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Nr. 37

 

Der falsche Grossart

 

Sie beginnen das Maskenspiel – und die Jagd zwischen den Sternen

 

von Hans Kneifel

 

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Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO schreibt man Mitte August des Jahres 2408 Standardzeit.

Die Auseinandersetzung zwischen der USO, der von Lordadmiral Atlan geleiteten galaktischen Ordnungsmacht, und der Condos Vasac, dem galaktischen Verbrechersyndikat, spitzt sich immer weiter zu – und für die USO-Spezialisten heißt das, immer riskantere Einsätze zu wagen, wenn sie die geheimnisvollen Machthaber der CV-Lenkzentrale endgültig stellen wollen.

Erst kurz zuvor hat die USO einen gewaltigen Schritt nach vorn getan. USO-Major Sinclair M. Kennon, als Professor Dr. Lorb Weytchen maskiert, hat im Zusammenwirken mit zwei Siganesen Gerzschko-1, einen der Fremden der Lenkzentrale, lebend fangen und nach Quinto-Center bringen können.

Mutantenverhöre brechen den Widerstand des Fremden. Gerzschko-1, der Grossart, der einem Maahk ähnlich sieht, gibt einen wichtigen Hinweis – und eine neue Spur, die zu einer Stützpunktwelt der Fremden führen soll, wird aufgenommen.

Ein junger Maahk-Diplomat stellt sich der USO zur Verfügung und übernimmt eine lebensgefährliche Aufgabe als DER FALSCHE GROSSART ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Lordadmiral leitet eine Suchaktion.

Ronald Tekener – Der USO-Spezialist flirtet.

Professor Lorb Weytchen – Sinclair M. Kennon in einer ihm verhassten Maske.

Bourla Gohkomi – Eine Hyperdim-Manipulatorin.

Grek-2113 – Der falsche Grossart.

Big Ben Special – Ein Mutant von Siga.

1.

 

Ronald Tekener, der Mann mit den Narben der Lashat-Pocken im Gesicht, betrachtete die Szene mit leichtem Unbehagen. Er hatte genügend Zeit gehabt, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass in der United Stars Organisation Erfolge nicht mit Riesenschritten sondern in Millimeterabschnitten zu sehen waren – wenn überhaupt. Die Aufgabe jedenfalls, jene Terrororganisation der Condos Vasac mit ihren anscheinend unbegrenzten Möglichkeiten an Menschen, fremden Wesen und Material zu besiegen, schien die Kräfte aller Verantwortlichen zu übersteigen. Und seine, Ronald Tekeners Kräfte, überstieg dies ohnehin. Er zog mit spitzen Fingern eine lange Zigarette aus der Packung, steckte die Packung zurück, zündete die Zigarette an und sagte halblaut:

»Festina lente, Lordadmiral?«

»Richtig! Eile mit Weile«, erwiderte Atlan und blickte von Lorb Weytchen, beziehungsweise Sinclair Marout Kennon zu Tekener und wieder zurück. »Wir können Erfolge nicht erzwingen, Ronald!«

»Wer wüsste dies besser als ich!«, sagte Tekener mit Nachdruck und sah sich um.

Es war am Morgen des 20. August 2408. Morgen – das bedeutete nur, dass diese Zeit willkürlich gewählt war. Nirgends in dieser riesigen Felsenkugel ging die Sonne auf. Nur viele Beleuchtungskörper schalteten sich, von Rundsteueranlagen gestartet, lautlos an und verbreiteten auch in diesem Raum hier die Illusion, es wäre früher Morgen. Ein anderer Teil dieser Illusion war das ausgesucht reichhaltige Frühstück, das zwischen den einzelnen Personen der kleinen Versammlung stand.

»Kaum jemand«, sagte Atlan.

Die Männer werden unruhiger, je mehr sich die Condos Vasac zum Zielpunkt unserer Aktionen macht, dachte Atlans Logiksektor.

Auf den Gesichtern der Männer zeichnete sich gleichermaßen leichte Nervosität und Entschlossenheit ab. Sie schienen zu ahnen, dass sie sich auf den ersten Metern eines langen Weges befanden. Eines Weges, der lang und schwierig, aber einzusehen war. Am Ende dieses dornenreichen, mit Abenteuern gespickten Weges stand die Vernichtung der CV.

