VVorwort zur 5. Auflage

Personalentwicklung ist eine Investition in die Zukunft, die nicht von der Branche, der Betriebsgröße oder dem kleinsten gemeinsamen Nenner bei der Verteilung von knappen Ressourcen in einem Unternehmen bestimmt sein sollte. Das 21. Jahrhundert ist durch eine neue Orientierung zwischen Erstausbildung und Weiterbildung gekennzeichnet. Während sich die Erstausbildung noch stärker als bisher auf die Vermittlung elementarer Schlüsselkompetenzen konzentrieren wird, dürfte die Personalentwicklung (Weiterbildung) darauf abzielen, dass Mitarbeiter in rascher Folge für sich ändernde Aufgaben qualifiziert und Führungskräfte eher auf eine ganzheitliche Führung vorbereitet werden.

Über diese grundlegenden Überlegungen hinaus, zeigt auch das aktuelle Geschehen am Arbeitsmarkt, dass die Bedeutung der Personalentwicklung weiter zunehmen wird. Nach wie vor ist es der anhaltende Fachkräftemangel, der weder durch die Reaktivierung älterer Arbeitnehmer noch durch die Integration von Zuwanderern zufriedenstellend gelöst werden kann. Weitere Aufgaben entstehen durch die zunehmende Digitalisierung. Nur wer sich regelmäßig um eine Qualifikationsanpassung und Weiterbildung seiner Mitarbeiter bemüht, wird den gestiegenen Anforderungen gewachsen sein.

Das Buch enthält das gesamte Instrumentarium der Personalentwicklung. Die Gliederung orientiert sich am Ablauf in der Praxis. Dargestellt sind pragmatische Lösungen, die sich auch im Klein- und Mittelbetrieb mit vertretbarem Aufwand umsetzen lassen. Das Buch wurde vollständig überarbeitet, das bewährte Konzept wurde beibehalten.

Wenn in diesem Buch von Kollegen oder Mitarbeitern die Rede ist, so sind gleichermaßen Frauen und Männer gemeint. Alle Leserinnen bitte ich dafür um Verständnis.

Gengenbach, im September 2017

Wolfgang Mentzel

VIVorwort zur 1. Auflage

Personalentwicklung war während der letzten zwanzig Jahre das dominierende Personalthema. Dafür werden unterschiedliche Begründungen genannt: Zunächst ging es um eine Anpassung der Qualifikationen der Mitarbeiter an den raschen technologischen, wirtschaftlichen und sozialen Wandel. Darauf folgte die Vorbereitung auf den größeren europäischen Markt. Danach stand die Kostendiskussion, insbesondere die Höhe der Personalkosten im Vordergrund. Gegenwärtig ist es der Fachkräftemangel einiger Branchen, der viele Unternehmen zu verstärkten Anstrengungen bei der Qualifikation der Mitarbeiter zwingt.

Die in der Ausbildung einmal erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse reichen heute nicht mehr aus, um ein ganzes Berufsleben zu bestreiten. Eine in die Zukunft gerichtete planvolle Personalarbeit kann sich nicht darauf verlassen, den künftigen Personalbedarf ausschließlich am externen Arbeitmarkt zu decken. Der Zwang zur ständigen Anpassung der Qualifikationen durch ein „Lebenslanges Lernen“ steigt. Die Unternehmungen werden im Wettbewerb nur dann Schritt halten können, wenn es ihnen jederzeit gelingt, die vorhandenen Fähigkeiten und Neigungen ihrer Mitarbeiter mit den jeweiligen Anforderungen der Arbeitsplätze in Übereinstimmung zu bringen. Bei der Bewältigung dieser Aufgabe hilft die Personalentwicklung. Sie umfasst alle Maßnahmen, die der Förderung und Bildung der Mitarbeiter dienen. Dieses Buch enthält ein umfassendes Konzept, dessen Umsetzung durch zahlreiche Formulare und Checklisten erleichtert wird. Als Voraussetzung für die Durchführbarkeit wurde dabei nicht der Spezialistenstab in den Personalabteilungen der Großunternehmen unterstellt, sondern der Allround-Personalmann im Klein- und Mittelbetrieb, der sich neben allen anderen Aufgaben auch um die Personalentwicklung kümmern muss.

Schönwald, im Mai 2001

Wolfgang Mentzel

1 1. Kapitel
 
Grundlagen der Personalentwicklung

1.1 Begriff und Bereiche

Die Anforderungen an die Flexibilität der Mitarbeiter und ihre Fähigkeit und Bereitschaft, ihr Wissen und Können den sich laufend ändernden Arbeitsbedingungen anzupassen, steigen ständig. Von den Unternehmen wird erwartet, dass sie ihren Mitarbeitern die dazu notwendigen Gelegenheiten bieten, indem sie geeignete Qualifizierungsmaßnahmen offerieren. Durch eine gezielte und systematische Personalentwicklung wird eine bedarfsgerechte Förderung und Bildung der Mitarbeiter sichergestellt. Gleichzeitig werden den Mitarbeitern die erwarteten Möglichkeiten für eine berufliche Anpassung und ein berufliches Weiterkommen eröffnet.

1.1.1 Förderung und Bildung der Mitarbeiter durch Personalentwicklung

Die vordringliche Aufgabe der Personalentwicklung besteht darin, die vorhandenen Fähigkeiten und Neigungen der Mitarbeiter zu erkennen, zu entwickeln und sie mit den jeweiligen Erfordernissen der Arbeitsplätze in Übereinstimmung zu bringen.

2Wichtig:

Personalentwicklung bedeutet eine systematische Förderung und Weiterbildung der Mitarbeiter. Dazu zählen sämtliche Maßnahmen, die der individuellen beruflichen Entwicklung der Mitarbeiter dienen und ihnen unter Beachtung ihrer persönlichen Interessen die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Qualifikationen vermitteln.

Aus dieser Definition lassen sich mehrere aufeinander aufbauende Teilfunktionen ableiten:

Dieser Aufgabenkatalog verdeutlicht, dass der Begriff Personalentwicklung mehr umfasst, als im Allgemeinen unter Aus- und Weiterbildung verstanden wird.

