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  UTE HORN– Leise wie ein Schmetterling | Abschied vom fehlgeborenen Kind– SCM Hänssler

Christine
Andreas
Daniel

Dieses Buch widme ich unseren Kindern
Christine, Andreas, Daniel, Josua, Marcel, Pascal, Benjamin
und den 5 namenlosen Kindern, die uns allzu früh
verlassen mussten
.

Josua
Marcel
Pascal
Benjamin

INHALT
INHALT

DANKE

VORWORT

EINLEITUNG

1. Warum kam es zur Fehlgeburt?

2. Die betroffene Frau

3. Hilfen bei der Verarbeitung

4. Dem Erlebten einen Sinn geben

5. Was geht in Männern vor?

6. Was wünschen sich Frauen von ihren Partnern?

7. Wieso kann eine Fehlgeburt zu einer Krise in einer Partnerschaft führen?

8. Das besondere Verhältnis zu Eltern und Schwiegereltern

9. Wie kann ich als Freundin oder Freund helfen?

10. Wodurch werden Betroffene am meisten verletzt?

11. Einblicke in die Gefühlswelt der betroffenen Frau – speziell für Ärzte

12. Wünsche an Arzthelferinnen, Schwestern und Pfleger

13. Wie hat mich das Erleben einer Fehlgeburt geprägt?

14. Was sagt die Bibel zum Thema Fehlgeburten?

ANHANG

DANKE
DANKE

Als Erstes möchte ich meinem Ehemann Thomas und unseren 7 Kindern danken, die mit mir über den Tod unserer 5 fehlgeborenen Kinder geweint und mich durch die Täler der Trauer begleitet haben und die sich mit mir darauf freuen, die Kinder im Himmel einmal wiederzusehen.

Meine Eltern lehrten mich, dass die Freude am Leben und die Trauer über den Tod zusammengehören. Sie lebten mir vor, die Hoffnung nie aufzugeben und daran zu glauben, dass es eine Zeit nach der Trauer geben wird. Ich danke ihnen für ihr Vorbild in den vielen Krankheiten ihres Lebens und dass ich sie den Weg des Sterbens begleiten durfte.

Besonders danken möchte ich allen Familien, die mit mir über ihre Gefühle vor, während und nach einer Fehlgeburt gesprochen haben und ohne die dieses Buch nicht möglich wäre. Danke für alle Offenheit.

Mein besonderer Dank gilt Ute Mayer, die das Buch liebevoll und kompetent lektoriert hat.

Herr Dr. med. Gunther Rogmans und seine Frau Heide Rogmans haben das Kapitel »Warum kam es zur Fehlgeburt?« sehr gewissenhaft nach den neuesten Kenntnissen der Gynäkologie überarbeitet. Herzlichen Dank dafür.

Norbert Selent und Stefan Kürle bat ich, das Kapitel »Was sagt die Bibel zum Thema Fehlgeburten?« aus theologischer Sicht zu kommentieren. Danke für die guten Gedanken.

Frau Elisabeth Grube danke ich für die guten Anregungen, die sie auf Grund ihrer Fachkompetenz und langjährigen Erfahrung im seelsorgerlichen Bereich gab.