Atlan lehnte sich zurück, schob eine breite Strähne seines langen, weißen Haares hinter das Ohr und sagte:

»Einer unserer nächsten Schritte wird das Einschleusen des jungen Maahk-Diplomaten in die Reihen der Condos Vasac sein.«

Lorb Weytchen trank geräuschvoll eine große Tasse Kaffee leer, steckte sich eine ganze Scheibe Toast in den Mund und kaute zufrieden. Dann murmelte er undeutlich:

»Wie lange muss ich eigentlich noch diese entnervende Maske tragen? Ich habe mich daran gewöhnen müssen – was nicht heißt, dass mir dieser hochtrabende Professor sympathischer geworden wäre.«

Tekener nickte verständnisvoll und köpfte ein Ei, bestreute es mit Salz und meinte halblaut:

»Die Einsatzplanung ist abgeschlossen, nicht wahr, Lordadmiral?«

Der Akone schlug mit der Hand auf eine dicke, breite Computerspule.

»So gut wie abgeschlossen, ja«, sagte er.

Sie hatten sich in einem Raum getroffen, der in der Nähe von Atlans großem Arbeitszimmer liegen musste; die heruntergefahrene, riesige Panoramascheibe hatte den Blick auf einen kleinen Ziergarten freigegeben. Er bildete mit seinen Steinen, dem wuchernden Grün und dem fließenden Wasser eine Oase der Ruhe und Beschaulichkeit mitten im hektischen Treiben des USO-Hauptquartiers. Die Stunden, in denen einige Personen sich in Ruhe und ungestört unterhalten konnten, waren ohnehin gezählt.

»Dieser Maahk ...«, murmelte Weytchen zerstreut und deutete mit seinem dicken Daumen zur Tür.

»... ist in seinem Spezialraum sicher untergebracht. Wollen Sie mit Grek-2113 sprechen?«, erkundigte sich Atlan.

»Nein. Ich lerne ihn noch früh genug kennen«, sagte Weytchen und griff nach der angewärmten Schüssel voller Schinken und Ei, die er ungeschickt aus dem Speisencontainer zog, der neben dem Tisch stand und leise vor sich hin summte.

Tekener fragte:

»Was ist zu unserer Aktion noch zu bemerken? Über das Einschleusen sprachen wir bereits, obwohl ich die Schwierigkeiten kenne. Das zweite dürfte wohl das Auffinden des Planeten sein?«

»So ist es. Ein Dutzend Maahk-Wissenschaftler vom Planeten Maahkora sind hier eingetroffen und versucht, eine neue Haut für Grek zu züchten. 2113 hilft ihnen, wo er kann.«

Weytchen schüttelte ärgerlich den Kopf.

»Dreizehn Maahks? Das bringt Unglück!«

»Seit Sie in dieser Maske stecken, Sinclair«, sagte Atlan mit dem Anflug eines Lächelns, »entwickeln Sie einen geradezu abstrusen Humor. Oder wenigstens das, was Sie dafür halten!«

»Nach meinem Dafürhalten fangen die Schwierigkeiten erst an«, beharrte Lorb Weytchen.

Auch der geschulteste USO-Spezialist hätte nicht sagen können, ob dies hier der rechte, großsprecherische und auffallende Professor Weytchen selbst oder sein perfektes Double war.

Die Maske war vollkommen.

Die Vorgeschichte war ihnen allen bekannt. Ein mutierter Maahk aus dem Volk der Grossarts war gefangen worden. Er hieß Gerzschko-1 und befand sich in der Obhut der meisten Vertreter des Mutantenkorps. Er hatte den Namen des Planeten genannt, nach dem die USO fieberhaft suchte: Baraloth. Aber bis heute wusste man noch nicht genau, welche Bedeutung dieser Planet wirklich hatte, noch, wo er sich befand, in welchem Teil der Galaxis also. Aus diesem Grund hatte sich Grek-2113 bereit erklärt, zusammen mit Tekener nach Quinto-Center zu fliegen und in den folgenden Aktionen die Rolle des gefangenen Ger-1 zu spielen, vorausgesetzt, es gelang, seine Maske ebenso perfekt zu machen wie die von Weytchen. Der Zweck aller dieser Maßnahmen, die ihren ersten Schritt im Einschleusen von Grek-2113 in die Condos Vasac fanden, war, die galaktischen Koordinaten von Baraloth herauszufinden.