Wichtig:

Förderung und Weiterbildung machen gemeinsam den Inhalt der Personalentwicklung aus.

3Zur Förderung zählen vorwiegend Aktivitäten, die auf die Position im Betrieb und das berufliche Weiterkommen des Einzelnen gerichtet sind, während die Bildung auf die Vermittlung der zur Wahrnehmung der jeweiligen Aufgaben erforderlichen Kompetenzen abstellt. Die betrieblichen Bildungsmaßnahmen machen zwar einen wesentlichen Teil der Personalentwicklung aus, sie sind jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn die vermittelten Fertigkeiten und Kenntnisse auch gefragt sind.

1.1.2 Internes Personalmarketing durch Personalentwicklung

Eine im vorstehenden Sinn definierte Personalentwicklung kann als typisches Instrument des Personalmarketing verstanden werden. Beim Personalmarketing wird das ursprünglich für den Absatzmarkt entwickelte Konzept einschließlich des zugehörigen methodischen Instrumentariums auf den Personalbereich übertragen. Grundsätzlich gelten die gleichen Überlegungen wie beim Absatzmarketing, wobei an die Stelle des Kunden die vorhandenen oder zu gewinnenden Mitarbeiter treten. An die Stelle der Waren oder Dienstleistungen treten die Arbeitsplätze, die den Mitarbeitern angeboten werden sollen. Damit stellt Personalmarketing darauf ab, die Arbeitsplätze so attraktiv zu gestalten, dass sie den Interessen und Erwartungen der Mitarbeiter entsprechen. Die Personalentwicklung leistet einen wesentlichen Beitrag, um dieses Ziel zu erreichen.

Wichtig:

Die Personalentwicklung schafft die Voraussetzungen, um Personalmarketing nicht nur nach außen bei der Suche nach neuen Mitarbeitern zu betreiben, sondern auch nach innen, indem den vorhandenen Mitarbeitern sichtbare Chancen zur Weiterbildung und zum beruflichen Fortkommen im eigenen Unternehmen angeboten werden.

Die Aufgabenstellung der Personalentwicklung ist nicht völlig neu. Schon immer ist es den Betrieben darum gegangen, „die richtigen 4Mitarbeiter an den richtigen Arbeitsplätzen“ einzusetzen; schon immer lag es im Interesse der Unternehmen, die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter richtig zu erkennen, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Allerdings haben die Intensität dieser Bemühungen und ihre Auswirkungen auf den Fortbestand der Unternehmungen in den letzten Jahren beträchtlich an Bedeutung gewonnen. Die Verantwortlichen in den Unternehmen haben erkannt, dass die Erschließung der Qualifikationen der Mitarbeiter durch die Personalentwicklung weit reichende Folgen für die Zukunft der Unternehmungen haben kann. In immer stärkerem Maße wird die Personalentwicklung in strategische Überlegungen eingebunden und als unerlässliche Komponente einer erfolgreichen Unternehmensstrategie verstanden.

1.1.3 Personalentwicklung und Organisationsentwicklung

Ehemals war die betriebliche Bildungsarbeit ganz auf die Erfordernisse des Unternehmens ausgerichtet. Dagegen werden im umfassenden, ganzheitlichen Konzept der Personalentwicklung neben den Zielen des Unternehmens immer auch die Vorstellungen und Wünsche der Mitarbeiter berücksichtigt. Diese Interpretation des Begriffs Personalentwicklung deckt sich damit auch weitgehend mit den Zielen der Organisationsentwicklung .

Als Organisationsentwicklung wird ein geplanter und schrittweise vollzogener Entwicklungs- und Veränderungsprozess von Organisationen (z.  B. eines Betriebs) und den darin tätigen Menschen bezeichnet. Gleichzeitig verfolgte Ziele der Organisationsentwicklung sind zum einen eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Organisation (Effektivität) und zum anderen eine Verbesserung der Qualität des Arbeitslebens für die in der Organisation tätigen Menschen (Humanität). Die Organisationsentwicklung will also Produktivität und Menschlichkeit miteinander in Einklang bringen. Dabei wird sie von der Gesamtheit der Mitglieder einer organisatorischen Einheit getragen. Unter aktiver Beteiligung der Betroffenen werden konkrete Fragen und Probleme der täglichen Arbeit und der Zukunft besprochen. Der Prozess beruht auf dem Lernen aller Betroffenen durch direkte Mitwirkung und praktische Erfahrungen.

5Ein wesentliches Element der Organisationsentwicklung ist ein offener Meinungs- und Informationsaustausch, der sich sowohl auf Sachfragen als auch auf Verhaltens- und Wertfragen erstrecken soll. Mithilfe geeigneter Weiterbildungsmaßnahmen werden bei den jeweiligen Mitarbeitern oder Mitarbeitergruppen neben der Vermittlung von Fachkenntnissen vor allem spezifische Einstellungs- und Verhaltensänderungen herbeigeführt. Der durch die Organisationsentwicklung angestrebte Erfolg wird sich dann einstellen, wenn dieser nicht befohlen wird, sondern sich als Prozess aus der Organisation und ihren Mitarbeitern entwickelt.

Die Diskussion, ob die Personalentwicklung der Organisationsentwicklung unterzuordnen ist oder umgekehrt, bringt für die praktische Durchführung keine Hilfe. Entscheidend ist die Erkenntnis, dass im Zuge einer zunehmenden strategischen Orientierung des unternehmerischen Handelns beide Entwicklungen Hand in Hand gehen müssen.

Wichtig:

Sowohl bei der Organisationsentwicklung als auch bei der Personalentwicklung sind neben den Zielen des Unternehmens immer auch die Interessen der Mitarbeiter zu berücksichtigen.

