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Erben der Menschheit


Erben der Menschheit

Terra-Utopia - Band 4
Terra-Utopia, Band 4 1. Auflage

von: Will A. Travers

1,99 €

Verlag: Novo Books
Format: EPUB, PDF
Veröffentl.: 28.10.2023
ISBN/EAN: 9783961273461
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 102

Dieses eBook erhalten Sie ohne Kopierschutz.

Beschreibungen

Sie sind Kinder in einer seltsamen Stadt. Doch sie sind weit mehr: Sie sind die Erben der Menschheit.

Ein SF-Bestseller von Will A. Travers.
1. Prolog
Der alte Mann schlurfte mühsam über den Kiesweg des Centralparkes. Sein Atem ging rasselnd. Er musste sich einen Moment lang ausruhen.
Er blickte an der knorrigen Eiche empor, gegen die er sich gelehnt hatte. Oben war das fröhliche Zwitschern eines Vogels, aber es gelang dem Alten nicht, den Piepmatz auszumachen.
Sein Blick ging weiter, über die weiten, gepflegten Rasenflächen, die kunstvoll angelegten Blumenrabatten mit den vielen Farbtupfern, die sich im Wind leicht hin und her bewegten, und die nur scheinbar so wahllos gepflanzten Bäume, in deren Wipfeln es leise rauschte. Des Alten Augen suchten das Ende des Parkes, ohne dieses erreichen zu können. Der Park war zu groß. Mehrere Quadratkilometer Bodenfläche bedeckte er inmitten der Stadt. Er war sozusagen das Zentrum des Lebens!
Der alte Mann lächelte über diese Formulierung und stieß sich von der knorrigen Eiche ab, um seinen Weg fortzusetzen.
Einer der Gärtner, die ständig damit beschäftigt waren, den Park in Ordnung zu halten, winkte ihm freundlich zu. Der alte Mann erwiderte den Gruß. Er musste fast lachen, wenn er daran dachte, dass der Gärtner in Wirklichkeit. . .
Die Bäume lichteten sich. Hier, wo der Park unterbrochen wurde, befand sich die Schule. Dahinter erhoben sich, wie von einem Riesen hingestreut, die würfelförmigen Wohnhäuser. Doch die meisten der Kinder, die diese Schule besuchten, wohnten in der Stadt.
Immer wieder zog es den alten Mann hierher. Die Schule wirkte mit ihrem quirlenden Leben wie ein Magnet auf ihn.
In Sichtweite des Hintereingangs platzierte er sich auf eine Parkbank. Eine relativ dicht stehende Buschreihe befand sich zwischen ihm und dem großen Schulhof. Der Alte lauschte.
Es war ein warmer Frühlingstag. Die Fenster der einzelnen Klassenzimmer standen teilweise offen. Hin und wieder drang die Stimme eines Kindes an das lauschende Ohr des Mannes.
Er schaute auf seine altmodische Taschenuhr, die er in dem zerschlissenen Sakko stecken hatte. Bald musste es soweit sein.
Und da war es auch schon: das schrille Klingeln der Schulglocke. Sekunden später ergoss sich eine wilde Flut von Kindern durch den Hintereingang auf den großen Schulhof. Es war Pause.
Der Alte sah das junge, noch unverbrauchte Leben, und Tränen verschleierten seinen Blick. Es war keine Trauer, die ihn erfüllte, sondern Rührung.
Und seine Gedanken kehrten zurück - zurück in die Vergangenheit, wo alles ganz anders war - die Vergangenheit, die so unglaublich fern war und ihm doch oft genug greifbar nahe erschien.

