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Cordula Nussbaum

Lass Mal

Alles Aus!

Wie Du wirklich abschalten lernst

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Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http//dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-95623-904-5

Lektorat: Anja Hilgarth, Herzogenaurach

Umschlaggestaltung: total italic (Thierry Wijnberg), Amsterdam / Berlin | www.totalitalic.com

Autorenfoto: R. N. Fastner

Illustrationen: R. L. Fastner

Satz und Layout: Lohse Design, Heppenheim | www.lohse-design.de

© 2019 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

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Inhalt

Spot on

Ständig »on« – wirklich so schlimm?

Status quo statt Bauchgefühl

On-Treiber #1: Kannst Du mal?

On-Treiber #2: Sklaventreiber »digitale Gadgets«

On-Treiber #3: Work-Life-Blending

On-Treiber #4: Tüchtig oder süchtig?

On-Treiber #5: Pausenlos im Einsatz?

On-Treiber #6: Innerer Drang

On-Treiber #7: Gedankenkarussell

Mehr Impulse von Cordula Nussbaum

So kann es für Dich weitergehen

Quellenverzeichnis

Über Cordula Nussbaum

Spot on

Liebe Leserin, lieber Leser,

aus welchem Grund hast Du nach diesem Buch gegriffen? Sehnst Du Dich danach, endlich mal abschalten zu können? Tiefe Ruhe zu spüren? In den Themen versinken zu können? Innerlich zu entspannen? Versunken zu sein? Muße zu haben? Den Müßiggang zu genießen? Wieder Freude am dem zu haben, was Du tust? Echte innere Kraft zu spüren? Dich einfach mal treiben zu lassen – anstatt angetrieben zu sein?

Alles mal auslassen, abschalten, auftanken – kaum ein Zustand ist heute für viele Menschen schwieriger zu erreichen, als die Pause-Taste zu drücken. Und sich in echt, digital und auch mental aus dem Alltag auszuklinken.

Ich selbst war jahrelang auch ständig »on«. Rund um die Uhr erreichbar, jederzeit bereit, für andere zu springen, mental ständig im »Tun«-Modus. Was mir definitiv nicht guttat. Was mir definitiv aber auch gar nicht auffiel, vor lauter Beschäftigtsein. Zweimal musste es mich gesundheitlich massiv rauswerfen aus meinem »ständig on«, bis ich nach und nach lernte, mein ganz persönliches »On-off«-Level zu finden. Ein Level, das mich in rasanter Fahrt hält, aber auch Boxenstopps erlaubt, um gesund und tiefenentspannt leistungsfähig zu bleiben. Interessanterweise stiegen meine Produktivität und auch mein (finanzieller) Erfolg sogar, nachdem ich nicht mehr ständig »on« war. Du wirst im Laufe dieses Buches verstehen, warum das so ist, und Dich auf den gleichen Effekt bei Dir freuen können.

In meinen Seminaren, Vorträgen und Coachings lernten bislang mehrere Tausend Angestellte, Führungskräfte und Unternehmer die besten Methoden kennen, endlich mal mit einem guten Gewissen (!) abzuschalten. Du hältst diese Impulse jetzt mit diesem Buch in Händen. Impulse für ein »Raus« aus der ständigen Alarmbereitschaft und ein »Rein« in ein echtes Abschalten-Können.

Dabei schauen wir auf die Rahmenbedingungen, die unseren »Off«-Wunsch häufig erschweren, und Du bekommst Impulse, wie andere Menschen und Unternehmen »Lass Mal Alles Aus« mit Erfolg eingeführt haben. Dann nehmen wir unter die Lupe, warum Du im tiefsten Inneren vielleicht (noch) gar nicht wirklich abschalten willst, und sobald Du die äußeren und inneren Grundlagen für »Lass Mal Alles Aus« – LMAA – geschaffen hast, erfährst Du, wie Du jetzt auch den Kopf frei bekommst.

Viel Spaß beim Lesen, und viel Spaß beim echten genussvollen Abschalten!

Deine Cordula Nussbaum

PS: Unter www.gehtjadoch.com/abschalten findest Du ein Workbook sowie Bonusmaterial für Dein individuelles LMAA-Training. Das Passwort lautet: LMAA.

