Autoren:

Natalia Brodskaya und Nina Kalitina

Übersetzer:

Rebecca Brimacombe und Richard Swanson

Redaktion der deutschen Ausgabe:

Klaus H. Carl

 

Layout:

Baseline Co. Ltd

61A-63A Vo Van Tan Street

4. Etage

Distrikt 3, Ho Chi Minh City

Vietnam

 

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ISBN: 978-1-78525-702-5

Natalia Brodskaya und Nina Kalitina

 

 

 

Claude Monet

Band 2

 

 

 

 

 

Claude und Alice Monet beim Taubenfüttern auf dem Markusplatz,
nach einer Postkarte von 1908. Frühere Sammlung Jean-Pierre Hoschedé.

Inhalt

 

 

Sein Leben – Höhepunkte und Krisen

Sein Leben – Seine Serien

Werke im Fokus

Die Zeit nach dem Impressionismus

Postimpressionismus

Die Wirkung des Postimpressionismus

Die postimpressionistische Epoche: Hintergrund und Atmosphäre

Die Neoimpressionisten

Monets Einfluss auf die Post- und Neoimpressionisten

Paul Cézanne (1839-1906)

Henri Rousseau (1844-1910)

Vincent van Gogh (1853-1890)

Paul Gauguin (1848-1903)

Henri de Toulouse-Lautrec (1864-1901)

Die Nabis

Monets Rolle in der Kunstgeschichte

Biografie

Abbildungsverzeichnis

Die Barke, 1887. Öl auf Leinwand,

146 x 133 cm. Musée Marmottan Monet, Paris.

 

 

Sein Leben – Höhepunkte und Krisen

 

 

Claude Monet reiste wiederholt, wie auch viele seiner Zeitgenossen und Vorgänger in der Kunst, an die Küste der Normandie. Delacroix und Courbet hatten beide bereits in Étretat gemalt und Monet besaß sogar eines der Aquarelle von Delacroix. Im Zeitraum von 1883 bis 1886 weilte Monet oft in Étretat und malte dort mehrere seiner Seelandschaften. In ihnen wiederholt er einige Male das Motiv der weit in das Meer reichenden felsigen Klippe. Sie ist auch im Moskauer Gemälde zu sehen, das vom Felsen d’Amont in der Nähe vom Haus Payen gemalt wurde.

Am 19. November 1885 schrieb Monet an Alice Hoschedé: „endlich habe ich die Abfahrt der Segelboote in der Gegend des Hauses Payen fertiggemalt.“ Die farbliche Harmonie dieses Gemäldes ist in seiner Farbenlösung dem von Monet in Belle-Île gemalten Seestück absolut nicht ähnlich. Im Landschaftsbild Felsen von Étretat (1886) herrscht ein goldgelber Ton vor.

Die hellbläulichen und grünlichen Segelboote verleihen dem Gemälde einen neuen Farbakzent, ermöglichen es, die Raumbeziehungen deutlicher zu empfinden.

Monet malte auch früher Ansichten von Étretat. So wird im Musée d’Orsay sein Landschaftsbild Stürmisches Meer in Étretat aufbewahrt, das man den Jahren 1868-1869 zuordnet. In derselben Sammlung befindet sich auch die Ansicht Der Strand von Étretat und das Felsentor dAmont, die von Monet im Jahre 1883 gemalt wurde.

Es ist ein Brief an Durand-Ruel erhalten geblieben, der am 16. September 1885 in Giverny geschrieben wurde; darin teilt Monet mit, dass der Opernsänger Jean-Baptiste Faure ihn einlädt, bei ihm in Étretat Gast zu sein.

Es ist vollauf möglich, dass Claude Monet solche Einladungen wiederholt nutzte und dass er während einem seiner letzten Besuche in Étretat das Bild gemalt hat. Das Seegemälde im Puschkin-Museum in Moskau steht dem Bild Fischerboote, den Hafen verlassend, besonders nahe, das aus demselben Blickpunkt, jedoch bei anderer Tageszeit und bei anderem Wetter gemalt wurde.