2. Der Beginn
Sten Lorel zog den Kragen seines Mantels höher. Er fror. Es wäre für ihn leichter gewesen, wenn er eines der vollklimatisierten Kleidungsstücke angezogen hätte, doch er lehnte diese Dinge ab. Er lehnte alles ab, was die Natur zu sehr entfremdete.
Die Straße, die er betrat, leuchtete von innen. Dennoch waren da feuchte Stellen, die von Regen zeugten, der erst vor Minuten weitergezogen war.
Regen - ein unglaubliches Wort für viele seiner Zeitgenossen. Gab es denn noch Stadtviertel ohne Kraftfeld - Stadtviertel, die den natürlichen Witterungsschwankungen unterworfen waren? Es gab sie, und hier fühlte sich Sten Lorel am wohlsten! Und nicht nur bei ihm war das so.
Er blickte die verlassen wirkende Straße hinunter und überquerte sie mit schnellem Schritt. Niemand beobachtete ihn, als er das schmale, alt wirkende Haus betrat. Das war auch gut so. Was er hier vorhatte, das stempelte ihn als Außenseiter innerhalb der Gesellschaft - einer Gesellschaft, die mit Außenseitern nicht gerade glimpflich verfuhr.
Jiulio Ganetti öffnete ihm persönlich. Sie begrüßten sich mit einem Kopfnicken. Kein Wort fiel zwischen den beiden, als Jiulio die Tür hinter seinem späten Gast schloss und ihn in das Innere des Hauses geleitete.
»Was ist mit Frederik?« erkundigte sich Sten Lorel erstaunt, als er den großen Salon betreten hatte.
Die fünf Anwesenden blickten betroffen zu Boden.
»Er ist nicht gekommen«, sagte Jiulio an seiner Seite.
»Aber warum nicht?«
Mile Sonus sah auf. Erst jetzt gewahrte Sten die Tränen in ihren Augen.
»Er wird nie mehr zu uns kommen können«, schluchzte sic auf.
Sten spürte, wie ihm die Knie weich wurden. Er angelte sich eine Sitzgelegenheit und ließ sich schwer darauf nieder.
»Wie — wie konnte das geschehen?«
Kandus Brental, der tröstend seinen Arm um Miles Schultern gelegt hatte, zuckte die Achseln.
»Wir wissen es nicht genau. Frage Jean, Frederiks Bruder.«
Als Sten in dessen Richtung sah, barg Jean sein Gesicht in den Händen.
»Heute morgen war das.« Er brachte die Worte mühsam hervor und rang mit seiner Beherrschung. »Wir waren zusammen in Bront gewesen.« Kurz sah er auf. »Auch dort haben sie jetzt ein Kraftfeld!«
. »Aber dann-aber dann wird Bront ja überwacht!« rief Sten Lorel aus.
Jean Astair nickte.
»Wem sagst du das«, meinte er bitter. »Es war schließlich unser Verhängnis. Wir kamen an «einem Trupp von Arbeitsrobotem vorbei, die gerade Energiekabel in die Erde verlegten. Die Straße von Bront soll an das automatische Stadtnetz angeschlossen werden.«
Er ballte die Hände zu Fäusten. In seinen Augen loderte ein fanatisches Feuer auf.
»Frederik bekam einen Wutanfall, als er das mit ansehen musste. Für ihn war Bront so was wie eines der letzten Bollwerke des freien Menschen gewesen. Er begann, die Arbeitsroboter zu beschimpfen. Aber damit nicht genug. Es gelang ihm, einen der Roboter lahmzulegen! Irgendwie waren die Dinger bereits mit der Zentrale verbunden. Jedenfalls tauchten plötzlich Polizisten auf. Frederik drehte vollends durch. Ich wollte eingreifen, wirklich, aber er führte sich auf wie ein Wahnsinniger. Er kappte das Energiekabel, ohne zu wissen, dass es bereits unter Strom stand.
Den Rest habe ich nicht miterlebt, da mich die angesammelte Menschenmenge abdrängte. Jedenfalls habe ich einen schrillen Schrei gehört, als die Polizisten mit ihren Automaten endlich bis Frederik vorgedrungen waren. Es war die Stimme meines Bruders gewesen!«
Wieder barg er sein Gesicht in den Händen.
Ana Inatovic sprang auf.
»Wir dürfen nicht mehr länger mit ansehen, wie Maschinen die Rechte der Menschen untergraben. Wir müssen handeln!«
Jiulio Ganetti lehnte gegen den Türpfosten.
»Du bist unvernünftig wie gewöhnlich, Ana. Mit einem dicken Schädel allein kommt man nicht durch eine massive Wand. Man muss den Schädel erst einmal ein wenig anstrengen.«
Carlos Varese meldete sich zu Wort: »Woher wollen wir wissen, ob Frederik tot ist? Die ganze Erzählung erscheint mir mehr als vage.«
Man gönnte ihm einen erstaunten Blick. Jean wollte aufbrausen.
Jiulio Ganetti unterband seinen Wutausbruch mit einer energischen Handbewegung.
»Wie dem auch sei, wir müssen mit allem rechnen. Wenn man Frederik lebend in die Hände bekommen hat, sitzen wir hier in der Falle. Man wird ihn verhören, und wir wissen alle, wie perfekt die Verhörmethoden heutzutage sind.«
In den Augen Miles glomm ein Hoffnungsschimmer auf. Sie dachte mit bebendem Herzen daran, dass Frederik möglicherweise doch noch unter den Lebenden weilte. An die Gefahren für sich und die anderen, die daraus erwuchsen, dachte sie nicht.
Sie stand auf. Die anderen sahen sie mitfühlend an. Sie wussten, was sie für Frederik empfand. Nur dieser selbst hatte nie etwas bemerkt.
Carlos runzelte die Stirn.
»Ich glaube, es ist das beste, wenn wir die Versammlung auf der Stelle auflösen.«
Eine wilde Debatte entstand. Jiulio brauchte mehrere Anläufe, bis es ihm endlich gelang, wieder Ruhe herzustellen.
»Wartet einen Augenblick; wir müssen einen neuen Treffpunkt ausmachen.« Erwartungsvolle Blicke. »Ich mache den Vorschlag, dass wir uns in Stens Wohnung zusammenfinden.«
»Bei mir?« Sten Lorel war fassungslos. »Ausgerechnet da, wo es am gefährlichsten ist!«
Jiulio Ganetti lächelte hintergründig.
»Wir müssen dort sein, wo man uns am wenigsten erwartet: mitten in der Stadt, unter den Augen des Zentralgehirns!«
»Aber über dem Eingang zu meiner Wohnung befindet sich eine Kamera, die jeden Ankommenden registriert!« protestierte Sten.
Jiulios Lächeln vertiefte sich.
»Es wird nur einen registrieren: dich! Nicht wahr, Carlos?«
Carlos Varese, der ehemalige Ingenieur, erwiderte das Lächeln.

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