VVorwort

Wer vor Zuhörern spricht, möchte überzeugend auftreten und mit seinen Worten etwas bewirken. Dieses Buch richtet sich an alle, die einmalig oder regelmäßig vor kleinen oder größeren Gruppen Vorträge halten oder präsentieren müssen. Die Regeln und Empfehlungen können bei beruflichen, öffentlichen oder privaten Redeanlässen angewendet werden.

Das Buch weist Ihnen den Weg, wie Sie Ihre rednerischen Fähigkeiten entwickeln oder verbessern können. Die Erfahrungen von über 20 Jahren Rhetorik-Training, insbesondere die von den Teilnehmern eingebrachten Fragen und Probleme, sind in das Buch eingeflossen.

Das Buch enthält alle Arbeitsschritte von der Übernahme eines Vortrags oder einer Präsentation bis zur Durchführung. Besonders ausführlich wurden die Kapitel 6 (Lampenfieber) und Abschnitt 7.3 (Umgang mit Störungen) behandelt. Für eine schnelle Information sind am Ende jedes Kapitels die wichtigsten Regeln und Empfehlungen in einer Checkliste zusammengefasst.

Schon Cicero sagte „Reden lernt man nur durch Reden“. Was bringt dann ein Buch über Rhetorik? Es bringt Ihnen dann etwas, wenn Sie das dargestellte rhetorische Instrumentarium nicht nur lesen, sondern in Übungen praktisch umsetzen. Sie finden zahlreiche Übungen, die Sie alleine oder in einer Gruppe durchführen können.

Wenn in diesem Buch von Rednern oder Zuhörern gesprochen wird, so sind gleichermaßen Frauen und Männer gemeint. Alle Leserinnen bitte ich dafür um Verständnis.

Gengenbach, im Herbst 2019

Wolfgang Mentzel

11. Kapitel

Sprechen vor Publikum

Sprechen vor Publikum ist das gemeinsame Merkmal vieler Kommunikationsformen. In diesem Buch geht es um Präsentation und Vortrag. Die dafür dargestellten Regeln und Empfehlungen gelten, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes gesagt wird, für alle Situationen, in denen vor Publikum gesprochen wird.

1.1 Rede – Vortrag – Präsentation

Der umfassendste Begriff ist der Begriff Rede. Eine Rede wird als eine zumeist vorher überlegte, mündliche Mitteilung eines Redners an mehrere Personen definiert. Die Bandbreite möglicher Redeanlässe erstreckt sich von ein paar freundlichen Worten bei einer Familienfeier oder der Begrüßung einiger Gäste über die zahlreichen Lehrvorträge in der Ausbildung oder im Studium bis zu großen Fachvorträgen oder Kundenpräsentationen. Politische und wissenschaftliche Ansprachen gehören ebenso dazu wie die Predigt im Gottesdienst oder das Plädoyer des Anwalts. Die Büttenrede im Karneval oder die Trauerrede im Todesfall oder der monatliche Bericht über die wichtigsten Umsatzkennzahlen sind weitere Beispiele. Andere regelmäßige Anlässe sind Diskussionsbeiträge in Workshops oder Meetings.

2Im Redealltag wird zwischen Vortrag und Rede nicht eindeutig unterschieden. Entsprechend breit wird der Begriff Vortrag als Rede vor Publikum über ein bestimmtes Thema definiert.

Eine Präsentation ist ebenfalls ein Vortrag, dessen Inhalt mithilfe von Sprache und Medien dargestellt wird. Oft wird der Vortrag durch eine Diskussion ergänzt. In einer Kurzdefinition zusammengefasst, kann die Präsentation als ein Vortrag mit Medienunterstützung bezeichnet werden, an den sich häufig eine Diskussion anschließt. Der Übergang vom Vortrag zur Präsentation ist fließend. Auch der Vortrag wird gelegentlich durch den Einsatz von Medien unterstützt.

Es bringt wenig, darüber zu diskutieren, ob es sich in einer bestimmten Situation um eine Rede, einen Vortrag oder eine Präsentation handelt. Viel aufschlussreicher ist die Frage, was Sie mit Ihrem Auftritt erreichen wollen.

Wichtig:

Vorträge und Präsentationen kennen zwei grundsätzliche Ziele: Das Publikum soll informiert oder von etwas überzeugt werden.