Daniel Wildenstein bezeichnet das Moskauer Bild mit Abfahrt von Fischerbooten in Étretat. Es existiert eine Zeichnung zu diesem Bild. Das Seebad Étretat inspirierte Monet zu zahlreichen Seestücken und Landschaftsmalereien.

Monet war nicht der einzige Maler, der zu dieser Zeit den Norden Frankreichs in der weiteren Umgebung der Stadt aufsuchte, um Motive für seine Gemälde zu finden. Daneben kamen auch Courbet, Pissarro, Manet und Renoir an die Normandieküste. Monet traf sich außerdem regelmäßig mit dem Schriftsteller Maupassant, der in Étretat lebte und den Ort zum Schauplatz mehrerer seiner Kurzgeschichten machte. Die enge Verbindung zwischen Kunst und Literatur und die gegenseitige Beeinflussung der beiden Disziplinen im 19. Jahrhundert wird hieran deutlich.

Olivenhain im Garten Moreno, 1884.

Öl auf Leinwand, 65,4 x 81,2 cm. Privatsammlung.

Antibes von la Salis aus gesehen, 1888.

Öl auf Leinwand, 73,3 x 92 cm.

Toledo Museum of Art, Toledo (Ohio).

 

 

Monet hielt in seinen weiteren Werken, die er hier an der französischen Nordwestküste schuf, spektakuläre Aussichten auf das Meer und das Strandleben in all seiner Rauheit fest.

Unter den Steilklippen der verschiedenen Küstenabschnitte richtete sich sein Augenmerk vor allem auf die drei Felsentore Porte dAval, Manneporte und Porte dAmont, dazu die siebzig Meter hohe Felsnadel Aiguille. Aufgrund des großen Interesses zahlreicher, nicht nur zeitgenössischer Künstler an der Normandieküste zählt die Manneporte zu einem der meist festgehaltenen Gesteinsformationen überhaupt.

Monet selbst malte sechs Gemälde der Manneporte, die als ein wichtiger Schritt hin zu seiner Serienarbeit angesehen werden können, darunter die Bilder Das Felsentor La Manneport bei Étretat (Bd. 1, S. 237) und Die Manneporte (Bd. 1, S. 238). Die spektakulären Felsformationen, die sich auf den Bildern entlang der weißen Kreideklippen abzeichnen, machen die Besonderheit dieses Ortes aus.

Hier, nordöstlich von Le Havre, dem Ort seiner Kindheit, dem er immer eng verbunden blieb – 1868 lebte Monet mit seiner zukünftigen Frau Camille Doncieux und dem gemeinsamen Sohn Jean in Étretat und kehrte in den Jahren 1883, 1885 und 1886 hierhin zurück – hielt Monet die Wucht des blaugrünen, teils violetten Wassers und der sich an der Felsküste brechenden Wellen fest, er bannte das teils raue Wetter mit seinen schnellen Wechseln aus Sonnenschein und Bewölkung auf die Leinwand und stellte das Leben der ortsansässigen Fischer und ihre einfachen, am flachen Kieselstrand vertäuten Boote dar wie in Barken von Étretat (Drei Fischerboote) (Bd. 1, S. 199).

Monet nahm meistens mehrere Leinwände gleichzeitig mit an den Strand, wo er dem Lauf der Tageszeiten folgend im Wechsel an den verschiedenen, zuvor begonnen Bildern weiterarbeitete, solange er die gleichen Lichtverhältnisse vorfand.

Anschließend überarbeitete Monet seine Bilder in seinem Atelier. Zusammen genommen schuf Monet in Étretat über fünfzig Bilder.

Im Jahre 1884 reist Monet, nachdem er in Bordighera und Menton war, wieder nach Étretat. Im nächsten Sommer verbringt er dort von neuem einige Monate.