PPS: »Lass Mal Alles Aus!« ist das 2. Buch aus der neuen LMAA-Reihe von Cordula Nussbaum. Bislang erschienen: LMAA – 66 Miniplädoyers für mehr Mut, Leichtigkeit und Gelassenheit.

Ständig »on« – wirklich so schlimm?

Wer behauptet eigentlich, dass wir unbedingt »abschalten« müssen? Dass wir Pausen brauchen? Dass wir nicht erreichbar sein sollten? Was ist, wenn Du Dich total wohlfühlst damit, ständig »on« zu sein? Was ist, wenn Du es liebst, Dich sofort um neue Probleme zu kümmern? Wenn es Dich glücklich macht, jederzeit ansprechbar zu sein, und Dein hoher Action- und Erreichbarkeits-Level Dein Jungbrunnen ist?

Nerven Dich die Diskussionen um eine »gesunde Work-Life-Balance«? Weil Du keinen Unterschied machst zwischen Job und Leben? Weil Deine Arbeit Leben pur ist? Und Du »Work« und „Life“ gar nicht so strikt trennen willst?

Warum drohen uns ständig alle mit dem Damoklesschwert »Burn-out«, nur weil wir unseren Job lieben und viele Stunden damit verbringen? Warum soll es schädlich sein, dass Du nachts am Rechner oder Telefon bist und auch in der Freizeit von einem Ehrenamt zum nächsten springst? »Schlafen kann ich, wenn ich tot bin«, sagte einst der legendäre Filmemacher Rainer Werner Fassbinder, der in 13 Jahren 44 Filme machte und mit 37 Jahren starb. Ist das auch DEIN Motto?

Ja, es gibt Menschen, die brennen wie eine Kerze von zwei Seiten. Und denen zu sagen: »Schalt mal ab, schalt mal einen Gang runter!«, ist so sinnvoll wie zu einem Vogel zu sagen: »Hör auf zu zwitschern!« Manche Menschen haben es quasi in ihrer DNA, als Hochgeschwindigkeitszug ohne Zwischenhalt durchs Leben zu donnern und Tag und Nacht ansprechbar zu sein.

Per se gibt es nichts zu mäkeln an einem hohen Workload, vielen Verpflichtungen, einer Verschmelzung von Berufs- und Privatleben und einem emsigen Tun. Dann nämlich, wenn das hohe Tempo, das Jonglieren von zahlreichen Aufgaben gleichzeitig und der stolze Blick in den vollen Terminkalender unserem inneren Rhythmus entspricht. Solange es unsere innere natürliche Taktung ist, die uns antreibt, und nicht das Tempo in unserer Umgebung, dann ist alles wunderbar. Solange wir freiwillig zum »Work-Life-Blender« werden – nein, nicht der »Vortäuscher«, sondern der »Mixer« (aus dem englischen blend = mischen) –, der seinen beruflichen und privaten Alltag fließend handhabt, so lange ist alles im Lot. Solange wir auftanken können und uns erholen können, brauchen wir über »Lass Mal Alles Aus« nicht weiter nachzudenken.

Wenn wir allerdings verdichten, hetzen und jonglieren, wenn wir mixen und ständig erreichbar sind, weil die Menschen- und Aufgabenfülle in unserem Alltag da draußen oder kleine bohrende Antreiber in uns selbst uns immer wieder zu »ständig on« antreiben, dann wird es ungesund.

Schleichend infiziert

Dumm nur, dass wir oft gar nicht merken, warum wir so emsig sind, wie wir sind. Schleichend packen uns offene Aufgaben unauffällig bei der Ehre. Unbemerkt locken uns neue Projekte in ihren Bann. Still und leise machen sich Urlaubs- und Neujahrsvorsätze, endlich mal weniger zu tun, davon. Machen die Kollegen ja auch nicht! Viel zu schaffen wird in unserer Leistungsgesellschaft honoriert. Faultiere sind verpönt! Und solange es dumme Sprüche hagelt, wenn wir pünktlich Feierabend machen («Arbeitest du jetzt halbtags?«), ist es schwer, die innere Taktung zu spüren – und zu leben.