Isolierte Personalentwicklungsmaßnahmen ohne gleichzeitige Berücksichtigung des Arbeitsumfelds (Organisation, Kollegen, Vorgesetzte) wären ebenso unzureichend wie einseitige Veränderungen der Arbeitsbedingungen ohne Einbindung der Betroffenen und ihre Ausrichtung auf die neuen Gegebenheiten. Die weiteren Ausführungen werden die wechselseitigen Beziehungen zwischen beiden Bereichen verdeutlichen.

1.1.4 Personalentwicklung für alle Mitarbeiter

Aus der Begriffsabgrenzung ergibt sich bereits, dass sich die Personalentwicklung grundsätzlich an alle Mitarbeiter richten muss. In der Vergangenheit wurde Personalentwicklung häufig mit dem Begriff Management Development gleichgesetzt. Das führte dazu, dass 6lediglich Führungs- und Führungsnachwuchskräfte als Adressaten für Personalentwicklungsmaßnahmen angesehen wurden. Viele Unternehmen können Programme vorweisen, die der Entwicklung von Führungskräften dienen.

Empirische Untersuchungen haben bestätigt, dass Weiterbildungsangebote sich vor allem auf die Mitarbeitergruppen konzentrierten, die durch Herkunft und schulische Bildung bereits begünstigt waren und die Tätigkeiten verrichteten, die ihre geistige Beweglichkeit tendenziell förderten und ihre Kompetenzen steigerten. Dagegen wurden Mitarbeitergruppen, die für das Lernen weniger gut ausgestattet waren und durch ihre Arbeit geistig weniger gefordert wurden, kaum berücksichtigt. Insbesondere Facharbeiter sowie un- und angelernte Mitarbeiter nehmen nur in sehr geringem Maß an beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen teil.

Die Forderung nach Einbezug aller Mitarbeiter in die Personalentwicklung schließt nicht aus, dass die Häufigkeit und der Umfang bestimmter Entwicklungsmaßnahmen je nach Mitarbeiterkategorie variieren können. Die Förderung der Führungs- und Führungsnachwuchskräfte spielt nach wie vor eine dominierende Rolle in der Personalentwicklung. Dazu trägt u. a. bei, dass diese Mitarbeitergruppe in Schulen und Hochschulen nur in ungenügender Weise auf ihre spätere Tätigkeit vorbereitet wird. Die Möglichkeiten einer systematischen vorberuflichen Ausbildung auf den Beruf des Managers sind aus zwei Gründen zwangsläufig begrenzt: Zum einen können sich typischen Kompetenzen einer Führungskraft, selbst wenn sie im Studium theoretisch vermittelt wurden, letztendlich erst durch praktische Bewährung in Führungsfunktionen wirklich entwickeln. Zum anderen sind die so genannten Schlüsselqualifikationen in vielen Ausbildungs- und Studienordnungen nicht ausreichend enthalten.

1.1.5 Bereiche der Personalentwicklung

Bei der Personalentwicklung werden in Anlehnung an das Berufsbildungsgesetz drei Bereiche unterschieden:

Berufsvorbereitende Personalentwicklung

Zur berufsvorbereitenden Personalentwicklung zählen die Berufsausbildung, die Einarbeitung von Anlernlingen, die Betreuung von Praktikanten und Volontären sowie die Einführung von Hochschulabsolventen. Die Berufsausbildung ist in allen wesentlichen Einzelheiten durch allgemeine Ordnungsmittel vorbestimmt. Für zusätzliche Fördermaßnahmen, die auf die besondere Begabung einzelner Auszubildender abstellen, lassen die umfassenden gesetzlichen Regelungen in der begrenzten Ausbildungszeit oft keinen Platz. Deshalb wird die Berufsausbildung in vielen Unternehmen nicht in die Personalentwicklung einbezogen. Auch in diesem Buch werden Fragen der Berufsausbildung nicht weiter behandelt. Dagegen zählen Anlernlinge, Praktikanten, Volontäre und Hochschulabsolventen allgemein zum Adressatenkreis der Personalentwicklung und werden in den weiteren Ausführungen berücksichtigt.

Zur Einarbeitung von Anlernlingen zählen alle Maßnahmen, durch die den Mitarbeitern innerhalb kurzer Zeit die für die Ausübung einer praktischen betrieblichen Tätigkeit notwendigen Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden. Es handelt sich zumeist um relativ anspruchslose Aufgabengebiete. Die Einarbeitung von Anlernlingen ist an keine staatlichen Vorgaben gebunden; es bleibt den Unternehmen überlassen, wie planmäßig und systematisch sie dabei vorgehen.

Durch eine Praktikanten- oder Volontärzeit sollen praktische Erfahrungen zur Vorbereitung auf einen späteren Beruf gesammelt werden. Auch die Gestaltung und Effizienz dieser Programme hängen ausschließlich von betrieblichen Initiativen ab.

8Der Einführung von Hochschulabsolventen wird traditionsgemäß bei vielen Unternehmen besondere Bedeutung beigemessen. Aus dieser Mitarbeitergruppe resultieren die künftigen Führungskräfte des Unternehmens. Job Rotation- oder Traineeprogramme, die sich teilweise über mehrere Jahre erstrecken, zählen bei vielen Unternehmen zu den Standardmaßnahmen der Personalentwicklung.

Berufsbegleitende Personalentwicklung

Bei der berufsbegleitenden Personalentwicklung wird entsprechend der Formulierungen des Berufsbildungsgesetzes zwischen Anpassungs- und Aufstiegsqualifikation unterschieden. Personalentwicklung im Sinne einer Anpassungsqualifikation liegt vor, wenn das Wissen und Können der Mitarbeiter an die veränderten Gegebenheiten eines Arbeitsplatzes angepasst werden. Solche Anpassungsprozesse sind wegen des technologisch und organisatorisch bedingten Wandels ständig erforderlich. Sie stellen sicher, dass die Mitarbeiter ihre einmal erworbene Stellung in Beruf und Gesellschaft dauerhaft halten können. Daneben verlangen die Einführung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter, die ihre berufliche Erfahrung in einem anderen Unternehmen gewonnen haben, nach einer Anpassung der vorhandenen Qualifikationen an die spezifischen betrieblichen Gegebenheiten. Das Verhältnis eines neuen Mitarbeiters zum Unternehmen wird in starkem Maße von den Geschehnissen und Eindrücken während der ersten Arbeitswochen mitbestimmt. Die Personalentwicklung hat hier die Aufgabe, die „Neuen“ sowohl in ihr Arbeitsgebiet einzuweisen als sie auch in die vorhandene Betriebsgemeinschaft einzuführen. Einen weiteren Fall der Anpassungsqualifikation stellt die berufliche Reaktivierung dar. Sie trägt dazu bei, dass Mitarbeiter, die bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschieden waren, wieder in eine berufliche Tätigkeit zurückkehren können. Die Fähigkeiten werden wieder aufgefrischt, erweitert und den veränderten Erfordernissen angepasst.