VORWORT
VORWORT

»Man weiß nie, ob es vielleicht schief geht«, dachte sich meine jüngere Schwester und so sagte sie uns immer erst nach dem 3. Schwangerschaftsmonat, dass sie in Umständen sei. Ich dagegen konnte meine Freude über ein Baby nicht für mich behalten und erzählte bereitwillig überall, dass ich schwanger sei, sobald ich es selbst wusste. Ich rechnete nie mit einer Fehlgeburt. Warum sollte mir so etwas passieren? Optimistisch malte ich mir schon direkt nach dem Ausbleiben der Periode aus, wie wir wohl die Geburtsanzeige gestalten würden und machte mir schon Gedanken über mögliche Namen unseres Kindes. So erlebte ich zunächst zwei normale Schwangerschaften und Geburten. Nach der Geburt eines Mädchens und eines Sohnes war ich wieder schwanger. Warum sollte es das dritte Mal anders sein? Die ersten Untersuchungen beim Arzt waren in Ordnung, doch dann setzten in der 10. Schwangerschaftswoche (SSW) Blutungen ein. Auch kein Grund zur Beunruhigung, dachte ich. Viele Frauen hatten Zwischenblutungen und haben trotzdem normal entbunden, wie ich als Ärztin wusste, und so machte ich mir keine Sorgen. Auch als die Blutungen stärker wurden und ich ins Krankenhaus eingeliefert wurde, ahnte ich nicht, was passieren würde, da der Herzschlag auf dem Ultraschallbild gut zu sehen war und die Hormonwerte stabil blieben. Doch dann setzten plötzlich Wehen ein und die Blutung wurde stärker. Das Herz hatte aufgehört zu schlagen, mein Kind war tot. Ich hatte ein Kind geboren, aber es war nicht bei mir. Wie treffend ist dieser Begriff Fehlgeburt. Man macht eine Geburt durch und hinterher fehlt etwas.

Wie wenig unsere Gesellschaft, in der alles so machbar erscheint, fähig ist, mit dem Tod umzugehen, musste ich am eigenen Leib in den folgenden Wochen miterleben. Viele Menschen zogen sich von mir zurück. Kaum einer schien an meinem Schicksal Anteil zu nehmen. Spätestens als mir gesagt wurde, dass jede 2. oder 3. Schwangerschaft in einer Fehlgeburt endet, und es somit als etwas Normales eingestuft wurde, schien ich keinen Grund mehr für meine Trauer zu haben. Ich fühlte mich allein gelassen in meinem Schmerz, den ich scheinbar nicht haben durfte, und verletzt durch Aussagen von nahen Menschen, die dachten, es gut mit mir zu meinen. Aus diesem Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit entstand direkt nach dem Erlebten der Wunsch, ein kleines Buch zu schreiben, um anderen Frauen und deren Angehören Trost und Hilfe im gegenseitigem Umgang miteinander zu geben. Mittlerweile habe ich noch vier Fehlgeburten durchleben müssen, aber auch drei weiteren Söhnen das Leben geschenkt. Ich sammelte Erfahrungsberichte von anderen Frauen, führte viele Gespräche mit Betroffenen, heftete Zeitungsartikel und gute Gedanken zum Thema ab, gestaltete eine Fernsehsendung zu dem Thema mit und freue mich, dass meine Gedanken nun –17 Jahre nach meiner ersten Fehlgeburt – in Buchform vorliegen. Mögen die Gedanken Ihnen und Ihren Angehörigen Wegweisung während der Trauer und aus der Trauer heraus sein.

Ute Horn

Die in diesem Buch zur Illustration meiner Ausführungen beschriebenen Erlebnisse sind wirklich passiert. Ich habe jedoch zum Schutz der einzelnen Personen die Namen und Orte geändert.

EINLEITUNG
EINLEITUNG

FEHLGEBURT –
in unserer Gesellschaft ein Tabuthema?

Viele Frauen, die Fehlgeburten erleiden, behalten das Erlebte für sich. Deshalb ist die Frage berechtigt, ob Fehlgeburten ein Tabuthema sind. Was bewegt Paare dazu, nicht über fehlgeborene Kinder zu sprechen?

Vielleicht ist es kein klassisches Tabuthema wie bestimmte Krankheiten, die man aus Scham, Angst vor Isolation oder Angst vor Ablehnung verschweigt, wie z. B. Aids. Wenn man Aids hat, versucht man, es möglichst lange geheim zu halten. Immer wieder erleben wir als Ärzte, dass Patienten ihren Freunden und Verwandten leichter sagen können, dass sie Krebs haben als Aids. Es gibt auch Tabuthemen aus Übereinkunft. Es schickt sich nicht, jemand danach zu fragen, wie viel er verdient. Das Thema Fehlgeburten würde ich aus Gesellschaftssicht eher als Tabuthema aus Interesse- und Sprachlosigkeit einordnen, wobei oft das eine das andere bedingt. Wenn ich sprachlos bin, habe ich auch kein Interesse und wenn mir das Interesse fehlt, mich damit auseinander zu setzen, werde ich auch keine Worte dafür finden.