Das Jahr 1886 ist mit einer Reise nach Holland und in die Bretagne verbunden. Von Januar bis April des Jahres 1888 hält er sich an der Mittelmeerküste in Antibes auf, begibt sich darauf nach London und lässt sich dann wieder in Étretat nieder.

In diesen Reisen kann man das Bemühen erkennen, neue Schaffensquellen und neue anregende Motive zu finden. Bei all diesem Hin und Her bleibt Monet aber dem wichtigsten Prinzip seines Schaffens treu – die Natur genau betrachten, sie fühlen und durch eine lebendige und unmittelbare Wahrnehmung wiedergeben.

Die Bucht von Antibes während des Mistral, 1888.

Öl auf Leinwand, 65 x 81 cm. Museum of Fine Arts, Boston.

Antibes vom Notre-Dame-Plateau aus gesehen, 1888. Öl auf Leinwand,

65,7 x 81,3 cm. Sammlung Julia Cheney Edwards, Museum of Fine Arts, Boston.

Die Alpen von der Bucht von Antibes aus gesehen, 1888.

Öl auf Leinwand, 65 x 81 cm. Privatsammlung.

Antibes am Nachmittag, 1888. Öl auf Leinwand, 66 x 82,5 cm.

Schenkung von Samuel Dacre Bush, Museum of Fine Arts Boston, Boston.

 

 

Als er nach Bordighera kam und die exotische Natur des Südens sah, schrieb er an Alice Hoschedé: „Bei mir geht alles voran, ich verspüre aber doch einige Schwierigkeiten, diese Palmenbäume quälen mich, außerdem ist es nicht so einfach, das Motiv zu erfassen und es in einem Gemälde festzuhalten, ringsherum ist solch ein dichtes Gestrüpp.“

Monets Faszination für die Landschaften des Mittelmeerraumes befand sich während der 1880er Jahre auf ihrem Höhepunkt. Zu dieser Zeit verließ er immer wieder seine angestammten Aufenthaltsorte, an denen er den Großteil seiner bisherigen Werke gemalt hatte, und suchte nach neuen Inspirationsquellen in der Ferne.

Nachdem er bereits an der Côte d’Azur gearbeitet hatte, verließ Monet auf seiner zweiten Reise in den Süden im Jahre 1884 Frankreich, um sich der Schönheit der italienischen Riviera zu widmen, wo auch das Gemälde Die Burg von Dolceacqua entstand.

Es zeigt den kleinen Ort Dolceacqua in Ligurien an der italienischen Riviera mit den Ruinen der Doria-Burg und einer aus dem 14. Jahrhundert stammenden Brücke über dem Flussbett der Nervia, die hier mehr einem kleinen Bach ähnelt. Dolceacqua war der Sitz der mächtigen Doria-Familie, aus der auch der Renaissance-Admiral Andrea Doria hervorging. Der Doria-Klan hatte es als Lehnsgut von der Republik Genua zu deren Hochzeit im 16. und 17. Jahrhundet erhalten.

Die Werke Dolceacqua, die alte Brücke über der Nervia (Bd. 1, S. 222) und Die Burg von Dolceacqua, die Monet innerhalb nur weniger Stunden schuf, gehören zu einer bemerkenswerten Reihe von Gemälden, auf denen Monet dieses Kleinod der italienischen Provinz festhielt. Auf den beiden genannten Bildern hat Monet Dolceacqua mit der Bogenbrücke in der Bildmitte von beiden Ufern der Nervia aus gemalt.

Das Gemälde Dolceacqua, die alte Brücke über der Nervia, auf dessen rechter Seite sich die Burg zusammen mit der kleinen Stadt erhebt, scheint von einem höher gelegenen Standpunkt aus gemalt worden zu sein, während Monet für das Bild Die Burg von Dolceacqua direkt im Flussbett der Nervia gestanden haben könnte. Am äußersten rechten Bildrand lässt sich eine Hauswand erkennen, am gegenüberliegenden Ende der Brücke ragt ein Turm über die übrigen Gebäude. Die Werke unterscheiden sich neben der Motivik und der Perspektive auch leicht in der Farbgebung: hellere Braun- und Grüntöne im letzteren gegenüber dunkleren Nuancen im ersteren.