Personalentwicklung als Aufstiegsqualifikation stellt darauf ab, das vorhandene Potenzial der Mitarbeiter so zu entwickeln, dass sie zur Übernahme anspruchsvollerer Funktionen oder höherwertiger Positionen in der Lage sind. Aufstieg in diesem Sinne braucht nicht ausschließlich 9das Erreichen der nächsten hierarchischen Ebene zu bedeuten. Bereits die Übernahme größerer Verantwortung aufgrund der Ausweitung des Tätigkeitsfeldes durch Job Enlargement oder Job Enrichment kann einen „Aufstieg“ darstellen. Die Entwicklungsmaßnahmen können im Rahmen von Nachfolge- oder Laufbahnplänen auf die gezielte Übernahme ganz bestimmter Positionen abstellen oder es kann sich um eine generelle Qualifizierung durch Bildung von Nachwuchspools handeln.

Nicht jeder Mitarbeiter wird über das als Voraussetzung für eine erfolgreiche Aufstiegsqualifikation erforderliche Entwicklungspotenzial verfügen. Grundsätzlich sollte aber die Entwicklungschance für alle vorhanden sein. Es liegt dann an der Bereitschaft und dem Willen jedes Einzelnen, ob er sein vorhandenes Potenzial weiterentwickeln möchte. Es liegt gleichermaßen beim jeweiligen Vorgesetzten, durch eine regelmäßige Beobachtung und Beurteilung entwicklungsfähige Mitarbeiter zu erkennen und zu fördern.

Berufsverändernde Personalentwicklung

Die berufsverändernde Personalentwicklung führt durch Umschulung und Rehabilitation zu einer neuen beruflichen Tätigkeit. Umschulungsmaßnahmen werden wegen der technisch-wirtschaftlichen Entwicklung oder aus persönlichen Gründen notwendig. Die Personalentwicklung übernimmt hier eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabenstellung, wenn es ihr gelingt, Mitarbeitern, deren Beruf aus technischen oder ökonomischen Gründen nicht mehr gefragt ist oder die ihre Tätigkeit wegen einer körperlichen, seelischen oder geistigen Behinderung nicht mehr ausüben können, einem neuen Beruf zuzuführen.

1.2 Ziele der Personalentwicklung

Die Personalentwicklung wird nur erfolgreich sein, wenn bei allen Beteiligten Klarheit über die zu erreichenden Ziele besteht. Aus den vorangegangenen Ausführungen ist bereits deutlich geworden, dass sowohl die Mitarbeiter als auch das Unternehmen eigene Erwartungen mit der Personalentwicklung verbinden. Eine wesentliche Aufgabe 10der Verantwortlichen besteht darin, einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessenlagen herbeizuführen, indem sie versuchen, die persönlichen Entwicklungs- und Karriereziele des Einzelnen in die allgemeinen Unternehmensziele zu integrieren. Das ist z. B. in idealer Weise bei der Laufbahnplanung verwirklicht, die von den individuellen Aufstiegswünschen der Mitarbeiter ausgeht und versucht, diese mit den betrieblichen Vorstellungen bei der Besetzung vorhandener oder zu schaffender Positionen in Übereinstimmung zu bringen.

1.2.1 Ziele der Unternehmung

Die Personalentwicklung ist für das Unternehmen ein Mittel, die strategischen Unternehmensziele zu erreichen und zu sichern. Als pauschales Ziel des Unternehmens kann formuliert werden:

Wichtig:

Die Personalentwicklung soll durch Vermittlung entsprechender Qualifikationen den personellen Bedarf decken und den bestmöglichen Einsatz der Mitarbeiter im Betriebsgeschehen sicherstellen.

Diese allgemeine Zielsetzung der Personalentwicklung reicht jedoch noch nicht aus, um daraus konkrete Maßnahmen abzuleiten. Das wird erst möglich sein, wenn aufgrund der jeweils vorliegenden Zwecksetzung die speziellen Ziele feststehen. Es muss also geklärt werden, was durch eine bestimmte Entwicklungsmaßnahme erreicht werden soll und wozu das Erreichte dient. Die Antwort auf diese Fragen kann immer nur von den Verantwortlichen eines bestimmten Unternehmens für die dort vorhandene Situation gegeben werden. Demgemäß kann die folgende Aufzählung nur eine Auswahl denkbarer Einzelziele darstellen.

1.2.2 Ziele der Mitarbeiter

Auch auf Seiten der Mitarbeiter kann ein pauschales Ziel formuliert werden:

Wichtig:

Die Personalentwicklung soll dazu beitragen, die Erwartungen und Wünsche auf persönliche Entfaltung und berufliches Weiterkommen zu befriedigen.

