. Auch aus einem anderen Grund war sein Schriftwerk von Interesse: die spöttische Art des Künstlers machte aus ihm einen Parodisten der Werke seiner Zeitgenossen. Er parodierte ihren Stil, ihre Vorgehensweise und insbesondere die überzogene Anhäufung der Ereignisse und das historische Durcheinander. Seine doppelte Rolle als Autor und Zeichner hielt er jedoch nur bis 1804 durch, ab diesem Zeitpunkt widmete er sich ausschließlich der Malerei.

Während der Kansei-Ära (1789 bis 1800) verfasste Hokusai zahlreiche Romane und Erzählungen für Frauen und Kinder, die er mit eigenen Illustrationen versah. Seine Arbeit als Schriftsteller signierte er mit Tokitaro-Kakâ, während seine Arbeit als Zeichner die Signatur Gwakiôjin-Hokusai trug. Dank seiner naturgetreuen und spirituellen Darstellungsweise gewannen die Romane und Volksmärchen ein immer größeres Publikum. Auch war er ein ausgezeichneter Haiku-Dichter (Volkspoesie). Da Hokusai nicht über genügend Zeit verfügte, um seine Malmethoden an seine Schüler weiterzugeben, trug er sie in mehreren Büchern zusammen, die später großen Erfolg erzielten. Während der Tenpō-Ära (1830 bis 1843) veröffentlichte Hokusaieine Vielzahl an mehrfarbigen Nishiki-e-Darstellungen sowie Liebeszeichnungen und die Shunga genannten obszönen Bilder, die eine bewundernswerte Farbgebung aufwiesen und die er stets mit dem Pseudonym ‘Gummatei’ signierte.

Auch in der so genannten Kioku-ye-Malerei war er sehr gewandt. Hierbei handelte es sich um Fantasiemalereien, in denen man Objekte oder Tafelservices in chinesische Tusche tauchte, beispielsweise eine Schachtel für Messgeräte, Eier oder Flaschen. Er malte auch mit seiner linken Hand oder von unten nach oben außerordentlich gut. Seine mit den Fingernägeln gemalten Bilder sind besonders skurril, und man musste dem Malprozess schon beiwohnen, sonst hätte man die Fingernägel-Malereien des Künstlers für mit dem Pinsel gemalte Bilder gehalten.

Sein Werk zog nicht nur die Bewunderung seiner Malerkollegen auf sich, sondern sprach auch das breite Publikum an, so neuartig und außergewöhnlich war sein Stil. Seine Werke waren im Ausland sehr begehrt und in einem besonders erfolgreichen Jahr exportierte er seine Drucke und Zeichnungen zu Hunderten. Doch schon wenig später wurde dieser Handel durch die Tokugawa-Regierung wieder unterdrückt.

Die folgende Anekdote zeigt, welch guten Ruf der Maler bereits genoss, denn das Talent Hokusais war am Ende des 18. Jahrhunderts nicht nur bei seinen Landsleuten bekannt, sondern auch die Niederländer schätzten seine Arbeit sehr:

Unter seinen Verehrern soll auch ein Kapitän Isbert Hemmel gewesen sein, der die intelligente Idee gehabt hatte, zwei vom Pinselstrich des illustren Meisters gefertigte Rollen mit nach Europa zu nehmen. Die erste Rolle stellte alle Abschnitte im Leben eines Japaners dar, von seiner Kindheit bis hin zum Tod. Die zweite zeigte alle Lebensabschnitte einer Japanerin, ebenfalls vom Kindesalter bis hin zum Tod. Hokusai wurde daraufhin für je zwei weitere Rollen beauftragt, zum einen von einem holländischen Arzt und zum anderen von einem holländischen Kapitän. Der Preis, der zwischen dem Künstler und den Käufern ausgehandelt wurde, betrug jeweils 150 Rio Gold (ein Rio Gold entsprach einem englischen Pfund Sterling). Hokusai fertigte die vier Rollen mit größter Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit an. Zum Zeitpunkt der Abreise der Holländer waren sie fertig gestellt. Als er die Rollen lieferte, bezahlte ihm der begeisterte Kapitän sofort die vereinbarte Summe.