Immer »on« zu sein, hat Suchtcharakter. Wir fühlen uns toll und unschlagbar. Yeah, alle To-dos erledigt, und nebenbei noch zehn überraschende Aufgaben gewuppt – Chapeau! Wir wollen die Fülle des Lebens auskosten – also noch schnell ein paar Konzerttickets gebucht. Wir wollen mit unseren Freunden in Kontakt bleiben – also noch hurtig in 37 WhatsApp-Gruppen unseren Senf dazugegeben. Noch ein Herz auf dem Instagram-Post des Schwagers verteilen und neue Schuhe bei Zalando bestellen. Mal alles auslassen? Fehlanzeige. Tempo und »Sofortness« stecken an. Nicht nur beim Arbeiten, sondern sogar beim Gehen!

Kennst Du »die schnellste Stadt der Welt«? In Singapur brauchten die Fußgänger für eine rund 18 Meter lange Strecke im Schnitt elf Sekunden, stellten Wissenschaftler in einer heimlichen Beobachtung fest. 13 Jahre früher ließen sie sich dafür noch 15 Sekunden Zeit. Zum Vergleich: In Malawi bummeln die Einwohner von Blantyre die Strecke in rund 32 Sekunden.1 Forscher gehen davon aus, dass das Schritttempo eng mit dem Lebenstempo und dem Stressempfinden zusammenhängt: Je schneller wir gehen, desto schneller und stressiger empfinden wir unseren Alltag. Unsere innere Taktung passt mit der äußeren Taktung einfach nicht (mehr) zusammen.

»Die Zeit vergeht nicht schneller als früher, aber wir laufen eiliger an ihr vorbei.«

George Orwell

Abschalten? Eine Sünde!

Im Kern ist die Überforderung durch äußere Taktungen ein uraltes Thema, unter dem bereits unsere Vorfahren litten. Ab dem 14. Jahrhundert regeltenGlocken den Arbeitstag der Tuchmacher in den Webereien in Italien, Flandern oder Nordfrankreich; und die wachsende Zahl von Händlern, Handwerkern, kleinen Unternehmern und Beamten schürten den Wunsch, die Zeit genauer ermitteln zu können. Immer mehr verloren die Menschen den Bezug zum Rhythmus der Natur und arbeiteten unabhängig von den Jahreszeiten, unabhängig von Hell und Dunkel. Für sie wurde es zunehmend wichtig, sich zu fixen Terminen treffen zu können. Auch die Arbeit an sich wurde immer effizienter organisiert und schnell machten Moral-Theologen eine neue Sünde aus: die Zeitverschwendung. Der Dominikaner Domenico Cavalca, gestorben 1342 in Pisa, verkündete kategorisch: Der »Müßige, der seine Zeit verliert, der sie nicht bemisst, gleicht den Tieren und verdient es nicht, als Mensch angesehen zu werden«.2

Lewis Mumford, ein US-amerikanischer Gelehrter des 20. Jahrhunderts, nannte die Uhr die Schlüssel-Erfindung des Industriezeitalters – nicht die Dampfmaschine.3 Es setzte sich die Überzeugung fest, dass eine Gesellschaft nur überleben kann, wenn sie sich beschleunigt und permanent wächst. Stillstand bedeutete Rückschritt, bedeutete das Risiko, alles wieder zu verlieren. Und das setzte die Menschen unter Druck.

Als dann noch elektrisches Licht die Gasfunzeln und Kerzen ablöste, änderten sich der Tagesrhythmus und die Geschwindigkeit des Lebens radikal. 1919 lästerte Kurt Tucholsky: »Dieses Tempo, diese irrsinnige preußische Art, sich das Leben kaputtzumachen. Anderswo wird auch gearbeitet, und sicherlich so intensiv wie bei uns – aber man macht nicht solchen Salat daraus.«4

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Volksleiden »Hetzkrankheit«

Schon damals begannen die Menschen zu leiden. Mit Anfällen von Herzklopfen, Zuckungen beim Einschlafen, Verdauungsstörungen, Depressionszuständen sowie hochgradiger körperlicher und psychischer Ermüdung kam der österreichische Schriftsteller Robert Musil im März 1913 zu einem Nervenarzt. Diagnose: Neuras- thenie. Auch Franz Kafka reiste im September 1913 an den Gardasee, »um seine Verzweiflung und Neurasthenie heilen zu lassen«.5

»Neurasthenie« überflutete Mitteleuropa wie eine Epidemie und war in den Jahren vor 1914 eine der häufigsten Diagnosen überhaupt. Die zunehmende Nervosität müsse irgendwie mit Industrialisierung, Säkularisierung und Urbanisierung zu tun haben, sagten Mediziner. »Alles geht in Hast und Aufregung vor sich, die Nacht wird zum Reisen, der Tag für die Geschäfte benützt; selbst die Erholungsreisen werden zu Strapazen für das Nervensystem«, schrieb der Nervenarzt Wilhelm Erb 1893.6

Heute nennen wir es »Hurry Sickness« oder Burn-out. Ausgelöst mit einer neuen Beschleunigungswelle in den 1990er Jahren, durch Internet, den Siegeszug der Personal Computer, Mobiltelefone und schließlich mobiles Internet.