Überzeugen oder informieren

Der Überzeugungsvortrag wird gehalten, wenn der Redner sich zu einer kontroversen Frage äußert. Der Redner vertritt seinen eigenen Standpunkt und versucht, andere davon zu überzeugen oder zu einem bestimmten Handeln zu veranlassen. Der Überzeugungsvortrag endet in aller Regel mit einem Appell an die Zuhörer.

Wichtig:

Beim Überzeugungsvortrag versucht der Redner, die Einstellungen und den Willen seiner Zuhörer so zu beeinflussen, dass er sie für sein Anliegen gewinnt.

Bei der Argumentation überwiegen zumeist taktische Überlegungen; sie wird oft nur einseitig geführt, d.h., die dem Redeziel förderlichen Argumente werden dargelegt, während die Gegenargumente 3häufig unterschlagen werden. Die Ausführungen beschränken sich auf das Wesentliche; eine breite Erörterung von Sachinformationen könnte die Zuhörer verwirren und vom Vortragsziel ablenken. Präsentationen im Verkauf, Vorträge im politischen Bereich, aber auch das Plädoyer des Anwalts sind Beispiele für Überzeugungsvorträge.

Das Ziel des Informationsvortrags ist die Darstellung von Sachverhalten sowie die Informations- oder Wissensvermittlung. Bei den Zuhörern wird vorwiegend der Verstand angesprochen. Positive und negative Aspekte werden gleichermaßen dargestellt. Der Redner trennt korrekt zwischen eigener Meinung und Fremdmeinung.

Bei beruflichen oder wissenschaftlichen Fachvorträgen (Referaten) wird im Wesentlichen informiert, ebenso in der schulischen Bildung. Auch bei den verschiedenen Berichtsarten (Geschäftsbericht, Messebericht) dominieren die informatorischen Aspekte.

Wichtig:

Informationsvorträge dienen der Darstellung und Klärung von Sachverhalten sowie der Information- oder Wissensvermittlung. Die Inhalte werden (weitgehend) wertfrei dargeboten.

Informations- und Überzeugungsvorträge haben einen Sachinhalt und werden deshalb häufig auch als Sachvortrag bezeichnet. Dem Sachvortrag steht die Gelegenheitsrede gegenüber.

Gelegenheitsreden

Im Mittelpunkt der Gelegenheitsrede (auch Anlassrede oder Ansprache genannt) steht ein bestimmter beruflicher, gesellschaftlicher oder privater Anlass. Die Gelegenheitsrede befasst sich mit der augenblicklichen Situation, in der sie gehalten wird. Vom Redner wird erwartet, dass er auf die dem Anlass entsprechende Stimmung eingeht.

Die Anlässe sind im privaten, gesellschaftlichen oder beruflichen Bereich ähnlich:

Statement und Stegreifrede

Nach der Vortragsdauer kann zwischen dem normalen Vortrag und dem Kurzbeitrag unterschieden werden. Letzterer wird auch als Statement bezeichnet. Empfehlungen zur Gestaltung eines Statements finden Sie in Abschnitt 2.3.4.

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Kommunikation heute

Von einer Stegreifrede wird gesprochen, wenn jemand aus der bestehenden Situation heraus, also ohne Vorbereitung, eine Rede hält. Die drei Grundformen (Überzeugungs- und Informationsvortrag sowie Gelegenheitsrede) können immer auch Stegreifreden sein. Auch Wortbeiträge in Diskussionen sind zumeist kleine Stegreifreden. Hinweise zur Stegreifrede finden Sie in Abschnitt 2.3.4.

1.2 Was bestimmt den Erfolg ihrer Vorträge und Präsentationen?

Der Titel unseres Buches verspricht Ihnen erfolgreiche Vorträge und Präsentationen. Deshalb ist zu klären, welche Kriterien eine erfolgreiche Präsentation oder einen erfolgreichen Vortrag ausmachen.

5Erfolgreich vortragen und präsentieren bedeutet nicht, mit rhetorischen Tricks und dialektischen Spitzfindigkeiten zu operieren. Erfolgreich vortragen bedeutet vielmehr, dem Publikum die richtigen Inhalte in einer verständlichen und überzeugenden Form so zu vermitteln, dass dessen Erwartungen erfüllt werden. Dabei werden mit Inhalt, Sprache und Auftreten drei Bewertungsmaßstäbe unterschieden. Anders ausgedrückt: der Erfolg Ihrer Vorträge und Präsentationen hängt davon ab,

Wer vor anderen spricht, muss etwas zu sagen haben

Die erste Erfolgskomponente ist der Inhalt des Vortrags, also das, was ein Redner seinen Zuhörern sagen möchte. Dabei sind das Fachwissen und die fachliche Kompetenz des Redners wesentliche Voraussetzungen.