Das Bild Dolceacqua (Bd. 1, S. 221) zeigt erneut die alte Burg, die von Franzosen und Spaniern im 18. Jahrhundert zerstört wurde und heute maßgeblich zum Charme des kleinen Ortes beiträgt, und die mittelalterliche Brücke.

Der Maler bezeichnete das nahe Ventimiglia gelegene Städtchen einmal als „Juwel der Leichtigkeit“. Monet begeisterte sich an der rauen Schönheit des italienischen Hinterlandes, der leuchtenden Kraft der Sonne und der wilden Natur.

Das Haus des Gärtners in Antibes, 1888.

Öl auf Leinwand, 66,3 x 93 cm. Cleveland Museum of Art, Cleveland.

Das Esterel-Gebirge, 1888. Öl auf Leinwand,

65 x 92 cm. The Samuel Courtauld Trust, London.

 

 

Seine faszinierende Ursprünglichkeit, die Monet zu dieser großartigen Gemäldeserie inspirierte, hat das Dorf bis heute nicht eingebüßt. Das Auge des Betrachters erkennt die ganz eigene Stimmung dieses Ortes und ist eingenommen von dem Können und der Kreativität Monets, dem es gelingt, diese ganz besondere, dem Motiv innewohnende Form der Helligkeit und der Wärme zu vermitteln.

Doch Monet arbeitete auf seiner Italienreise nicht nur in diesem kleinen Ort, sondern auch in der weiteren Umgebung, die er in beeindruckenden Seelandschaften mit weitem Himmel und Blick auf die Alpen festhielt. Außerdem malte er Ansichten der Stadt Ventimiglia und das Nervia-Tal, dessen atmosphärische Schönheit sich auf den Werken Monets offenbart.

Die unvergleichliche Vegetation, das einzigartige Licht, das die intensivsten Farben bereithält, und das nicht allzu weit entfernte Mittelmeer lieferten eine Umgebung, in der der Maler unzählige Quellen der Inspiration fand.

Das Gemälde Nervia-Tal (Bd. 1, S. 223) zeigt eine karge Landschaft, über der sich die imposanten Gipfel der Alpen erheben. Im Bildmittelgrund erstreckt sich ein dünn bewachsener Streifen, der in eine steil ansteigende Hügellandschaft übergeht. Die Nervia ist im linken unteren Bildteil nur leicht angedeutet und fügt sich farblich in das von Blautönen bestimmte Bild ein.

Monet malte seine Werke hierbei im typisch impressionistischen Stil, aber unter dem Einfluss seiner eigenen Feinfühligkeit und mithilfe einer brillanten Farbpalette, die die Gegend an der italienischen Riviera auf eine besondere Weise wiedergibt.

Im Anschluss an seine Zeit in Italien kehrte Monet wieder an die Orte seiner früheren Schaffensjahre zurück, fand allerdings auch stets neue Plätze, wie London oder Rouen, wo er zwei seiner berühmtesten Serien fertigstellte, und ging daraufhin im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts erneut nach Italien. Ziel der Reise war die Lagunenstadt Venedig, in der Monet eine weitere, überaus kraftvolle Bilderreihe schaffen sollte.

Später reiste Monet auf Anraten seines Kunsthändlers Durand-Ruel in die kleine Festungsstadt Antibes. In Antibes, wo Monet im Winter 1888 drei Monate verbrachte und insgesamt vierzig Gemälde schuf, malten neben ihm später auch andere Künstler wie Picasso und Chagall. Fasziniert von den Farbspielen des Lichts, der Vegetation der mediterranen Landschaften und den beeindruckenden Küstenabschnitten schufen sie allesamt Meisterwerke der Malerei. Der heute dort anzufindende Künstler-Pfad, der den verschiedenen Stationen folgt, an denen diese großen Meister arbeiteten, ermöglicht einen freien Blick auf die Landschaften, die von ihnen auf so unterschiedliche Art und Weise auf die Leinwand gebannt wurden.