Zeitmillionäre? Schön wär´s!

Fast immer verspricht uns eine neue Technik, dass wir Zeit »sparen«. Doch das Gegenteil ist der Fall. Statt nun Zeitmillionäre zu sein, darben wir an Zeitknappheit.

Kein Wunder. Zum einen passen wir unsere Aufgabenmenge und unseren Konsum an die neuen Möglichkeiten an. Im Sekundentakt schicken und beantworten wir E-Mails, lassen täglich die Waschmaschine laufen oder fahren mit dem Auto schnell noch 300 Kilometer auf ein cooles Konzert. Wir packen die Tage immer voller – einfach weil wir es können.

Oder weil wir es müssen: Viele Berufstätige erledigen heute ein Pensum, das früher von zwei oder drei Menschen gestemmt wurde. Ein gutes Zeitmanagement und Effizienz gelten als Schlüssel zum Erfolg. Ergebnis: Die Aktivitäten verdichten sich, aber mit Multitasking versuchen wir auch das zu bewältigen. Leider reißt die Arbeit nicht mehr ab – und solange der Akku Deines Laptops oder Smartphones geladen ist, hast Du heute etwas zu tun. Internet, Smartphone & Co. ist es zu verdanken, dass wir rund um die Uhr und rund um den Globus ständig arbeiten können. Besonders wenn wir selbstständig sind oder als Führungskraft oder Angestellter ein über Europa hinaus gehendes Zuständigkeitsgebiet haben, in verschiedenen Zeitzonen.

Je mehr wir dann noch unsere Arbeit lieben, desto mehr Zeit und Energie stecken wir rein und sind auch bereit, weit über die gesetzlichen Zeiten hinaus zu arbeiten.

Die Technik macht es heute möglich, dass wir 24/7 »on« sein können. Dummerweise zieht alleine die Möglichkeit der ständigen Erreichbarkeit bei vielen Menschen aber auch die gefühlte Pflicht mit sich, tatsächlich erreichbar sein zu müssen. Und irgendwann wollen wir es auch. Um ja nichts zu verpassen. Oder um ja nicht beruflich oder privat abgehängt zu werden. Und schon genießen wir es, in der U-Bahn indisches Currygewürz direkt in Delhi bestellen zu können, nachts im Bett mit einer Freundin in Toronto zu chatten und auf dem Klo minutengenau über die News der Welt informiert zu sein. Mal sich ausklinken und abschalten – schier unmöglich!

Doch »Abschalten« ist nicht nur eine Frage der Aufgabenorganisation oder eine technische Challenge. Denn selbst wenn wir offline sind, uns in den Feierabend, ins Wochenende oder in den Urlaub verabschiedet haben, macht unser Hirn noch lange keine Pause! Selbst wenn wir mal erschöpft auf der Couch liegen, dreht sich das Gedankenkarussell weiter.

Ständig »on« macht krank

Mit fatalen Folgen. Unser Geist, unsere Seele und unser Körper haben kaum noch echte Erholphasen. Wir werden krank. Innere Unruhe, Erschöpfung, Ausgelaugtsein, Schlaflosigkeit, Gereiztheit, Allergien, Gewichtszunahme, Lustlosigkeit, Antriebsschwäche, Kraftlosigkeit, Depression, Burn-out – all dies sind Folgen der ständigen inneren Alarmbereitschaft.