Der Einzelne muss sich selbst darüber klar werden, welche langfristigen beruflichen Ziele er anstreben will und welche Aufgaben er im 12Unternehmen voraussichtlich bewältigen kann und will. Jeder Mitarbeiter muss kritisch prüfen, wie er zu seiner Aufgabe im Unternehmen steht und ob er die gestellten Anforderungen erfüllt. Auf der Grundlage solcher Vorüberlegungen muss dann unter Beachtung der vorhandenen individuellen Fähigkeiten und der betrieblichen Möglichkeiten im Gespräch geklärt werden, welche speziellen Ziele im konkreten Fall angestrebt werden. Auch hier kann der folgende Katalog möglicher Einzelziele wiederum nur exemplarisch verstanden werden:

1.2.3 Zielkonflikte sind nicht völlig auszuschließen

Eine vollkommene Übereinstimmung wird nicht immer möglich sein. Es kann sogar vorkommen, dass ein Mitarbeiter und sein Vorgesetzter dieselbe Entwicklungsmaßnahme befürworten trotz völlig verschiedener Zielsetzungen. Von einer allgemeinen Qualifikationserweiterung verspricht sich z. B. der Vorgesetzte (also die Unternehmensseite) eine größere Flexibilität beim Personaleinsatz, während der Mitarbeiter einen wesentlichen Vorteil in einer erhöhten Mobilität 13am Arbeitsmarkt sieht und demzufolge die Gefahr besteht, dass er das Unternehmen verlassen wird.

Solche Risiken sind zwar nicht vollkommen auszuschließen, sie sollten aber auch nicht überbewertet werden. Von der im vorstehenden Beispiel genannten Gefahr der Abwanderung einmal abgesehen, müssen die übrigen denkbaren Mitarbeiterziele für die Unternehmung keinen Widerspruch darstellen. Wenn die Personalentwicklung nicht nur auf die Deckung des personellen Bedarfs des Unternehmens abstellt, sondern auch mit den Erwartungen der Mitarbeiter und ihren persönlichen beruflichen Plänen abgestimmt wird, vermittelt sie genügend Anreize, um als wesentlicher Bestandteil der Motivationspolitik des Unternehmens zu gelten.

Außerdem dient es in vielen Situationen den Interessen der Mitarbeiter, wenn sich die Personalentwicklungsmaßnahmen primär am betrieblichen Bedarf orientieren. In innovationsorientierten Branchen, die einem raschen technologischen Wandel unterliegen, wird ein notwendiger Bildungsbedarf aufgrund der besseren Informationsgrundlagen seitens des Unternehmens frühzeitig erkannt, sodass entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden können. Überließe man solche Entscheidungen ausschließlich den Mitarbeitern, bestünde die Gefahr, dass eine rechtzeitige Anpassung der Qualifikationen an die geänderten Erfordernisse möglicherweise versäumt würde.

1.3 Träger der Personalentwicklung

An der Personalentwicklung sind mehrere Stellen im Unternehmen beteiligt. Als Träger der Personalentwicklung kommen grundsätzlich infrage:

14Zwischen diesen Gruppen wird unter Beachtung der vorhandenen personellen und sachlichen Gegebenheiten die endgültige Aufgabenzuordnung vorgenommen (vgl. Abbildung 1–1).

Träger

Aufgaben

Unternehmensleitung

  • Grundsatzentscheidungen dafür oder dagegen
  • Regelung der Zuständigkeiten
  • Festlegung eines Budgetrahmens

Personal- oder Bildungsabteilung Personalentwicklungs-
beauftragter

  • Beratung der Unternehmensleitung
  • Beratung der Vorgesetzten und Mitarbeiter
  • Ermittlung/Analyse des Personalentwicklungsbedarfs
  • Führen der Personalentwicklungsdateien
  • Entwicklung von Aufstiegskonzeptionen (Laufbahnkonzepte/Nachfolgeplanung)
  • Mitwirken bei Fördergesprächen
  • Planung und Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen
  • Studium externer Bildungsangebote
  • Auswahl und Organisation externer Bildungsmaßnahmen
  • Erfolgskontrolle
  • Budgeterstellung und Kostenkontrolle
  • Bereitstellung des gesamten organisatorischen Instrumentariums
  • Koordination mit anderen Funktionsbereichen

Vorgesetzte

  • Zusammenarbeit mit der Personalabteilung
  • Erkennen qualifizierter Mitarbeiter
  • Zielvereinbarungen
  • Mitarbeiterbeurteilung
  • Beratungs- und Fördergespräch
  • Empfehlung von Förder- und Bildungsmaßnahmen
  • Mitwirkung am Training-on-the-job
  • Erfolgskontrolle am Arbeitsplatz

Betriebsrat

  • Mitwirkung gemäß der gesetzlichen Rechte

Mitarbeiter

  • Nutzen der gebotenen Chancen
  • eigene Initiativen

Abb. 1–1: Träger und Aufgabenverteilung der Personalentwicklung

151.3.1 Unternehmensleitung

Die Frage, ob überhaupt Personalentwicklung betrieben werden soll und wenn ja, welche generellen Ziele damit verfolgt werden, muss von der Unternehmensleitung entschieden werden. Es handelt sich um eine unternehmerische Grundsatzentscheidung, mit der auch gleichzeitig eine Aussage über das finanzielle Volumen sowie eine Regelung der wichtigsten Zuständigkeiten verbunden sein müssen.

Die volle Unterstützung der Personalentwicklung sowie die Identifikation mit den verfolgten Zielen durch die Unternehmensleitung tragen wesentlich zum Erfolg bei. Durch eine Aufnahme in die Unternehmensgrundsätze kann die Einstellung der Unternehmensleitung in dieser Frage verdeutlicht werden. Dadurch können positive Einflüsse auf die Motivation aller Beteiligten erwartet werden.

1.3.2 Personal- und Bildungsabteilung

Die Personalentwicklung zählt zu den grundlegenden Funktionen der betrieblichen Personalarbeit. Das bedeutet, dass die Gestaltung und Durchführung zahlreicher Maßnahmen in die Zuständigkeit der Personalabteilung fallen. Das Aufgabengebiet kann sich von der Beratung der Unternehmensleitung über die Ermittlung des Personalentwicklungsbedarfs bis zur Festlegung einzelner Entwicklungsmaßnahmen sowie der Überwachung und Kontrolle der Durchführung erstrecken. Je nach Betriebsgröße sowie der vorhandenen personellen und sachlichen Ausstattung wird diese Aufgabe in unterschiedlicher Weise wahrgenommen.