Der Redner muss klären, was er seinen Zuhörern sagen möchte, was er mit seinem Vortrag erreichen möchte und ob das Gesagte für die Zuhörer von Interesse (Nutzen) ist. Wer mit dem Wissen vor seine Zuhörer tritt, inhaltlich zu überzeugen und das zu sagen, was seine Zuhörer interessiert, wird keine Probleme bekommen. Der Inhalt muss in einer umfassenden Vorbereitung rechtzeitig erarbeitet werden.

Wer vor anderen spricht, muss sprachlich überzeugen

Eine weitere Erfolgskomponente neben dem Inhalt ist die Art und Weise, wie ein Redner seine Gedanken den Zuhörern vermittelt. Dazu zählen die sprachlichen Fähigkeiten.

Wer vor anderen spricht, muss so sprechen, dass er verstanden wird, d.h. er muss die richtige Sprache verwenden. Die Formulierungen müssen dem Sprachniveau der Zuhörer angemessen sein. Erfolgreiche Redner begeistern durch eine lebendige und anschauliche Vortragsweise mit bildhaften Beispielen.

6Ebenso wichtig wie die Formulierung, ist die Sprechtechnik, d.h. die Art und Weise, wie ein Text ausgesprochen wird. Einzelheiten zur Sprache und Sprechtechnik sind in Kapitel 4 dargestellt.

Neben der Sprache ist die Visualisierung eine weitere Möglichkeit zur Wiedergabe Ihrer Gedanken. Bei Präsentationen ist die Visualisierung ein fester Bestandteil, bei Vorträgen können einzelne Gedanken visualisiert werden. Einzelheiten zur Medienauswahl und Mediengestaltung sind in Abschnitt 3.3 dargestellt.

Wer vor anderen spricht, muss überzeugend auftreten

Letztendlich hängt der Erfolg eines Vortrags oder einer Präsentation vom Auftreten des Redners ab. Das Auftreten wird durch zahlreiche Faktoren geprägt. Dazu zählen neben den schon erwähnten sprachlichen Fähigkeiten auch die Körpersprache und Ausstrahlung, ebenso die Selbstsicherheit und Glaubwürdigkeit. Für die Zuhörer muss erkennbar sein, dass der Redner hinter seinem Vortrag steht, dass er von dessen Inhalt selbst überzeugt ist und es ihm Freude bereitet, seinem Publikum etwas zu bieten.

Das Auftreten eines Redners kann durch Störungen und Lampenfieber beeinträchtigt werden. Instrumente zur Überwindung von Lampenfieber sind in Kapitel 6 dargestellt. Hilfen zum Umgang mit Störungen finden Sie in Abschnitt 7.3.

1.3 Von der Idee zum Vortrag

Von der Anfangsidee bis ein Vortrag gehalten wird sind zahlreiche Arbeitsschritte erforderlich. Dazu drei wichtige Empfehlungen:

Schriftliche Vorbereitung

Manche Redner verlassen sich auf ihr umfassendes Fachwissen und ihre Spontaneität. Beides sind wichtige Voraussetzungen, insbesondere um in einer Besprechung einen Diskussionsbeitrag zu leisten oder auch einmal aus dem Stegreif ein Statement abzugeben. Sie 7reichen jedoch nicht aus, um eine überzeugende Präsentation oder einen gelungenen Fachvortrag halten zu können. Nur wenn Sie sich schriftlich vorbereiten, befassen Sie sich intensiv mit dem Thema und stellen sicher, dass Sie während des Vortrags auf Ihre Vorüberlegungen zurückgreifen können.

Als Ergebnis der schriftlichen Vorbereitung sollten Sie über ein zuverlässiges Redemanuskript verfügen. Zu dessen Gestaltung gibt es viele Möglichkeiten. In diesem Buch wird die Verwendung von Stichwortkärtchen empfohlen. Aber auch jede andere schriftliche Form ist besser, als die Vorbereitung nur auf ein kurzes Durchdenken zu beschränken.