107 Millionen Tage fielen deutsche Berufstätige vor zwei Jahren aufgrund von psychischen Leiden wie Depression und Burn-out aus. Zehn Jahre vorher war es nicht mal die Hälfte dieser Fehlzeiten! Wirtschaftlicher Schaden für die Arbeitgeber: Produktionsausfälle von rd. 12,2 Milliarden Euro.7 Die Psyche ist zu 43 Prozent mittlerweile auch die häufigste Ursache, wenn Berufstätige vorzeitig in den Ruhestand gehen.8 Und selbst bei (Kindergarten-)Kindern und Jugendlichen zeigt rund jeder Fünfte Anzeichen von massivem Stress, wie Schlafstörungen, Kopf- und Bauchschmerzen, Aggressionen oder Wut.9

Ja, ich glaube, dass ständig »on« schlimm ist. Nicht nur wenn ich auf die Zahlen schaue, sondern auch wenn ich meinen Seminarteilnehmern und Coachingklienten zuhöre oder wenn ich mich im Bekanntenkreis umschaue.

Auch wenn wir es freiwillig machen – ständig »on« zu sein fordert einen hohen Preis. Dann nämlich, wenn wir permanent über unsere Grenzen gehen, wenn eine zu hohe Taktung Druck ausübt, wenn das Verschmelzen von Berufs- und Privatleben mehr Probleme aufwirft und Konflikte erzeugt, als es uns autonome Freiheit schenkt, wenn wir in die Arbeitssucht zu rutschen drohen oder die ständige Alarmbereitschaft den Schlaf raubt, wenn wir ohne echte Pausen durch die Tage rauschen und als hilfsbereite Menschen ständig für die anderen da sind – dann ist es kein Wunder, dass wir uns müde und ausgelaugt fühlen, dass wir schlecht schlafen und das Leben nicht mehr so genießen können, wie wir es wollen.

Zeit, Dein ideales On-off-Level zu definieren

Es ist an der Zeit, dass jeder von uns sein »On-off-Level« neu definiert und sich befreit von inneren und äußeren Zwängen. Es ist an der Zeit, dass jeder von uns (wieder) lernen darf, die eigenen Grenzen und Bedürfnisse zu spüren und sich dafür einzusetzen. Denn was bringen uns Arbeitszeitgesetze und Vorgaben, wenn unsere inneren Antreiber uns ständig in ein Verhalten drängen, das uns auf Dauer gesehen einfach nicht guttut? Nichts!

Immer mehr Menschen fangen deshalb an, nachzudenken über den Irrsinn, den wir hier feiern. Und gehen neue Wege, auf denen sie mal alles auslassen.

Wir brauchen mehr Achtsamkeit, um zu spüren, was wir wirklich wollen. Wir brauchen mehr Selbstwert, um für uns zu kämpfen. Und wir brauchen eine gesunde Portion »LMAA«, um das »Lass Mal Alles Aus«, was wir uns für uns wünschen, dann auch wirklich mit einem guten Gewissen dauerhaft erfolgreich umsetzen zu können.

Ob Du einfach mal alles auslassen willst oder nicht, das ist natürlich ganz alleine Deine Entscheidung. Wenn Du aber willst, dann finde jetzt heraus, was Dich in den »ständig on«-Modus treibt, und lerne Strategien, einen Schlussstrich zu ziehen sowie Dein ideales On-off-Level zu finden.

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Status quo statt Bauchgefühl

Viele Menschen möchten »eigentlich« abschalten (oder andere Dinge in ihrem Leben verändern), aber schaffen es einfach nicht. Kein Wunder!

Denn wenn wir nicht das tun, was wir »eigentlich« tun wollen, dann hat das in der Regel handfeste Gründe. »Irgendetwas« in uns sabotiert das, was der Kopf als logisch und gut bewertet. »Irgendetwas« sorgt dafür, dass wir nicht so handeln, wie es besser für uns wäre. »Irgendetwas« funktioniert als Antreiber – in unserem Falle kämpfen wir also gegen unsere On-Treiber. Denn dieses »irgendetwas« wirft uns immer wieder auf unsere schlechten Gewohnheiten zurück. Selbst bei vermeintlich so banalen Dingen, wie mal das Handy auszulassen. Oder das Gedankenkarussell zu stoppen.

Einer der häufigsten Gründe, warum wir unser Verhalten nicht ändern, ist, dass wir schlicht und ergreifend gar nicht wissen, wie es um uns steht. Wir unterschätzen unseren Handykonsum, die Auswirkung von Störungen oder Multitasking, oder überschätzen unsere Leistungsfähigkeit im Verlauf eines Arbeitstages oder einer Arbeitswoche.