Das Erleben einer Fehlgeburt ist jahrelang auch von vielen Ärzten nicht richtig eingeschätzt worden. Man konnte nicht nachvollziehen, dass man um etwas trauert, was noch gar nicht auf der Welt war. Manche gehen sogar noch weiter und meinen, dass man nicht um etwas trauern könne, das noch gar kein Mensch sei. Viele meinen auch, dass sich die Frauen anstellen würden, da sie ja gerade erst von der Schwangerschaft erfahren hätten. Wenn das Kind so früh gestorben ist, hätte man ja noch keine Beziehung zu dem Kind aufgebaut. Besonders für Ehemänner/Partner ist das oft ein Problem, da sie ja noch weniger von der Schwangerschaft mitbekommen haben. Sie erleben die Schwangerschaft erst, wenn die Frau an Umfang zunimmt.

Aber so langsam erleben wir ein Umdenken.

Es gibt in letzter Zeit immer wieder mal einen Artikel in einer Illustrierten. Auf Friedhöfen werden Gedenkstätten eingerichtet für fehlgeborene Kinder und vereinzelt werden Gottesdienste zu diesem Thema angeboten.

Es wurden Selbsthilfegruppen ins Leben gerufen. Dadurch, dass mehr Frauen bereit sind, sich über ihre Erfahrungen auszutauschen, öffnen sich auch andere Frauen. Man ist oft ganz überrascht, wer alles schon betroffen war.

In dem vorliegenden Buch möchte ich zunächst auf mögliche Ursachen von Fehlgeburten aus medizinischer Sicht eingehen.

Danach beschäftige ich mich damit, wie Frauen Fehlgeburten erlebt haben und welche Hilfen der Trauerverarbeitung es gibt.

Wie unterschiedlich Männer auf den Tod eines Kindes im Mutterleib reagieren, wird in einem eigenen Kapitel beschrieben, bevor wir der Frage nachgehen, wie man seine Frau durch diese Krise der Fehlgeburt liebend und stützend begleiten kann.

Danach soll es darum gehen, wie schwierig oft die besondere Beziehung zu Eltern und Schwiegereltern rund um eine Fehlgeburt sein kann. Viele Verletzungen zwischen den Generationen geschehen wegen der unterschiedlichen Einstellung zum Nachwuchs. Deshalb würde ich mir sehr wünschen, dass die Großelterngeneration dieses Kapitel liest.

Manche Freunde würden zwar gerne helfen, fühlen sich aber unfähig und aus Angst etwas falsch zu machen, machen sie gar nichts. Welche kleinen und großen Hilfestellungen gut tun, darum soll es in Kapitel 9 gehen.

Viele Frauen fühlen sich von Ärzten und Schwestern verletzt, weil sie die nackten Fakten und allgemein gültigen Trostsätze in ihrer Trauer nicht abholen. So möchte ich den Menschen, die oft die Ersten sind, die von der drohenden Fehlgeburt wissen, aus der Sicht der Betroffenen Einblicke in die Gefühlswelt von Frauen geben, die durch Fehlgeburten gehen mussten.

Viele Erfahrungen, die wir im Leid machen, sind, mit Abstand betrachtet, sehr wertvolle Erlebnisse. Sie prägen uns, öffnen unsere Augen für ungeahnte Tiefen und das Leid anderer. Wie diese Erfahrungen in unseren Alltag integriert werden und kostbare Früchte bringen können, wird in Kapitel 13 berichtet.

Wie kann Gott so viel Leid zulassen? Warum sterben unschuldige Kinder? Gibt es Bibelstellen zum Thema Fehlgeburten? Gibt es Trost bei Gott und gibt es Hilfen im Umgang mit empfundener Schuld? Damit wollen wir uns im letzten Kapitel beschäftigen.