Nehmen Sie sich ausreichend Zeit

Nutzen Sie den gesamten Zeitraum, der zwischen der Übernahme und Durchführung des Vortrags liegt. Sobald Sie sich mit Ihrem Thema einmal befasst haben, arbeitet dieses im Geist weiter, auch dann, wenn Sie nicht unmittelbar damit beschäftigt sind. Das gilt auch, wenn Sie durch eine größere Ruhephase in der Vorbereitung etwas Abstand gewinnen. Neue Ideen entstehen und Sie kommen aus eingefahrenen Denkschienen heraus. Diese Chance entgeht Ihnen, wenn Sie in allerletzter Minute nur das unbedingt Notwendige zusammentragen.

Systematisch vorgehen

Eine vollständige Stoffsammlung und eine Gliederung sind erst möglich, wenn der Redner sich im Klaren darüber ist, was er mit seinem Vortrag erreichen möchte. Ein endgültiges Manuskript kann erst erstellt werden, wenn die Inhalte des Vortrags feststehen. Der im Folgenden skizzierte Ablauf in zehn Stufen hat sich bewährt.

(1) Redeziel festlegen

Wer nicht weiß, wohin er will, braucht sich nicht zu wundern, wenn er ganz woanders ankommt.“ Diese bekannte Feststellung von Robert Mager gilt auch für jeden Vortrag und jede Präsentation. Die erste Frage, die sich jedem Redner stellt, ist die Frage nach dem Redeziel. Erst wenn das Redeziel eindeutig feststeht, können die weiteren Vorbereitungsschritte sinnvoll durchgeführt werden.

8Wenn Sie sich für ein eindeutiges Redeziel entschieden haben, dann schreiben Sie dieses auf und legen es bei den weiteren Arbeitsschritten deutlich sichtbar vor sich. Damit können Sie jederzeit überprüfen, ob Sie noch zielorientiert arbeiten. Im Abschnitt 2.1 werden wir näher auf mögliche Redeziele eingehen.

(2) Stoffsammlung

Nachdem das Redeziel feststeht, folgt die Stoffsammlung. Auch wer ein Thema beherrscht, hat nicht alle Einzelheiten jederzeit auf Abruf parat.

Grundsätzlich sind bei der Stoffsammlung zwei Schritte zu unterscheiden:

Einzelheiten zur Vorgehensweise bei der Stoffsammlung finden Sie in Abschnitt 2.2.

(3) Vorläufige Gliederung

Als Ergebnis der Stoffsammlung verfügen Sie über eine Fülle an ungeordnetem Material. Entscheiden Sie sich frühzeitig für eine Gliederung. Je früher Sie sich für eine (vorläufige) Gliederung entscheiden, umso gezielter können Sie vorgehen. Sie können das bereits vorhandene Material zuordnen und die einzelnen Teile gewichten. Sie wissen auch, für welche Gliederungspunkte schon ausreichend Material vorliegt bzw. für welche Punkte weitere Aktivitäten erforderlich sind. Vermeiden Sie den beliebten „Schülerfehler“, die Gliederung erst nach der Ausarbeitung zu formulieren.

Wir sprechen hier bewusst von einer vorläufigen Gliederung, denn es ist möglich, dass diese bis zur endgültigen Fertigstellung des Vortrags nochmals geändert werden muss. In Abschnitt 2.3 finden Sie 9Einzelheiten zur Gliederung und zur Gestaltung von Einleitung, Hauptteil und Schluss.

(4) Hauptteil erarbeiten

Auch wenn Sie bei der Stoffsammlung zunächst alle Ideen festhalten, heißt das nicht, dass auch alle Gedanken in den Vortrag eingehen. Nehmen Sie in das endgültige Manuskript nur auf, was wirklich gesagt werden muss. Hierbei kann es hilfreich sein, den Vortrag aus der Sicht der Zuhörer zu sehen. Diese würden durch zu viele Details überfordert und überblicken möglicherweise nicht mehr den Gesamtzusammenhang. Gedanken, die für den Redner selbstverständlich sind, sind für die Zuhörer völlig neu und müssen von diesen erst verarbeitet werden. Überfordern Sie Ihr Publikum nicht, denken Sie auch daran, dass einigen Zuhörern manche Vorkenntnisse fehlen können, die zunächst geklärt werden müssen.