Das Gemälde Am Kap von Antibes bei Mistral zeigt die Umgebung von Antibes von Weitem, im Vordergrund stehen vereinzelt einige Bäume, im Hintergrund erkennt der Betrachter das tiefe Blau des Mittelmeeres und die Weite des klaren Himmels, umrahmt von der erhabenen Größe der maritimen Alpen. Die Schönheit, die in der Natur selbst liegt, wird von Monet nicht nur aufgegriffen, sondern intensiviert.

Die Villen von Bordighera, 1884.

Öl auf Leinwand, 116,5 x 136,5 cm. Musée d’Orsay, Paris.

Das Haus des Fischers in Varengeville, 1882.

Öl auf Leinwand, 60 x 78 cm. Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam.

Das Mittelmeer am Cap dAntibes oder Felsen am Mittelmeerufer, 1888.

Öl auf Leinwand, 65 x 81 cm. Nachlass von Frederick W. Schumacher,

Columbus Museum of Art, Columbus.

Der alte Baum im Flussbett, 1889. Öl auf Leinwand,

65,9 x 93,1 cm. Art Institute of Chicago, Chicago.

 

 

Die anderen von Monet in Antibes angefertigten Gemälde zeigen eine Reihe von Motiven, die immer wieder zu verschiedenen Tageszeiten und in den damit verbundenen unterschiedlichen Lichtverhältnissen gemalt wurden. Darunter das alte Fort, wiederum umgeben vom Blau des Meeres und vor dem Hintergrund der Alpen, oder auch nur einzelne Bäume an der Küste, wie beispielsweise am Strand von Juan-les-Pins. Auch das Spiel von Licht und Schatten stand hierbei immer wieder im Fokus seiner Arbeiten. Monet malte dabei meistens zu exakt den Tageszeiten, an denen die Lichtverhältnisse zugleich am intensivsten und gegensätzlichsten sind: Sonnenaufgang, Sonnenuntergang und die Mittagssonne bestimmen seine Werke.

Monet wollte auf diese Weise neue Wege für den Impressionismus beschreiten. Die Bilder, die die verschiedenen Facetten des Lichts einzufangen scheinen, verdeutlichen Monets Ziel, das Licht zu malen und sind damit ein Vorgriff auf seine späteren großen Serien der Heuschober, der Seerosen und der Kathedrale von Rouen.

Monet malte zudem das zwischen Menton und Monaco gelegene Cap Martin. Auf seinem Gemälde Das Cap Martin (1884; Abb. S. 358) zeigt er die Brandung des Mittelmeeres: die grün-blauen Wellen brechen sich an der steinigen, mit Bäumen bewachsenen Küste – ein beliebtes Motiv Monets. Daneben malte er das tiefblaue Meer an der Küste wie in Die „Grande Bleue“ bei Antibes (1888; Abb. S. 364) oder Ansichten der Stadt Monaco wie in Die Bucht von Monaco (Abb. S. 360). Monaco war im Jahre 1883 der erste Halt, den Monet und Renoir an der französischen Mittlemeerküste einlegten. Monet bezeichnete die Stadt einmal als den schönsten Ort der gesamten Riviera.

An der Riviera intensivierte Monet seine Vorgehensweise, immer wieder das gleiche Motiv zu verschiedenen Tageszeiten und unterschiedlichen Wetterbedingungen zu malen, und nimmt man die Werke, die Monet an der französischen und der italienischen Riviera gemalt hat, zusammen, ergibt sich die beachtliche Gesamtzahl von über einhundertfünfundzwanzig Gemälden. Trotz Monets anhaltender Zweifel, er sei nicht fähig, das mediterrane Licht auf der Leinwand festzuhalten, stellte sein Freund Theo van Gogh im Juni 1888 zehn der in Antibes entstandenen Gemälde aus.