In kleineren Unternehmen sind alle personellen Funktionen in einer Hand vereinigt, so dass der Personalverantwortliche auch für die Personalentwicklung zuständig sein wird. In mittleren und größeren Unternehmen besteht häufig neben der Personalabteilung eine eigene Bildungsabteilung. In solchen Fällen ist es auch denkbar, dass Personalentwicklung in der Bildungsabteilung wahrgenommen wird. Auch eine Aufgabenteilung zwischen Personal- und Bildungsabteilung kommt vor. In größeren Unternehmen ist auch häufig ein 16Spezialist für Personalentwicklung vorhanden. Dieser so genannte Personalentwicklungsbeauftragte kann dem Personalleiter hierarchisch unterstellt oder mit ihm gleichgeordnet sein.

Die endgültige Zuordnung und Abgrenzung der Zuständigkeiten werden letztendlich von den betrieblichen Gegebenheiten und vom Stellenwert der Funktion Personalentwicklung bei der Unternehmensleitung abhängen. Unabhängig von der organisatorischen Abgrenzung ist sicherzustellen, dass sämtliche in Abbildung 1–1 zusammengefassten Aufgaben wahrgenommen werden.

1.3.3 Vorgesetzte

Die Beteiligung des Vorgesetzten erstreckt sich von der Ermittlung des Entwicklungsbedarfs über den Vollzug einzelner Entwicklungsmaßnahmen bis zur Kontrolle der erzielten Ergebnisse. Der Vorgesetzte kennt die Stärken und Schwächen seiner Mitarbeiter und weiß, inwieweit diese die Anforderungen der Arbeitsplätze erfüllen. Er hat darüber hinaus die Möglichkeit, festzustellen, ob die Mitarbeiter über das erforderliche Entwicklungspotenzial und die notwendige Bereitschaft zur Übernahme weitergehender Aufgabenstellungen verfügen. Durch eine regelmäßige Beurteilung seiner Mitarbeiter ist er in der Lage, die für die Planung und Durchführung von Entwicklungsmaßnahmen notwendigen Informationen zu liefern. Soweit die Personalentwicklung am Arbeitsplatz stattfindet, ist der Vorgesetzte selbst für die Vermittlung von Fertigkeiten und Kenntnissen zuständig. Nach Abschluss einer Personalentwicklungsmaßnahme muss der Vorgesetzte kontrollieren, inwieweit neu erworbenes Können und Wissen nutzbringend eingesetzt werden. Bei sämtlichen Aufgaben kommt es zu einer ständigen Zusammenarbeit zwischen dem Vorgesetzten und den Funktionsträgern in der Personalabteilung.

Wichtig:

Dem Vorgesetzten fällt bei der Personalentwicklung eine Schlüsselrolle zu, denn er ist zu einem großen Teil für die Entwicklung seiner Mitarbeiter verantwortlich.

17Bei manchen Vorgesetzten besteht die Auffassung, Personalentwicklung sei ausschließlich eine Angelegenheit des Personalbereichs. Diese Auffassung ist falsch. Personalentwicklung ist eine Führungsaufgabe, die nur gelingt, wenn sie von den Vorgesetzten aller Hierarchieebenen wahrgenommen wird. Die Personalabteilung ist kaum in der Lage, die Förderungsnotwendigkeit und Förderungswürdigkeit einzelner Mitarbeiter zu erkennen. Es ist ihr auch nicht möglich, zuverlässige Aussagen über die Effizienz der erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse am Arbeitsplatz zu machen. Die Personalabteilung ist immer auf die Mitarbeit der Vorgesetzten angewiesen. Sie kann die Vorgesetzten zwar durch ein entsprechendes Instrumentarium unterstützen, sie kann ihnen aber niemals die Verantwortung für die Entwicklung ihrer Mitarbeiter abnehmen.

Die Personalentwicklung ist ein Teil der Gesamtaufgabe jedes Vorgesetzten und muss in die Stellenbeschreibung aufgenommen werden. Das wird in der Praxis häufig versäumt. Bei der Beurteilung der Vorgesetzten selbst sollten diese auch immer daraufhin beurteilt werden, ob und wie sie ihrer Verantwortung für die Entwicklung ihrer Mitarbeiter nachgekommen sind.

Die Personalabteilung hat den Vorgesetzten die zur Erfüllung dieser Führungsaufgabe notwendige Unterstützung zu gewähren. Dazu gehören die Bereitstellung eines geeigneten personalwirtschaftlichen Instrumentariums (z. B. ein zuverlässiges Beurteilungssystem) und die Schaffung der notwendigen organisatorischen Grundlagen. Außerdem können die Vorgesetzten die Entwicklung ihrer Mitarbeiter nur dann richtig steuern, wenn sie rechtzeitig und ausreichend mit Informationen über die voraussichtlichen Entwicklungstendenzen und generellen Planungsziele des Unternehmens versorgt werden.

1.3.4 Betriebsrat

Das geltende Betriebsverfassungsgesetz gebietet eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Obwohl der Begriff Personalentwicklung im Betriebsverfassungsgesetz nicht ausdrücklich enthalten ist, hat der Betriebsrat aufgrund der engen Verknüpfung der Funktion Personalentwicklung mit anderen personalwirtschaftlichen 18Teilfunktionen zahlreiche Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte. Unter anderem wirken sich die Beteiligungsrechte bei der Personalplanung, Mitarbeiterbeurteilung, Berufsbildung oder Stellenausschreibung auch auf die Personalentwicklung aus.

Wichtig:

Die aus dem Betriebsverfassungsgesetz erwachsenden Möglichkeiten einer direkten oder indirekten Einflussnahme des Betriebsrats auf die Personalentwicklung sind so umfassend, dass dieser mit Recht zu den Trägern der Personalentwicklung gezählt werden muss.

Die wichtigsten für die Personalentwicklung relevanten Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes sind im Kapitel 8.1 zusammengefasst.

1.3.5 Mitarbeiter

Auch die Mitarbeiter selbst müssen zu den Trägern der Personalentwicklung gezählt werden. Das attraktivste Entwicklungsangebot bleibt wertlos, wenn es von den Mitarbeitern nicht akzeptiert wird. Auch hier liegt es teilweise an den Personalverantwortlichen und den Vorgesetzten, die Mitarbeiter auf die Chancen hinzuweisen bzw. in Gesprächen die individuellen Wünsche auszuloten.