Tekener deutete auf die Spule und fragte:

»Haben Sie es schwer mit dieser Haut?«

»Reichlich schwer«, sagte der Arkonide, während Weytchen sich plötzlich darauf besann, dass er hier seine Rolle nicht mehr zu spielen brauchte und aufhörte, riesige Mengen Essen in sich hineinzustecken. Trotzdem waren die Taschen seiner umfangreichen Kleidung voller Bonbons, Pralinen und anderen kleinen Näschereien – jetzt lehnte sich der Mann mit der robotischen Vollprothese zurück und sagte entschlossen:

»Wann geht es los, Lordadmiral?«

Sie sind ungeduldig, weil Sie wissen, dass jeder Tag kostbar ist, sagte der Extrasinn.

Atlan sagte:

»Die Maahks sind am sechsten August hier angekommen, und sie arbeiten mit allem zusammen, was wir haben. Die Körperfolie wird gezüchtet, und das braucht seine Zeit. Diese Zeit können wir trotz bester Instrumente und schnellster Verfahren nicht unterschreiten.«

»Ich habe es gewusst: Wieder warten!«, sagte Sinclair M. Kennon resigniert.

Er sprach noch immer mit Weytchens Stimme.

Es ging einfach nicht anders. Und nicht schneller. Die Maahk-Wissenschaftler, unterstützt von Ara-Medizinern und einem Stab der besten terranischen Wissenschaftler setzten alles daran, in einem beispiellos komplizierten biologischen Vorgang eine neue, tarnende Haut zu züchten, mit deren Hilfe aus einem echten, reinblütigen Maahk ein Doppelgänger einer Mutation werden sollte. Es genügte nicht nur, eine weiche, atmungsfähige Haut zu schaffen, sondern es musste eine lebende, grünschuppige Haut wachsen. Dies wurde seit mehr als zwei Wochen versucht.

Dieser Vorgang war zwar ein Nebenprogramm des Einsatzplanes, aber ohne die neue Haut konnte Atlan den Einsatz nicht starten, obwohl alles andere bereit war.

Das erste Versuchsmodell eines funktionstüchtigen – oder wenigstens meist zufriedenstellend funktionierenden Hyperraumspürers.

Der Siganese, der mitfliegen sollte.

Das schwere Raumschiff und die Langstrecken-Space-Jet.

Sogar die Spezialistin, die den störrischen Halbraumspürer bedienen sollte.

Alles war bereit ... alles wartete ... und auch Grek-2113 war ungeduldig.

Tekener schüttete den Cognac in den schwarzen Kaffee, rührte geduldig um und bemerkte spitzfindig:

»USO-Mann zu sein ist kein Schicksal, sondern eine Kunst. Die Kunst des Wartens nämlich!«

»Wie wahr!«, sagte der Arkonide. »Ich habe mich in dieser Kunst geübt wie wohl kaum jemand außer mir.«

»Auch ich kenne Ihre Biographie«, sagte Tekener höflich. »Aber das alles bringt uns den beiden Teillösungen nicht weiter.«

Grek-2113 war ein normaler, hochtalentierter Maahk. Seine Haut war normalerweise blassgrau und ledern. Diese Haut nun sollte durch die biologisch lebende Folie verwandelt, beziehungsweise verändert werden. Zwar würde diese Konstruktion einer oberflächlichen Untersuchung jederzeit widerstehen können, nicht aber einem intensiven, längeren Kliniktest. Der Maahk wusste, welche Gefahr er damit einging, und er hatte sich freiwillig gemeldet, um der United Stars Organisation im Kampf gegen die Condos Vasac zu helfen. Als Grossart maskiert hatte er alle Chancen, die Koordinaten des Planeten zu erfahren.

»Wie lange müssen wir noch warten – schätzungsweise?«, fragte Weytchen.