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Zwei Marionettenspielerinnen, um 1795. Surimono,

nishiki-e. Privatsammlung, Vereinigtes Königreich.

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Tarō Mond, 1797-1798. Nishiki-e,

22,7 x 16,5 cm. The British Museum, London.

 

 

Der Arzt jedoch, unter dem Vorwand, seine Rollen seien von minderer Qualität als die des Kapitäns, beabsichtigte, nur die Hälfte des Preises zu bezahlen. Hokusai lehnte ab. Die Summe, die Hokusai hätte einnehmen sollen, war schon für die Rückzahlung von Schulden vorgesehen und seine Frau machte ihm zum Vorwurf, dass er nicht wenigstens eine Rolle an den Arzt verkauft hatte, denn schon diese Summe hätte sie vor einer großen Misere bewahrt. Hokusai lauschte den Worten seiner Frau und antwortete nach einer langen Pause, dass er sich über die Misere, die sie erwartete, keine Illusionen mache, dass er jedoch den Mangel an Respekt eines Fremden nicht ertragen könne, und fügte hinzu: „… ich habe die Misere der Missachtung (Erniedrigung) vorgezogen“. Als der Kapitän vom Verhalten des Arztes erfuhr, entsandte er seinen Dolmetscher mit dem Geld, um die beiden vom Arzt bestellten Rollen zu kaufen.

Auch später noch verkaufte Hokusai einen gewissen Teil seiner Zeichnungen an Niederländer, bis zu dem Tag, an dem man ihm verbot, Fremden Einzelheiten über das intime Leben der Japaner zu offenbaren.

Die 300 Rio Gold, die der holländische Kapitän an Hokusai für die vier Makimonos über das japanische Leben zahlte, sind mit Sicherheit die höchste Bezahlung, die der Maler je für seine Arbeit erhielt. Für seine Buchillustrationen, die schließlich die Haupteinnahmequelle des Künstlers waren, zahlten ihm die Verleger, selbst als er bereits ein berühmter Künstler war, nur einen Hungerlohn.

Der folgende Ausschnitt aus einem Brief, der 1836 in Ugara verfasst wurde und an den Verleger Kobayashi gerichtet war, bringt seine missliche Lage zum Ausdruck:

„… Ich schicke Ihnen dreieinhalb Blätter Dichtungen aus der Tang-Epoche. Von den 42 Momme, die ich dafür verdiene, ziehen Sie die eineinhalb Momme ab, die ich Ihnen schulde, und geben den Rest, also vierzigeinhalb Momme, an den Briefträger“.

Diese Geschichte zeigt die große Armut, in der sich der Künstler bis an sein Lebensende befand. Auch ist bekannt, dass Hokusai sich lächerlich kleine Summen auslieh, um seinen täglichen Bedürfnissen nachzukommen, bei seinem Obstverkäufer, bei seinem Fischverkäufer… So bat der Maler einmal seinen Verleger, ihm seine 25 Groschen in den kleinsten Münzen wie nur möglich auszuzahlen, damit er seine winzigen Schulden bei den Lieferanten seines Viertels zurückzahlen könne. In einem anderen Brief beschwerte sich Hokusai darüber, dass er nur eine Jacke besaß, um seinen alten Körper von 76 Jahren vor der Kälte des strengen Winters zu schützen. Schuld an seiner lebenslangen finanziellen Misere hatten die Verleger, die den Künstlern niedrigste Preise für ihre Arbeit zahlten. Doch auch seine Unabhängigkeit trug zu seiner misslichen Lage bei, denn er nahm nur die Arbeiten an, die ihm zusagten. Und schließlich war er es, der für die Schulden seines Sohns Tominosuke und seines Enkels, des Sohnes seiner Tochter Omiyo, aufkommen musste. Doch er legte Zeit seines Lebens auch einen gewissen Stolz für seine Armut an den Tag.