(5) Einleitung und Schluss formulieren

Die Behandlung des eigentlichen Themas ist Sache des Hauptteils. Wenn dieser steht, dann sollte es nicht mehr schwer sein, eine passende Einleitung sowie einen geeigneten Schluss zu finden. Leider verschießen viele Redner ihr Pulver zu früh. Die Einleitung soll zwar das Interesse des Publikums wecken, aber sie soll nicht bereits das Problem behandeln. Meiden Sie diese Gefahr, indem Sie Einleitung und Schluss erst nach Fertigstellung des Hauptteils endgültig festlegen.

(6) Stoff eingrenzen, ergänzen, neu gliedern

Wer rechtzeitig mit der Vorbereitung beginnt, kann diese auch einmal unterbrechen und das Erarbeitete zwischenzeitlich ruhen lassen. Durch die zeitliche Distanz verändert sich manchmal die Einstellung zum Thema. Nicht jeder Einfall aus der Stoffsammlung muss auch ausgesprochen werden. Streichen Sie alles, was nicht unbedingt zum Erreichen des Redeziels erforderlich ist.

Die Ruhephase bietet auch die Chance, Lücken im bisherigen Konzept zu erkennen. Dann ist es erforderlich, nochmals in die Materialsuche einzusteigen und die bisherigen Gedanken zu ergänzen. Scheuen Sie sich nicht, Ihren Vortrag nochmals neu zu gliedern, wenn Sie eine bessere Idee haben.

10 (7) Vorbereiten auf eine Aussprache

Bei der Ausarbeitung des Hauptteils wird auch eine Rolle spielen, ob nach dem Vortrag eine Diskussion oder Aussprache vorgesehen ist. In solchen Fällen können z.B. solche Aspekte, die nur für einen Teil des Publikums von Interesse sind, in die Diskussion verlagert werden. Einzelheiten zur Gestaltung einer Aussprache werden in Abschnitt 7.4 behandelt.

(8) Endgültiges Manuskript erstellen

Beim Erarbeiten des Hauptteils, der Einleitung und des Schlusses entsteht ganz von selbst ein erster Entwurf eines Redemanuskripts. Allerdings wird kaum eine Erstfassung perfekt sein. Nur ein zuverlässiges Manuskript wird im Vortrag eine wirkliche Hilfe sein. Wir befürworten wie die meisten Rhetorik-Trainer und Autoren von Rhetorikbüchern das freie Reden anhand von Stichworten. Einzelheiten über Möglichkeiten der Manuskriptgestaltung finden Sie in Abschnitt 2.4.

(9) Hilfsmittel und Umfeld vorbereiten

Während der Vorüberlegungen werden Sie sich auch über geeignete Hilfsmittel Gedanken machen. Sie müssen sich u.a. entscheiden, welche Aussagen Sie durch Visualisierung veranschaulichen wollen.

Soweit Sie Einfluss nehmen können, sollten Sie schon bei der Vorbereitung an das Umfeld (z.B. Vortragsraum, Hilfsmittel) denken. Informieren Sie sich auch rechtzeitig, ob Sie hinter einem Pult sprechen werden und ob ein Mikrofon benutzt werden muss.

(10 ) Generalprobe

Durch eine Generalprobe können Sie prüfen, ob Sie sich innerhalb der vorgesehenen Redezeit befinden und ob Ihre Gliederung folgerichtig aufgebaut ist. Sie können schwierige Formulierungen trainieren und Sie erfahren, ob bestimmte Gedanken (Beispiele, Vergleiche, Zitate) so ankommen, wie Sie sich das vorgestellt haben. Das alles vermittelt zusätzliche Sicherheit und trägt dazu bei, etwa vorhandenes Lampenfieber zu reduzieren.

Eine Generalprobe kann vor Familienmitgliedern oder Freunden durchgeführt werden. Bitten Sie einen solchen Zuhörerkreis um 11offene Kritik, die sowohl den Inhalt als auch die Darbietung und Ihr gesamtes Auftreten umfasst. Einzelheiten zur Generalprobe finden Sie in Abschnitt 6.4.

Checkliste: Sprechen vor Publikum

— was Sie sagen (Inhalt)

— wie Sie es sagen (Sprache) und

— wie Sie dabei auftreten (Auftreten).

— Vortragsziel festlegen

— Stoffsammlung

— (Vorläufige) Gliederung

— Hauptteil erarbeiten

— Einleitung und Schluss formulieren

— Stoff eingrenzen/ergänzen/evtl. neu gliedern

— Stichwortmanuskript erstellen

— Hilfsmittel vorbereiten

— Probevortrag halten (Generalprobe)

132. Kapitel

Inhaltliche Vorbereitung

Der Grundstein für den Redeerfolg wird mit der Vorbereitung gelegt.