Atlan schien die Uhr mit den Digital-Springziffern auf dem Tisch studieren zu wollen. Dann sagte er halblaut:

»Nicht länger als sieben Tage, meine Herren. Bis dahin wird auch der Grossart sein Geheimnis aufgedeckt haben. Er wird dem Ansturm von gebündelten Mutantenimpulsen nicht länger widerstehen können. Möchten Sie noch etwas Kaffee, Tekener?«

»Nein, danke«, sagte Ronald. »Kaffee regt mich immer auf.«

Lorb Weytchen lachte schrill und unangenehm. Er beschloss, nicht mehr aus seiner Rolle zu fallen. Kennon und Weytchen gleichzeitig – das bedeutete in Kürze ausbrechende Schizophrenie. Er entschied sich dafür, die Rolle seines Lebens weiterzuspielen: Die des hässlichen, unangenehmen und lauten Professors, dem Erfinder eines Gerätes, das niemals funktioniert hatte, obwohl sein Werbeaufwand ausgereicht hatte, eine halbe Galaxis davon zu begeistern.

Im selben Moment summte der Interkom, der rechts neben Atlan an einem schwenkbaren Arm angebracht war. Der Arkonide drückte die Taste, sah den Oberkörper von Decaree, seiner Vertrauten und Sekretärin, und sagte:

»Ja?«

»Die Wissenschaftler lassen dich bitten, zu ihnen hineinzusehen. Sie scheinen entweder ein größeres Problem zu haben oder es gelöst zu haben.«

Atlan nickte und erwiderte:

»Ich komme.«

Er verabschiedete sich von den beiden Männern und verließ den Raum. Mit einem guten Frühstück, dachte er sich, war der ganze Tag leichter zu ertragen, selbst wenn er nur Aufregung oder Rückschläge brachte.

Tekener und Kennon sahen sich an.

»Bereit, Partner?«, fragte der Mann mit dem Robotkörper.

»Ich freue mich schon auf Bourla Gohkomi – sie soll nicht nur den Halbraumspürer bedienen, sondern auch ältere Herren wie mich bezaubern können!«

Kennon gab keine Antwort.

Eines Tages werde ich auch so sein wie Tekener, dachte er, und er begann, sich auf diesen Augenblick zu freuen. Er lag noch in sehr weiter Ferne.

2.

 

»Möglicherweise sind wir erstklassige Wissenschaftler«, sagte Dr. Dr. Nasier Alcofribas leise und bedauernd, »aber gute Männer der Spionageabwehr werden wir nie.«

»Dafür werden wir auch nicht bezahlt!«, gab ein Kollege zu bedenken.

Sie befanden sich im Labor. Es war tiefe Nacht; nur noch wenige Wissenschaftler und Techniker bewegten sich in dem Gebiet, das nicht für die Maahks reserviert und mit den Lebensbedingungen dieser verblüffenden Wesen ausgerüstet war. Maschinen summten und tickten, und in einem Trog, den Körperformen eines Maahks nachgebildet, aber viel größer, wuchs die Folie unter kontrollierten Bedingungen. Es war eine fast gespenstische Szene, die sich hier unter den abgeblendeten Tiefstrahlern abspielte.

Eine grünschimmernde, schuppige Haut wuchs – man konnte sie fast beobachten. In einem Elektronenmikroskop hätte man sehen können, wie sich die Zellen teilten, wie sich die Chromosomen auseinanderteilten, sammelten und wieder vereinigten.

Schon tagelang ging es so.

Es würde noch Tage weitergehen.

»Sie haben Nachtschicht, Kollege Alcofribas?«

»So ist es, Doktor Avicenna!«, sagte der andere. »Sie auch?«

»Ja, Zigarette?«

»Danke – ich ziehe es vor, zwei Tage später zu sterben.«

Sie nickten sich mit akademischem Lächeln zu und blieben vor den Bildschirmen stehen, betrachteten den Plan und die Zeiteinteilung und beobachteten die schattenhaften Gestalten der Maahks, die hinter der massiven Glaswand arbeiteten. Lautsprecher, Mikrophone, Übersetzungsanlagen und Tabellen verbanden die beiden Bezirke; man konnte jederzeit mit den Angehörigen derselben Fakultät, aber des anderen Volkes in Verbindung treten, wenn man dies wünschte.

Sie waren alle angespannt und nervös ...

»Wir werden ein mittleres Wunder brauchen, Herr Kollege!«, sagte Nasier leise. »Unsere biologische Folie muss an den Kreislauf von Grek-2113 angeschlossen werden. Ich weiß nicht, ob die Maahk-Ärzte unser Instrumentarium richtig beherrschen.«

Alcofribas sog nervös an seiner Zigarette und ließ die Asche auf den Boden des Labors fallen. Er atmete scharf durch die Zähne ein.