Das Licht des Südens zog im Folgenden eine Vielzahl unterschiedlichster Künstler verschiedenster Prägung an. Den Impressionisten folgten Pointillisten wie Paul Signac und Henri Edmond Cross, anschließend Fauvisten wie André Derain und Maurice de Vlaminck, und später Henri Matisse.

Die Bilder, die Monet in Antibes und den anderen am Mittelmeer liegenden Städten malte, spiegeln gegenüber seinen hauptsächlich im Norden Frankreichs entstandenen Werken eine ganz neue Facette im Œuvre des Künstlers wider. Man merkt, wie sehr sich Monet an den Farben und am Licht berauschte und es lässt sich bereits erahnen, wie stark sich die Aufenthalte im Süden auf seine spätere Schaffenszeit auswirken sollten. Monets unbändiges Interesse an der Darstellung des Lichts in seiner ganzen Bandbreite konnte sich hier weiterentwickeln. Die Zeit, die Monet im Süden Frankreichs und im Norden Italiens verbrachte ist daher nicht nur aufgrund der großen Anzahl der Leinwände, auf denen er sich diesem Thema widmet, ein wichtiger Bestandteil seines Gesamtwerkes.

Morgen an der Seine, 1898. Öl auf Leinwand, 73 x 91,5 cm.

Nationalmusem für westliche Kunst, Toko.

Arm der Seine bei Giverny, 1897.

Öl auf Leinwand, 73,2 x 93 cm. Musée d’Orsay, Paris.

 

 

Monet verweilte in den 70er und 80er Jahren häufig in der Bretagne. Ansonsten wurden die bretonischen Inseln von den Malern des 19. Jahrhunderts weniger frequentiert. Besonders die Insel Belle-Île, die größte der bretonischen Inseln, wo sich Monet auf der Suche nach neuen Landschaften mit jeweils neuen Atmosphären eingefunden hatte, hattexx es ihm angetan.

Neben den schnell wechselnden Wetterbedingungen, die ihm seine für ihn typische Arbeit zu präzisen Tageszeiten erschwerten, machte ihm auch zu schaffen, dass die Orte, an denen er malte, oft nur schwer zugänglich waren.

Dennoch ließ er sich dadurch nicht davon abhalten, ein Motiv, das ihn interessierte, zu malen. Oftmals stellte er seine Leinwand an den Rand eines steilen Abhangs und verbrachte dort die von ihm benötigte Zeit, um das gewünschte Motiv auf die Leinwand zu bringen. An der bretonischen Küste lernte Monet zudem seinen späteren Biografen Gustave Geffroy kennen.

Die Landschaft der Insel zeichnet sich durch steile Klippen und felsige Küsten aus, darunter die Felspyramiden von Port-Domois und Port Coton, deren Name Coton („Baumwolle“) von der weißen Farbe der Gischt der sich an den hochragenden Felsen brechenden Wellen herrührt. Von den Port-Domois-Inseln entstanden in dieser Zeit fünf Gemälde.

Monet malte neben den gefährlich scharfen Kanten der in die Höhe strebenden, in der See stehenden und den Gezeiten standhaltenden Felsformationen die imposanten Küsten, kleinen Häfen und Strände der Insel und fügte seinem Werk eine weitere kraftvolle Bilderreihe hinzu, die schließlich im Jahre 1887 zum ersten Mal ausgestellt wurde. Die außergewöhnliche Wiedergabe nicht nur der bemerkenswerten Geologie, sondern auch der Stürme des Atlantischen Ozeans machen sie einzigartig.

Es fällt auf, dass auf allen Belle-Île-Bildern ein hoch angesetzter Horizont nur wenig Platz für den Himmel lässt, und sich der Maler stattdessen ganz auf den Kampf zwischen den Wassermassen und den Felsen konzentrierte.