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Frauen am Strand von Enoshima (Enoshima shunbō), Auszug aus der
Serie Die Zweige in Seide der Weide (Yanagi no ito), 1797.

Nishiki-e, 25,4 x 38 cm. The British Museum, London.

 

 

Hokusai schrieb 1834 folgenden Brief an seine drei Verleger Kobayashi, Hanabusa und Kakumaruya:

„Da ich auf Reisen bin, habe ich keine Zeit, Ihnen separat zu schreiben und sende Ihnen daher nur diesen einen Brief, den ich Sie bitte, der Reihe nach zu lesen. Ich bezweifle nicht, dass Sie die Bitte eines alten Greises verweigern werden und hoffe, dass in Ihren Familien alle wohlauf sind. Ihr alter Greis ist derselbe geblieben, die Kraft und Schnelligkeit seines Pinsels nimmt stetig zu. Wenn er hundert Jahre alt ist, wird er in den Kreis der wahren Zeichenkünstler aufgenommen werden“.

Der alte Maler setzte eine lange Unterschrift unter seinen Brief: „Der einstige Hokusai, der zeichenverrückte Greis und bettelnde Priester“. Das Hauptanliegen seines Briefes befindet sich jedoch erst in seinem Post-Scriptum:

„… Für das Buch der Krieger (es handelt sich vermutlich um Ehon Sakigake („Die Helden Chinas und Japans“), geschnitten und gedruckt von Yegawa), bitte ich Sie, Yegawa Tomekiti die Arbeit zu geben. Was den Preis anbelangt, so sprechen Sie dies direkt mit ihm ab. Der Grund, warum ich darauf bestehen muss, dass die Holzschnitte von Yegawa stammen, ist, dass sowohl der Hokusai Manga als auch die Poesien sicherlich zwei schön gravierte Werke sind, sie aber bei weitem nicht die Vollendetheit der drei Bände des Berges Fuji besitzen, die von Yegawa geschnitten wurden. Wenn meine Zeichnung von einem guten Holzschneider geschnitten wird, so beflügelt mich dies bei der Arbeit und wenn das Buch am Ende ein gelungenes Werk ist, so wird dies auch für uns von Vorteil sein, da es mehr Gewinn einbringt.

Der Grund, warum ich Ihnen Yegawa so nachdrücklich empfehle, ist aber nicht, dass ich mir dadurch eine Kommission erhoffe. Was ich suche, ist die Präzision in der Ausführung. Sie würden einem armen Greis, der nicht mehr weit zu gehen hat, damit eine große Freude bereiten (an dieser Stelle ist ein Selbstbildnis des Künstlers zu sehen, dargestellt als alter Mann, der mit zwei Krücken in Form von Pinseln voranschreitet). Was das Leben des Shakyamuni (Shakuson Ilidaïki Zuye, ein illustrierter Roman, im Jahr 1839 herausgegeben) anbelangt, so hat mir Souzanbô versprochen, es von Yegawa schneiden zu lassen, und ich habe meine Zeichnungen darauf ausgerichtet. Der Scheitel der Haare und selbst die Körperformen bei den Indianern sind sehr schwer herauszuarbeiten.

Allein Yegawa ist in der Lage, diese Arbeit auszuführen. Hanabusa hatte mir bei seinem Besuch vor einiger Zeit, als er die Krieger bestellte, gesagt, dass er mich nicht mehr unbeschäftigt lassen würde, und daran möchte er sich doch bitte erinnern. Sie haben bei meiner Tochter eine Illustration der Hundert Dichter bestellt, doch ich bevorzuge dieses Buch, dessen Zeichnungen ich selbst anfertigen werde, sobald ich die Krieger beendet habe. Was den Preis anbelangt, so werden wir uns auf soundsoviel pro Dichter einigen. Doch wir legen vorab fest, dass Yegawa das Buch gravieren wird, nicht wahr?“

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Dorf nahe einer Brücke, Auszug aus der Serie
„Rituelle Tänze für Knaben“ (Otoko Tōka), 1798. Nishiki-e,

20,6 x 36 cm.