»Erstens helfen ihnen die Aras, und zweitens können einige von uns in Schutzanzügen in den Operationssaal hineingehen. Wann soll die Operation sein?«

Alcofribas und Avicenna sahen sich an, dann antwortete Avicenna.

»Als Atlan heute morgen hier war, wurde sie auf den vierundzwanzigsten angesetzt. Ich nehme an, alles geht klar.«

»Ich hoffe es.«

Dieser große Nebenraum des Kliniksektors in Quinto-Center war in drei verschieden große Bezirke aufgeteilt. Der Kern bestand aus einer zylindrischen Röhre aus glasähnlichem Material, an der sowohl innen als auch außen zwei kleine Robots klebten. Sie bewegten sich auf Gummiwalzen und Saugnäpfen und sorgten unablässig dafür, dass sich kaum Staub oder Schmutz in dem ohnehin schon fast sterilen Bezirk absetzen konnten.

Der Rest des Raumes war in zwei Abteilungen getrennt. Eine davon war an den Luft- und Wärmekreislauf der Station angeschlossen. Die andere ließ sich so schalten, dass man dort die Lebensbedingungen anderer Planeten simulieren konnte. Im Augenblick war dieser Bezirk mit der Methan-Ammoniak-Atmosphäre angefüllt und mit der Lichtintensität einer Maahk-Sonne. Wie schmale, dünne Gespenster bewegten sich zwei Ara-Mediziner in den weißen Schutzanzügen in der Giftatmosphäre hin und her und sprachen mit Grek-2113, der auf einem Untersuchungssessel hockte und sich unsicher umblickte – mehr konnten die beiden Terraner nicht erkennen.

»Gehen wir an die Kontrolle!«, sagte Avicenna nach einigen Minuten des Schweigens.

»Einverstanden!«

Nebeneinander gingen sie auf eine der vielen Kontrolltafeln zu. Hier befand sich ein System aus Bildschirmen, Oszillographen, Skalen und Temperaturanzeigern. Pausenlos liefen Maschinen und pumpten die Nährflüssigkeit durch die Röhren, um sie mit einer bestimmten Temperatur und Dichte in den großen Tank zu leiten, in dem die Körperfolie lag.

»Kenndaten!«, brummte Alcofribas.

»Hier, bitte!«

Auf einem Computerschirm erschienen auf Knopfdruck die einzelnen Werte über Zusammensetzung, Temperatur und Strömungsgeschwindigkeit und zahlreiche andere Daten. Avicenna und Alcofribas verglichen die Sollwerte mit denen, die von den Instrumenten angezeigt wurden. Dann schalteten sie den großen Bildschirm dazu. Er lieferte ein getreues Abbild der Körperfolie.

»Sie sieht ziemlich gut aus«, sagte Avicenna leise.

Er bewegte den Steuerknopf für den Bildsucher, und eine schwere Linsenapparatur glitt langsam über den Tank und erfasste die Folie, die wie eine riesige Haut in der Flüssigkeit schwebte, durch Klammern und Magnetfelder gehalten.

Innen, dem Boden des Tanks zugewandt, befand sich die Innenfläche der Folie, gekennzeichnet durch die gewachsenen Bindegewebe, die bleich und weiß schimmerten. Dann, millimeterweise nach außen, verhornte die Schicht mehr und mehr und änderte ihre Farbe. Sie wurde grün und ging in die kennzeichnenden Schuppen über. Das alles war noch weich und biegsam und von der Nährflüssigkeit durchflossen. Die zwei Wissenschaftler sahen die vier Öffnungen der großen Blutgefäße, die an den Kreislauf des mutigen Maahk-Diplomaten angeschlossen werden mussten. Dies würde eine Operation erfordern, nach der einige Tage Ruhe und Erholung, Bestrahlungen und Verhaltenstraining folgten.

Deswegen konnte der Start nicht gleich erfolgen, sondern erst in rund einer Woche.

»Alle Werte normal!«, sagte Alcofribas nach einer Weile und löschte das Computerbild wieder.

»Das lässt uns hoffen, den Maahk, rechtzeitig und ohne eine Entdeckung befürchten zu müssen, einschleusen zu können.«

Avicenna vergrub seine Hände in den tiefen Taschen des hellgrünen Labormantels und fragte:

»Wissen Sie etwas von den Fortschritten des Mutantenkorps?«

»Nein. Soll ich fragen?«