Zwar hat wohl jeder Redner bei der Übernahme eines Themas schnell ein paar Ideen, aber die allein machen noch keinen guten Vortrag aus. Weitere Arbeitsschritte sind erforderlich:

2.1 Vortragsziel an den Zuhörern orientieren

Wer einen Vortrag oder eine Präsentation hält, muss sein Redeziel und seinen Zuhörerkreis kennen. Die grundlegende Unterscheidung in Überzeugungs- und Informationsvortrag wurde schon dargestellt. Aber das reicht zur Formulierung eines eindeutigen Redeziels nicht aus. Wer einen Vortrag hält oder präsentiert, muss sich in die Situation seiner Zuhörer versetzen können, damit er seinem Anliegen zum Durchbruch verhelfen kann. Er muss die Interessen seiner 14Zuhörer kennen. Deshalb stehen am Anfang aller Überlegungen die beiden Fragen:

Nur anhand eindeutig definierter Vortrags- oder Präsentationsziele können Sie beurteilen, ob Sie die beabsichtigte Wirkung erreichen. Überlegen Sie deshalb schon bei der Vorbereitung Kriterien, mit deren Hilfe Sie Ihr Vortragsziel messen können.

Wichtig:

Wer einen Vortrag oder eine Präsentation hält, muss klären, worüber er spricht (Thema), vor wem er spricht (Zuhörer) und was er mit seinen Ausführungen erreichen möchte (Redeziel).

Nicht immer liefert das Thema eine eindeutige Auskunft. Wenn Sie einen Vortrag oder eine Präsentation im Auftrag eines anderen durchführen, dann klären Sie mit dem Auftraggeber die Zielsetzung.

Beispiel: Ein Vorgesetzter überrascht seinen Mitarbeiter mit folgender Aufgabe: „Bitte vertreten Sie mich am übernächsten Freitag bei der Kammer. Ich soll dort zum Thema Personalentwicklung referieren und bin verhindert. Sie leiten seit Jahren unsere Abteilung Personalentwicklung und beherrschen das Thema sowieso viel besser als ich“.

Dieses Beispiel zeigt, dass noch einige Fragen zu klären sind, bevor der Mitarbeiter den Vortrag halten kann, denn außer einem Hinweis auf den Termin hat der Vorgesetzte keine genauen Angaben gemacht. Lautet das Thema nur „Personalentwicklung“ oder ist es genauer formuliert? Es ist ein Unterschied, ob das im eigenen Unternehmen bestehende Konzept nur vorgestellt wird oder ob die Zuhörer dafür gewonnen werden sollen, Personalentwicklung in ihrem Unternehmen einzuführen. Im ersten Fall würde die Information im Vordergrund stehen, der Vortrag könnte dann z.B. lauten: „Erfahrungen mit der Personalentwicklung der Firma XYZ“. Im zweiten Fall wäre das Ziel, die Zuhörer von der Notwendigkeit der Personalentwicklung 15zu überzeugen. Das Thema könnte in diesem Fall wie folgt formuliert sein: „Personalentwicklung liefert die Fachkräfte der Zukunft“.

Falls die Formulierung des Themas keine genaue Auskunft über das Vortragsziel gibt, muss sich der Redner auf andere Weise Klarheit verschaffen. Hilfe erhalten Sie, wenn Sie sich in die Rolle der Zuhörer versetzen und überlegen, welche Fragen diese durch den Besuch Ihres Vortrags oder Ihrer Präsentation beantwortet haben möchten. Auch die Zusammensetzung des Publikums sowie eine Information über dessen Vorkenntnisse und Erfahrungen mit dem Thema können Hinweise auf das Redeziel geben. Ein Vortrag vor Fachkollegen hätte wahrscheinlich andere Ziele und Inhalte, als wenn vor Teilnehmern referiert würde, die sich erstmalig mit dem Thema befassen.

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Überzeugend auftreten

Das weitere Vorgehen orientiert sich am Vortragsziel

Das Vortragsziel ist bestimmend für die weitere Planung und Vorgehensweise. Die Stoffsammlung und Stoffauswahl sowie die Gliederung Ihres Vortrags werden nicht ohne genaue Kenntnisse des Vortragsziels möglich sein. Auch für die Entscheidung, welche Vortragsteile visuell unterstützt werden sollen, müssen Sie Ihr Redeziel kennen.