1.4 Konzept der Personalentwicklung

Die Personalentwicklung umfasst innerhalb der betrieblichen Personalarbeit ein sehr komplexes Aufgabengebiet. Die Einzelaufgaben reichen von der Feststellung des Personalentwicklungsbedarfs bis zur Kontrolle der erzielten Entwicklungserfolge. Die Ermittlung der Anforderungen der verschiedenen Arbeitsplätze, die Beurteilung der Leistungen und Fähigkeiten der Mitarbeiter, die Entwicklung von Aufstiegskonzeptionen (z. B. Laufbahnpläne), die Auswahl geeigneter 19Förder- und Bildungsmaßnahmen, die Organisation der Qualifikationsvermittlung sowie die Erfassung und Verrechnung der entstandenen Kosten zählen zu den Routinetätigkeiten der Personalentwicklung.

Bei der Erfüllung der vielfältigen Aufgaben lässt sich die Personalentwicklung nicht immer eindeutig von anderen Teilbereichen des betrieblichen Personalwesens abgrenzen. Sie basiert auf den Erkenntnissen und Informationen anderer Bereiche und nutzt das dort vorhandene organisatorische Instrumentarium; umgekehrt reicht sie mit ihren Auswirkungen wiederum in diese Bereiche hinein. Das bringt den Vorteil mit sich, dass viele notwendige Instrumente bereits vorhanden sind, sodass es auch kleineren und mittleren Betrieben möglich sein sollte, mit relativ geringem Mehraufwand ein eigenes Konzept der Personalentwicklung zu verwirklichen.

Das in Abbildung 1–2 dargestellte Gesamtkonzept der Personalentwicklung orientiert sich am Ablauf in der Praxis:

Die einzelnen Stufen des Konzepts werden nachfolgend beschrieben.

20 img

Abb. 1–2: Konzept der Personalentwicklung

211.4.1 Personalentwicklungsbedarf und Eignungspotenzial

Personalentwicklungsmaßnahmen sind dann erforderlich, wenn zwischen den Anforderungen der Arbeitsplätze und den Leistungen und Fähigkeiten der Mitarbeiter Abweichungen bestehen. Die Differenz zwischen den vorhandenen Qualifikationen der Mitarbeiter und den heutigen oder künftigen Arbeitsplatzerfordernissen wird als Personalentwicklungsbedarf bezeichnet.

Bei der Ermittlung des Personalentwicklungsbedarfs können die folgenden Informationsbereiche unterschieden werden:

Bedarfssituation der Unternehmung

Den Ausgangspunkt für eine planmäßige Personalentwicklung bildet der aktuelle und künftige Personalbedarf der Unternehmung (Abbildung 1–2, Stufe 1). Die Personalentwicklung knüpft dabei an die Ergebnisse der Personalbedarfsplanung an. Wenn der quantitative Personalbedarf feststeht, sind die an den derzeitigen und künftigen Arbeitsplätzen zu erfüllenden Arbeitsanforderungen zu ermitteln (qualitativer Personalbedarf).

Die gegenwärtigen Anforderungen der Arbeitsplätze können aus Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofilen entnommen werden. Beide Instrumente können auch für die Festlegung der künftigen Arbeitsanforderungen herangezogen werden. Da beide Instrumente jedoch gegenwartsorientiert sind, müssen darüber hinaus auch die Daten der Unternehmensplanung und prognostische Aussagen über künftig zu erwartende Innovationen oder sonstige technische oder organisatorische Änderungen berücksichtigt werden.

22Qualifikation und Entwicklungspotenzial der Mitarbeiter

Parallel zur Ermittlung der Anforderungen der Arbeitsplätze müssen das Eignungspotenzial und die Entwicklungsbedürfnisse der Mitarbeiter erfasst werden (Abbildung 1–2, Stufe 2). Die wichtigste Informationsgrundlage zur Ermittlung der erbrachten Leistungen der Mitarbeiter ist die Mitarbeiterbeurteilung. Die vergangenheitsbezogene Leistungsbeurteilung informiert über die Fähigkeiten, welche die Mitarbeiter zurzeit aufweisen bzw. in der Vergangenheit gezeigt haben. Die zukunftsorientierte Potenzialbeurteilung erstreckt sich auf Qualifikationen, die für künftige Arbeitseinsätze benötigt werden bzw. dem Unternehmen erschlossen werden sollen. Eine weitere Informationsquelle sind Mitarbeiterbefragungen. Dabei werden entweder die Mitarbeiter direkt aufgefordert, ihre Vorstellungen und Wünsche hinsichtlich ihrer weiteren beruflichen Entwicklung zu verdeutlichen, oder die Vorgesetzten werden angesprochen, die ihre Mitarbeiter im Allgemeinen recht gut einschätzen können. In mittleren und größeren Unternehmen steht mit dem Assessment Center (Auswahlseminar) ein relativ zuverlässiges Instrument zur Einschätzung des vorhandenen Eignungspotenzials zur Verfügung. Schließlich vermitteln auch Bewerbungen auf innerbetriebliche Stellenausschreibungen wertvolle Hinweise auf die beruflichen Interessen der Mitarbeiter.