Solange wir aber kein klares Bild vom Sinn oder Unsinn unseres Treibens haben, haben wir null Anlass, etwas zu verändern. Schon gar nicht, wenn von außen ein Impuls kommt, was »man« doch bitte tun oder lassen sollte. Solange Du nicht deutlich siehst, welchen Effekt Dein Verhalten auf Deine Lebensqualität, Deine Zufriedenheit, Deine Leistungsfähigkeit oder auf das Miteinander mit anderen Menschen hat, wirst Du nicht nachhaltig etwas verändern.

Wenn Du also das Gefühl hast, Deine guten Vorsätze in puncto »abschalten« könnten von »irgendetwas« in Dir torpediert werden, dann ist es sinnvoll, Dir erst mal einen Überblick zu verschaffen, wie gut oder schlecht es tatsächlich um Dich steht, und auch Deine möglichen Saboteure zu entlarven.

Äußerer Rahmen – innerer Antrieb

Dass viele von uns ständig im Stand-by-Modus sind und der heute ach so möglichen »Sofortness« erliegen, hat in der Regel zwei Ursachen:

1. Die Rahmenbedingungen

Technisch ist es uns möglich, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 52 Wochen im Jahr »on« zu sein – außer der Akku unserer digitalen Geräte ist leer oder wir haben keinen Netzempfang. Diese Rahmenbedingen fördern unter Umständen auch eine hohe Erwartungshaltung von Vorgesetzten, Kollegen, Kunden, Freunden oder Familienmitgliedern, die sich aber nicht nur auf unsere technische Erreichbarkeit und Reaktion auf Anfragen bezieht, sondern auch auf unsere persönliche Ansprechbarkeit.

2. Der innere Antrieb

Ob wir in den oben genannten Rahmenbedingungen allerdings tatsächlich ständig »on« sind, hängt ganz stark von unserer inneren Befindlichkeit ab. Denn nur, weil wir »on« sein können, heißt das ja nicht, dass wir es auch wirklich sind. Was also treibt uns innerlich in den ständigen Empfangsbereit-Modus?

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Im Verlauf der kommenden Kapitel werden wir uns beide Komponenten anschauen. Denn selbst wenn die Rahmenbedingungen sich als 100-Prozent-Forderung für »ständig on« darstellen, so schaffen es viele meiner Seminarteilnehmer und Coachingklienten ganz wunderbar, sich nicht mehr vereinnahmen zu lassen. Sie setzen Grenzen und weisen selbstbewusst und selbstbestimmt die Forderungen von außen zurück. Sie schaffen sich Zeiten für Aktivitäten, in denen sie versinken und aufgehen, sie sind im Flow und genießen die müßigen Stunden.

Auch Du kannst das schaffen!

Reflexionen: Was hält mich »on«?

In den folgenden Kapiteln findest Du immer wieder Reflexionsfragen zu den häufigsten On-Treibern, die meine Klienten auf Trab hielten. Die Aussagen und die Beispiele sollen Dir helfen, Deine eigenen Gedanken oder Situationen deutlich zu sehen, die Dich immer wieder (unbewusst) vom Abschalten abhalten.

Kreuz bei den jeweiligen Aussagen bitte jeweils das an, was Dich spontan am meisten anspricht oder Deinem Verhalten – Hand aufs Herz – derzeit am meisten entspricht. Ja, vielleicht sind einige Aussagen sehr »durchsichtig« und Du weißt genau, was Du ankreuzen müsstest, damit Du einem bestimmten (geschönten?) Bild entsprichst. Aber darum geht es hier nicht. Keiner außer Dir selbst wird Deine Auswahl sehen, deshalb nutz die einzelnen Aussagen, um selbst-kritisch und selbst-wertschätzend auf Dich zu blicken. Denn je klarer Du Dich hier mit Deinen Ecken und Kanten erkennst, desto besser wirst Du die Dinge ändern können, die Dir dann wirklich am Herzen liegen.

Du glaubst, dass auch andere Menschen nach Dir dieses Buch in die Hand nehmen werden? Dann lade Dir die Übungen unter www.gehtjadoch.com/abschalten gratis als PDF herunter, und füll sie ehrlich aus.

Du machst diese Reflexion für Dich und zu Deinem Wohle. Meine Fragen helfen Dir dabei, wie in einem Einzelcoaching, Dich selbst besser kennenzulernen und anschließend Deine ganz individuellen LMAA-Strategien anzuwenden.

Also los!