Hierdurch fällt es oft schwer, die Wetterbedingungen, zu denen ein Bild entstanden ist und die im Werk Monets eine so zentrale Rolle spielen, zu erkennen. Farblich sind die Bilder – sowohl die Felsen als auch das Meer – vor allem in Blau-, Grün- und Violetttönen gehalten.

Die vergleichsweise dunklen Farben erzeugen eine bedrohliche Stimmung, die den Charakter der Insel korrekt wiederzugeben scheint.

Mont Kolsaas, 1895. Öl auf Leinwand, 65 x 92 cm. Privatsammlung, USA.

Das Tal der Creuse (Trüber Tag), 1889.

Öl auf Leinwand, 65,5 x 81,2 cm. Museum of Fine Arts, Boston.

Stürmische See bei Pourville, 1897. Öl auf Leinwand,

73,5 x 101 cm. Nationalmuseum für westliche Kunst, Tokio.

 

 

Im Vergleich zu den Bildern Felsen bei Belle-Île; Felspyramide von Port-Coton bei rauer See und Felsen bei Port-Coton, der Löwe (Bd. 1, S. 230) zeigt das Gemälde Port-Domois (Bd. 1, S. 232) das Meer in einem ruhigen Zustand.

Er malte während seines ganzen Lebens Seebilder; zu den besten gehören die Meeresbilder der 80er Jahre, die in Belle-Île und Étretat geschaffen wurden. Monet arbeitete im September und Oktober des Jahres 1886 auf der malerischen Insel Belle-Île.

Von einer finsteren Stimmung wird das Gemälde Felsen in Belle-Île geprägt. Kontrastreich und scharf klingen die Farbflecken im Bild – weiße, blaue, grüne und lila-braunfarbige.

Das Gemälde ist mit energischen, verschiedenartig aufgetragenen pastosen Farbstrichen gemalt, seine malerische farbige Faktur ist ungewöhnlich dynamisch, was den Eindruck einer unendlichen Bewegung, der ewigen Veränderlichkeit des Meereselements hervorruft.

Das ist auch das Wichtigste in diesem Gemälde; das feine Spiel der Lichtreflexe und die Wechselwirkung von Sonnenlicht und Farbe treten an die zweite Stelle zurück. Claude Monet zeigt sich von der rauhen Romantik des Meeres und der Felsen gefangen.

Monet malte diese Gegend mehrere Male. Varianten zu diesem Motiv sieht man jetzt in den verschiedensten Sammlungen der Welt. Noch im selben Jahr, 1886, stellte Claude Monet das Meer von Belle-Île in zwei Gemälden, die jetzt im Musée d’Orsay, Paris, aufbewahrt werden, und im Gemälde einer Kopenhagener Privatsammlung dar.

Außer dem Bild in Kopenhagen stehen dem Moskauer Seestück besonders die Gemälde mit der Darstellung der Felsen in Belle-Île nahe.

Die Landschaftsbilder mit der Darstellung des Meeres nehmen einen wichtigen Platz im Schaffen von Claude Monet ein. Es ist möglich, dass sich an der Küste von Le Havre, wo der Künstler seine ersten Fertigkeiten in der Malerei unter der Anleitung von Boudin erwarb, seine Liebe zum Meer herausbildete.

In der Bretagne erregt ihn das Ungewohnte und Raue der Gegend. „Ich arbeite viel“, schreibt er an Durand-Ruel, „der Ort ist sehr schön, aber wild; das Meer ist unvergleichlich schön und umgeben von fantastischen Klippen.“

Im alltäglichen Verkehr mit der Natur, ihre Besonderheiten immer besser verstehend, schafft Monet Landschaftsbilder, in denen sich konkrete, unwiederholbare Eigenschaften mit der Suche nach Verallgemeinerung vereinen.

Zu solchen Arbeiten gehört das Landschaftsbild Felsen bei Belle-Île.

Val-Saint-Nicolas nahe Dieppe (Am Morgen), 1897.

Öl auf Leinwand, 64,8 x 100