Die festgestellten Qualifikationsdefizite können nur gedeckt werden, wenn die Mitarbeiter über das notwendige Entwicklungspotenzial verfügen. Entwicklungspotenzial ist vorhanden, wenn die Mitarbeiter Qualifikationen aufweisen, die eine Eignung für geänderte, zusätzliche oder anspruchsvollere Aufgabenstellungen vermuten lassen. Als Potenzial bezeichnet man die Gesamtheit aller Fähigkeiten, Kenntnisse und Begabungen eines Mitarbeiters, die für seine Leistung oder sein Leistungsvermögen relevant sind. Auch zur Feststellung des Entwicklungspotenzials wird auf die Ergebnisse der Potenzialbeurteilung (Mitarbeiterbeurteilung) zurückgegriffen. Dabei ergibt sich die Schwierigkeit, dass von den Leistungen in der Vergangenheit auf die Eignung für künftig zu übernehmende andere, teilweise anspruchsvollere Tätigkeiten geschlossen werden muss. Als Faustregel kann gelten, dass das notwendige Leistungsvermögen für 23anspruchsvolle Aufgabenstellungen umso eher vermutet werden kann, je häufiger ein Mitarbeiter die bisherigen Anforderungen übertrifft. Auch das Interesse und Engagement eines Mitarbeiters für seine bisherige Tätigkeit sowie der Verlauf der beruflichen Entwicklung vermitteln Hinweise auf ein mögliches Entwicklungspotenzial.

Entwicklungsbedürfnisse der Mitarbeiter

Neben dem vorhandenen Entwicklungspotenzial sind als weitere wesentliche Voraussetzung einer erfolgreichen Personalentwicklung unbedingt die Entwicklungsbedürfnisse der Mitarbeiter zu ermitteln. Sie ergeben sich aus den individuellen Wünschen und Vorstellungen des Einzelnen hinsichtlich seines weiteren beruflichen Fortkommens.

Das vermutete Potenzial eines Mitarbeiters für die Übernahme einer neuen Aufgabe darf allein nicht ausschlaggebend sein, wenn nicht auch die entsprechende Neigung vorhanden ist. Deshalb sollten die Verantwortlichen vor der Festlegung konkreter Entwicklungsmaßnahmen versuchen, die individuelle Bedürfnisstruktur der geförderten Mitarbeiter kennen zu lernen. Nicht alle Mitarbeiter streben nach anspruchsvolleren Aufgabenstellungen oder hierarchisch höher angesiedelten Positionen. Es ist ohne Weiteres denkbar, dass ein Mitarbeiter die Sicherheit seines angestammten Arbeitsplatzes, dessen Aufgaben er beherrscht und an dem er sich wohl fühlt, einem Aufstieg vorzieht. Die Vertrautheit mit dem Gewohnten bietet manchem mehr Anreiz als ein neuer, unbekannter Arbeitsplatz, der ihn mit anderen Arbeitsanforderungen und Kollegen und einer Reihe sonstiger Unwägbarkeiten konfrontieren würde.

Nur durch die zuverlässige Kenntnis der Entwicklungsbedürfnisse jedes einzelnen Mitarbeiters wird sichergestellt, dass die Personalentwicklung die angestrebten Ziele auch tatsächlich erreicht. Beobachtungen im betrieblichen Alltag bestätigen, dass bewährte Mitarbeiter neue Aufgaben übernehmen, weil sie dazu überredet oder gedrängt wurden, obwohl das im Grunde nicht ihren Vorstellungen entspricht. Die vermeintliche Verpflichtung, „bei einem solchen Angebot nicht nein sagen zu können“, oder die Verlockung, „eine 24solche Chance nutzen zu müssen, weil sie möglicherweise nicht wiederkehrt“, bestimmt kurzfristig die Entscheidung. Solche Mitarbeiter handeln gegen ihre wahren Neigungen.

Wichtig:

Die Stellenbesetzung mit einem Mitarbeiter, der zwar objektiv die Qualifikation dafür besitzt, sich aber subjektiv nicht damit identifiziert, ist keine geeignete Lösung.

Hier erweist es sich für das Unternehmen und den Betroffenen als vorteilhafter, einem noch nicht voll qualifizierten Mitarbeiter, der sich für eine Aufgabe begeistert, die fehlenden Qualifikationen zu vermitteln.

Zur Ermittlung der Entwicklungsbedürfnisse eignet sich neben den schon erwähnten Mitarbeiterbefragungen besonders das Gespräch des Vorgesetzten mit seinen Mitarbeitern.

Endgültiger Entwicklungsbedarf

Der endgültige Entwicklungsbedarf ergibt sich durch den Vergleich zwischen der Qualifikation der Mitarbeiter und den Anforderungen der Arbeitsplätze. Dies geschieht durch eine Gegenüberstellung von Anforderungs- und Eignungsprofilen in einem Anforderungs- Eignungs-Vergleich (Abbildung 1–2, Stufe 3). Aus den in Abbildung 1–3 dargestellten Ausgangssituationen und Handlungsalternativen wird deutlich, dass ein Personalentwicklungsbedarf sowohl besteht, wenn die Mitarbeiter den Anforderungen ihres gegenwärtigen Aufgabenbereichs nicht gerecht werden, als auch, wenn sie mit zusätzlichen oder geänderten Anforderungen zu rechnen haben. Demgemäß kann zwischen dem gegenwärtigen und künftigen Personalentwicklungsbedarf eines Unternehmens unterschieden werden.

25Anforderungs-Eignungs-Vergleich

Aufgaben der Personalentwicklung

Anforderungen und Eignung entsprechen sich

Kein unmittelbarer Personalentwicklungsbedarf; Maßnahmen zur Leistungserhaltung

Mitarbeiter erfüllen die gegenwärtigen Anforderungen unzureichend

Verbesserung der Leistungsfähigkeit durch Vermittlung zusätzlicher Qualifikationen oder Aufbau eines anderen Leistungsverhaltens

Änderungen der Aufgabeninhalte durch technisch-organisatorischen Wandel (Innovationen)

Anpassung der Qualifikationen an die wechselnden Arbeitsanforderungen

Übernahme neuer Aufgabenstellungen mit geänderten Anforderungen auf gleicher hierarchischer Ebene (Versetzung)

Vermittlung neuer, den geänderten Anforderungen entsprechender Qualifi- kationen

Aufstieg in anspruchsvollere Positionen mit gestiegenen Anforderungen (Beförderung)

Festlegung der den individuellen Fähigkeiten entsprechenden Aufstiegswege; Vermittlung neuer, anspruchsvollerer Qualifikationen

Abb. 1–3: Handlungsalternativen der Personalentwicklung

Fördergespräch vgl.