16Wichtig:

Orientieren Sie sich am Informationsbedürfnis Ihres Publikums. Versetzen Sie sich gedanklich in die Situation Ihrer Zuhörer, damit Sie Ihre Ausführungen zuhörerorientiert darstellen können.

Überlegen Sie sich, was die Zuhörer schon wissen, was Sie noch wissen möchten, was sie interessiert. Die Stoffauswahl unter diesem Aspekt wird nur möglich sein, wenn Sie genau wissen, wer ihre Zuhörer sind.

2.2 Stoffsammlung

Nachdem das Redeziel feststeht, folgt die Stoffsammlung. Halten Sie bei der Materialsuche zunächst alle Gedanken fest, die Ihnen einfallen, auch wenn Sie noch nicht sicher sind, ob Sie diese im Vortrag tatsächlich benötigen.

Auch Gedanken, die nicht in den Vortrag einfließen, können nützlich sein. Ein Redner sollte immer wesentlich mehr wissen, als er sagt. Einzelne Gedanken können auch in einer späteren Diskussion noch nachgeschoben werden.

Spontanideen zum Thema sofort aufschreiben

Einige Gedanken werden Ihnen bei der Übernahme des Themas spontan einfallen. Halten Sie alle Ideen unbedingt schriftlich fest. Für die Sammlung der Spontanideen können die an anderer Stelle noch angesprochenen Stichwortkärtchen verwendet werden. Wenn Sie jeden Gedanken auf ein eigenes Kärtchen schreiben, dann können Sie die Kärtchen später durch einfaches Umsortieren in die gewünschte Reihenfolge bringen.

Systematische Stoffsammlung

Nicht alle Gedanken werden Ihnen von selbst zufliegen. Deshalb folgt in einem zweiten Schritt die systematische Stoffsammlung. Es gilt, die für jedes Thema vorhandenen Quellen zu erschließen. Regen Sie dazu Ihr Gedächtnis durch Fragen an. Diese können sich auf das Thema und den Inhalt sowie auf das Publikum beziehen.

17Fragen zum Publikum

Fragen zum Thema und Inhalt

Technisch-organisatorische Fragen

18Stoffauswahl und Gewichtung

In dieser Vorbereitungsstufe kommen qualitative Aspekte hinzu. Aus der Fülle des Materials muss ausgewählt werden, was in der begrenzten Zeit vorgetragen werden soll und kann. Anhand des Redeziels und der Zielgruppe wird auch überprüft, welches Gewicht die einzelnen Teile in der Gesamtdarstellung haben sollen. Folgende Fragen können bei dieser Entscheidung helfen:

Wählen Sie Ihr Vortragsmaterial auch danach aus, ob sie

Nicht alles, was Ihnen einfällt, werden Sie in den Vortrag aufnehmen. Beachten Sie bei der Vorbereitung, dass von der vorgesehenen Redezeit auch noch einige Minuten für Orientierungshilfen und andere von den Zuhörern geschätzte Informationen (zusätzliche Beispiele, aktuelle Bezüge) benötigt werden.

19Wichtig:

Haben Sie Mut, Wissen, über das Sie verfügen oder Material, das Sie gesammelt haben, wegzulassen.

2.3 Struktur und Dramaturgie

Eine wesentliche Voraussetzung für die Verständlichkeit eines Vortrags oder einer Präsentation ist eine klare und logische Gliederung. Oder anders ausgedrückt: der „rote Faden“ von der Anrede und Begrüßung bis zur Verabschiedung muss erkennbar sein. Dem Publikum wird das Zuhören und Verständnis erleichtert und als Redner hilft Ihnen die Gliederung, Ihre Gedanken zu ordnen und in eine logische Abfolge zu bringen.

Eine erste Grobstruktur liefert das schon im Schulaufsatz bewährte Drei-Stufen-Schema Einleitung – Hauptteil – Schluss. Als Orientierung für die zeitliche Relation dient eine Faustregel mit folgenden Werten:

Einleitung

 10–15 %

Hauptteil

 75–85 %

Schluss

   5–10 %

Die Gliederung in Einleitung, Hauptteil und Schluss reicht für die meisten Themen nicht aus. Mindestens der Hauptteil muss weiter untergliedert werden. Beachten Sie beim Entscheid, wie stark Sie einen Vortrag strukturieren wollen, auch den Zuhörerkreis und den Redeanlass.