Um den Lesefluss nicht zu unterbrechen, habe ich auf die Bezeichnung der jeweils beiden Geschlechter in der Regel verzichtet. Die »männliche« Geschlechtsbezeichnung steht in diesem Fall als neutrale Bezeichnung für beide Geschlechter! Dafür bitte ich Sie um Verständnis.

1. WARUM KAM ES ZUR FEHLGEBURT?
1. WARUM KAM ES ZUR FEHLGEBURT?

FEHLGEBURT

Als Fehlgeburt (Abort) bezeichnet man tot geborene Babys unter 500 g innerhalb der ersten 25 Schwangerschaftswochen (SSW). Es wird dann noch einmal unterschieden in frühe Fehlgeburt (bis zur 12. SSW) und späte Fehlgeburt (bis zur 25. SSW).

Fehlgeborene Kinder können in den meisten Bundesländern auf Wunsch der Eltern bestattet werden, auch wenn es keine entsprechenden Gesetze, sondern nur Empfehlungen der zuständigen Gremien gibt.

TOTGEBURT

Unter einer Totgeburt versteht man die Geburt eines im Mutterleib oder während der Geburt verstorbenen Kindes über 500 Gramm. Das Baby wird standesamtlich registriert, unterliegt jedoch bis zu einem Gewicht von 1000 Gramm nicht in allen Bundesländern der Bestattungspflicht. Es ist jedoch auf Wunsch in ganz Deutschland möglich, die tot geborenen Kinder unter 1000 Gramm zu bestatten. Mittlerweile wird auf Wunsch eines Erziehungsberechtigten der Vor- und Familienname eines tot geborenen Kindes im Geburtenbuch eingetragen.

Mediziner nehmen an, dass bis zu 70% aller befruchteten Eizellen mit einer Fehlgeburt enden. 90% der Frauen werden danach wieder schwanger.

MÖGLICHE URSACHEN FÜR FEHLGEBURTEN

Die Ursachen für Fehlgeburten sind vielfältig.

Man diskutiert:

• Chromosomenanomalien,

• Medikamente,

• Röntgenstrahlen,

• Nikotin und Alkohol,

• Ernährung,

• Hormonunregelmäßigkeiten,

• Blutgruppenunverträglichkeit.

In den meisten Fällen wird man keine Ursache finden. Und doch ist es gut, besonders wenn man nicht nur eine Fehlgeburt erleiden musste, zusammen mit dem Frauenarzt zu besprechen, welche Untersuchungen sinnvoll sind. Wichtig ist, möglichst genau auf die Fragen der Mediziner zu antworten und auch die Familiengeschichte mit einzubeziehen. Hatten andere Familienmitglieder auch Fehlgeburten? Wurden mögliche Ursachen gefunden?

ZU EMPFEHLENDE UNTERSUCHUNGEN

Folgende Untersuchungen können Aufschlüsse auf mögliche Ursachen geben und werden besonders empfohlen, wenn schon mehrere Fehlgeburten erfolgt sind:

Blutuntersuchung bei der Frau

• Auf Infektionskrankheiten: Toxoplasmose, Chlamydia-trachomatis-lnfektion.

• Auf Diabetes mellitus, die so genannte Zuckerkrankheit.

• Auf Autoantikörper, die dazu führen, dass das Immunsystem die mütterlichen Anteile im Kind abstößt, z.B. Abklärung des Anti-Phospholipid-Syndroms (APS), des Lupus erythematodes (LAC) und des Antikardiolipin-Antikörpers (ACA).

• Blutgruppen- und Rhesus-Faktor-Konstellation zwischen Mutter und Vater (besonders wichtig, wenn die Mutter Rhesus negativ ist), um auszuschließen, dass die Mutter die väterlichen Anteile des Kindes abstößt, so genannte allo(fremd)immune Ursache.

• Gerinnungsfaktoren

• Hormonwerte: Prolaktin (LTH) und Schilddrüsenhormone sowie Gelbkörperhormone (Progesteron), Luteinisierendes Hormon (LH) und Follikelstimulierendes Hormon (FSH).

Blutuntersuchung bei der Frau und beim Mann

• Chromosomenanalyse wegen möglicher Schäden des Erbgutes.

Untersuchung beim Mann