2.3.1 Interesse wecken durch einen gelungenen Einstieg

Der Erfolg eines Vortrags oder einer Präsentation hängt auch davon ab, ob es dem Redner mit den ersten Worten gelingt, sein Publikum für sich einzunehmen.

20Wichtig:

Die Einleitung beansprucht zwar nur 10 bis 15 Prozent der Vortragszeit, aber sie macht ein Drittel der Wirkung auf die Zuhörer aus.

Bei Präsentationen und Vorträgen gehören zur Einleitung

Anrede und Begrüßung

Zwischen Redner und Zuhörern besteht zunächst eine Art unsichtbare Barriere, die möglichst schnell überwunden werden muss. Dabei hilft die richtige Anrede.

Wichtig:

Eine freundliche Anrede der Zuhörer ist ein Pflichtbestandteil. Zeigen Sie Ihre Verbundenheit mit den Zuhörern auch durch Blickkontakt, Mimik und Körperhaltung.

Wie die Anrede lautet, hängt vom Anlass und vom Zuhörerkreis ab. Die Anrede „Meine Damen und Herren” ist zwar korrekt, aber relativ unpersönlich. Dennoch ist diese Formulierung besser, als ohne Anrede direkt ins Thema einzusteigen. Die Zuhörer fühlen sich stärker angesprochen, wenn die Anrede deutlicher auf den anwesenden Personenkreis abgestellt ist.

Beispiele:

21Der wichtige erste Satz

Neben der passenden Anrede haben Sie mit einem gelungenen Anfangssatz eine zweite Möglichkeit, Ihr Publikum für sich zu gewinnen. Entscheiden Sie sich für eine Einstiegsvariante, die sowohl zum Publikum als auch zu Ihnen selbst passt.

Zuhörerkompliment

Das Zuhörerkompliment ist der klassische Beginn, wie er uns von den Rednern der Antike überliefert wurde. Dabei wird die Empfänglichkeit der Menschen für Komplimente genutzt. Achten Sie aber darauf, dass das Kompliment als ehrlich empfunden wird und sich nicht in einer stereotypen Floskel erschöpft.

Beispiele:

Ein wenig origineller Einstieg ist der „Dank an das Publikum für das zahlreiche Erscheinen“.

Gemeinsamkeit herstellen

Diese Möglichkeit eignet sich vor allem dann, wenn Zuhörer mit unterschiedlichen Auffassungen zusammenkommen. Ein Hinweis auf gleiche Probleme oder Interessen, die gleiche Herkunft, die Zugehörigkeit zur gleichen Berufsgruppe oder ein gemeinsames Erlebnis können hier angesprochen werden. Durch Gemeinsamkeiten können Sie Sympathie gewinnen.

22Beispiele:

Einstieg mit Humor

Diese Möglichkeit wird im deutschen Sprachraum viel zu wenig genutzt. Bei wissenschaftlichen Veranstaltungen und bei vielen Fachvorträgen ist Humor sogar fast verpönt. Das ist schade. Ein Zuhörer, der zunächst einmal schmunzelt, kann sich dennoch intensiv mit den nachfolgenden wissenschaftlichen Ausführungen auseinandersetzen.

Durch eine kleine Geschichte mit einer guten Pointe, die zum Thema passt, oder eine gut ausgewählte Anekdote oder einem gelungenen Cartoon können Sie Ihr Publikum bei jeder Art von Vortrag zum Schmunzeln bringen.

Beispiel: Ein Vortrag gegen das Rauchen wurde wie folgt begonnen: „Meine Damen und Herren, ein Patient wird mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert. Der aufnehmende Arzt fragt ihn: „Rauchen Sie?“ Antwort des Patienten: „Nicht mehr!“ Arzt: „Seit wann?“ Patient: „Seit einer Stunde!“

Zitate

Das Zitat ist ein bewährtes rhetorisches Mittel, das sowohl beim Einstieg als auch im weiteren Verlauf eines Vortrags für Abwechslung und Lockerung sorgt.

Beispiel: Ein Vortrag über rhetorische Stilmittel könnte wie folgt beginnen: „Meine Damen und Herren, Schopenhauer hat einmal gesagt“ (Pause, etwas lauter) „Nichts ist schwerer, als bedeutende Gedanken so auszudrücken, dass jeder sie verstehen muß“ (Pause, Blick zum Publikum; mit normaler Lautstärke weiter)

23Hilfsmittel und Anschauungsmaterial einsetzen